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Keiner der Pläne gegen die steigenden Mieten in Berlin hat bisher funktioniert.
© dpa

Steigende Mieten in Berlin: Politik scheitert an Lösungen für günstigen Wohnraum

Billige Wohnungen rechnen sich nicht – und die Förderung des Senats wirkt nicht. Warum die Politik bisher keine funktionierende Förderung für billigen Wohnraum gefunden hat. Eine Analyse.

Was darf Wohnen kosten? Gut fünf Euro Miete je Quadratmeter und Monat, mehr dürfen es nicht sein, fordern die Aktivisten vom jetzt gestarteten Mieter-Volksbegehren. Der Senat nennt 6,50 Euro als politisches Ziel für neu errichtete Wohnungen. Nur: Der Markt gibt das nicht her.

Wer in einem Altbau zu solchen Mieten sitzt, gibt ihn nie wieder her. Und Neubauten sind in Berlin im besten Fall ab neun Euro je Quadratmeter zu vermieten. Aber nicht mal zu diesem Preis gibt es Angebote in besten Lagen und schon gar nicht für die besten Wohnungen in einem Block: Die kosten zwölf Euro. Wer aber kann sich das schon leisten? Wenige – und deshalb steigt die Spannung am Wohnungsmarkt.

120 000 leistbare Wohnungen für Minijobber und Alleinerziehende

Ausdruck davon ist die trotzige Reaktion der unter Druck stehenden Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf den „Volksentscheid Berliner Mieten“: Auf „3,3 Milliarden Euro beziffert die Amtliche Kostenschätzung die Kosten für den Mietenvolksentscheid“ vermeldete das Haus von Bausenator Andreas Geisel (SPD). Die gewaltige Summe soll bange machen – sie macht aber vor allem deutlich: Die Schere zwischen den vielen neuen und teuer angebotenen Miet- und Eigentumswohnungen sowie dem dafür viel zu kleinem Budget der vielen zehntausend Wohnungssuchenden geht immer weiter auf. Stadtsoziologe Andrej Holm sagt: „Wohnungen für über zehn Euro gibt es genug, es fehlen aber 120 000 leistbare Wohnungen in der Stadt“. Vier Wände also für Minijobber, Alleinerziehende, Krankenschwestern, für das ganze große Heer von Geringverdienern in Berlin.

Wer wissen will, woran das liegt, ruft am besten beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) an. Ursprünglich hatte der mal nur Genossenschaften und landeseigenen Firmen vertreten, er hat heute aber auch die privaten, auf Gewinn getrimmten Unternehmen unter seinen Mitgliedern – und kennt daher alle Seiten des Marktes. „Vor zwei Jahren konnte man in Berlin noch Neubauten mit Mieteinnahmen von acht Euro je Quadratmeter finanzieren, heute geht es kaum für weniger als zehn Euro“, sagt Mario Hilgenfeld. Der „Bereichsleiter Wohnungswirtschaft“ erklärt das mit den steigenden Preisen: Allein die Kosten des Baulandes kletterten nach Erhebungen des neutralen „Gutachterausschusses für Grundstückswerte“ um bis zu 30 Prozent in diesem Jahr. Gestiegen seien auch die Baupreise: Wo früher zehn Firmen um einen Auftrag konkurrierten, sind es heute noch drei Generalunternehmer – und weil es Aufträge genug gibt, verlangen Firmen höhere Preise, 15 Prozent mehr sind es im Vergleich zum Vorjahr.

Der Staat muss richten, was der Markt nicht regeln kann

Wo der Markt außer Kontrolle gerät und nur noch Teile der Bevölkerung bedient, muss der Staat es richten. Der Senat versuchte es im vergangenen Jahr mit einem Fonds zur Förderung des Neubaus preiswerter Wohnungen: Kostenlose, zinslose Kredite in Höhe von 64 000 Euro je Wohnung bekam, wer die Mieten dafür auf 6,50 Euro je Quadratmeter und Monat begrenzte. Die privaten Firmen haben dieses Angebot verschmäht, die landeseigenen mussten einspringen.

Aber: weil die Baukosten so stark gestiegen sind, „müsste diese Förderung eigentlich verdreifacht werden, damit es sich auch für Private rechnet“, sagt BBU-Fachmann Hilgenfeld. Bausenator Geisel hatte zuletzt wiederholt erklärt, die ungeliebte Förderung umzugestalten. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach eine kombinierte Subventionierung: Die Baukosten sollen durch die Förderung gesenkt werden – und bedürftige Mieter sollen außerdem einen Mietzuschuss bekommen. Unter dem Strich könnte dann möglicherweise eine Restmiete von sechs Euro je Quadratmeter übrig bleiben. Noch gibt es dazu aber keine Beschlüsse.

Eine weitere Strategie zur Senkung der Baukosten sind landeseigene Grundstücke. Die zentrale Verkaufseinrichtung für nicht mehr genutzte Immobilien des Landes, der Liegenschaftsfonds, könnte Flächen in größerem Umfang an Firmen übertragen und deren Marktwert mit Verpflichtungen verrechnen, die darauf errichteten Wohnungen zu geringen Preisen zu vermieten.

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