Neukölln: Brandanschläge: Dritter Neonazi in Verdacht
Im Fall der Feuerattacken auf Neuköllner Häuser von Migranten steht ein weiterer 18-Jähriger unter Verdacht, die Anschläge vorbereitet zu haben. Zwei mutmaßliche Täter sind bereits gefasst. Er wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft und bleibt auf freiem Fuß.
Nach den Brandanschlägen auf Häuser einer bosnischen und einer türkischen Familie in Rudow wird gegen einen dritten Tatverdächtigen ermittelt. Neben den festgenommenen Markus P. (16) und Robert H. (18) war möglicherweise auch der 18-jährige, polizeibekannte Julian B. an der Vorbereitung der Taten beteiligt. Allerdings half er nicht bei der Ausführung, deshalb wurde der Mann zunächst nicht festgenommen. Wie gestern berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft den zwei Festgenommenen vor, im März und im April mehrere Molotow-Cocktails auf die Häuser der Rudower Familien geschleudert zu haben. Dabei war zum Teil hoher Schaden entstanden, jedoch niemand verletzt worden. Die zweite Tat war am 20. April erfolgt – dem Geburtstag von Adolf Hitler.
Der nun ebenfalls verdächtigte Julian B. wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft der beiden Tatorte. Das Trio soll die beiden Familien gezielt ausgewählt haben, hieß es. Wegen der vermutlich fremdenfeindlichen Motive der Tat hatte der Staatsschutz nach dem letzten Anschlag in beiden Fällen die Ermittlungen übernommen. Den Tatvorwurf „versuchter Mord“ begründete die Staatsanwaltschaft so: „Wer Brandsätze gegen ein Haus schleudert, in dem Menschen schlafen, nimmt ihren Tod zumindest in Kauf.“
Das Opfer des zweiten Anschlags, der türkische Geschäftsmann Bayram Yildirim, hatte schon direkt nach der Tat vermutet, dass es die Jugendlichen seien, die sich bei Julian B. häufig trafen. Diese seien in der Nachbarschaft als Rechtsextremisten bekannt. „Die trinken Bier, machen Radau, hören rassistische Musik und belästigen Anwohner“, sagte Yildirim. Anders als die beiden festgenommenen Verdächtigen ist Julian B. der Polizei wegen rechter Gewalttaten bekannt. Er soll an dem Überfall auf einen schwarzen Jugendlichen in Schönefeld im Jahr 2006 beteiligt gewesen sein. Der junge Äthiopier war damals schwer verletzt worden. Die beiden Anführer dieser Tat hatte das Landgericht später zu Gefängnisstrafen verurteilt. Beide sind als besonders aggressive Schläger bekannt.
Möglicherweise hat B. die Ausführung der Brandanschläge seinen Kumpanen überlassen, weil diese polizeilich noch nicht in Erscheinung getreten waren. Dies sei in der Szene nicht ungewöhnlich, hieß es bei der Antifa. Nach Angaben der Neuköllner Antifagruppe gehören die drei Tatverdächtigen zu einer Gruppe junger Rechtsextremisten, die unter dem Namen „Division Rudow“ agiert. Der Verfassungsschutz wollte gestern unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht sagen, ob diese Gruppe bekannt ist. Bekannt war bislang nur die seit 2005 bestehende „Aktionsgruppe Rudow“ mit etwa 20 bis 30 Mitgliedern.
Als Treffpunkt der braunen Schläger gilt der Platz vor dem U-Bahnhof Rudow, die „Rudower Spinne“. Dort hatte es in den vergangenen Jahren mehrere brutale Attacken auf Ausländer und Linke gegeben; mehrfach hatten dort auch Demonstrationen von Neonazis begonnen.
Im Fall einer rassistischen Attacke auf einen 15-jährigen Deutschen libanesischer Herkunft am Montagnachmittag wird jetzt mit Phantombildern nach den zwei etwa 16- bis 18-jährigen Tätern gesucht. Diese hatten den Schüler an der General-Pape-Straße in Tempelhof als „Scheiß Kanaken“ beleidigt und mit einem Messer verletzt. Die Phantombilder sind im Internet unter www.polizei.berlin.de zu sehen.