Twitter-Star Christian Huber: "Pokerbeats" erobert Berlin
Dass man über Twitter berühmt werden kann, hätte Christian Huber nicht gedacht. Nun hat @Pokerbeats sein erstes Buch geschrieben.
"Twitter war der Türöffner für alles“, sagt Christian Huber, immer noch etwas ungläubig. Er sitzt in einem Café in Prenzlauer Berg und redet über sich. Auch das ist neu. Freier Autor für Jan Böhmermanns Neo Magazin Royale im ZDF, Sonntagskolumne beim Springer-Magazin Icon und nun sein erstes Buch – alles dank Twitter. Der 31-Jährige hat unter dem Namen @Pokerbeats mehr als 25 000 Follower bei dem Kurznachrichtendienst und ist damit einer der bekanntesten deutschen Twitterer, von Stars wie Mesut Özil oder Heidi Klum mal abgesehen.
Huber sitzt auf einem Hocker vor einem Stück Schokoladenkuchen und trinkt Tee. Dunkelbraune Locken, frisch rasiert, schwarzer Kapuzenpullover, graue Jeans. Wenn er spricht, hört man seine bayerische Herkunft leicht heraus. Sein Erfolg bei Twitter habe ihn anfangs selbst überrascht. Huber schreibt seit mehr als fünf Jahren auf, was ihm passiert. „Alltagsquatsch“, wie er selbst sagt. Meist sind es Situationen, die jeder schon einmal erlebt hat. Huber gelingt es mit seiner scharfen Beobachtungsgabe jedoch, diese mit maximal 140 Zeichen humorvoll aufzuschreiben. Einer seiner erfolgreichsten Tweets der vergangenen Wochen beschäftigte sich etwa mit Briefumschlägen: „Wie wäre es mit dem Geschmack von ranzigem Lehm? Perfekt! – Die Erfinder des Briefumschlag-Klebestreifens.“
Den Tweets zufolge, ist sein Leben ziemlich normal, fast schon spießig. „Ich führe ein Leben wie Hugh Hefner. Also … ohne die Frauen. Und ohne das Geld. Eigentlich trage ich nur oft einen Bademantel.“ Anstatt feiern zu gehen, schaut er sich Tiervideos bei YouTube an oder kuschelt mit der Nachbarskatze.
Vier Platin-Schallplatten
Dabei hat Christian Huber schon einiges erlebt. Heute bezeichnet er sich selbst als freier Autor, vor ein paar Jahren strebte er noch eine ganz andere Karriere an. In seinem Heimatort nahe Regensburg begann er vor etwa 15 Jahren, Musik zu machen. Am Computer produzierte er Hip-Hop-Beats und schickte sie an verschiedene Rapper. Wenn Huber über seine musikalischen Fähigkeiten redet, klingt das eher nach musikalischer Unfähigkeit – bis er die vier Platin-Schallplatten erwähnt, die in seiner Wohnung hängen. In Deutschland hat er mit Rappern wie Casper und KC Rebell zusammengearbeitet und auch in Australien, der Schweiz und der Slowakei waren Alben, zu denen er Beats beigetragen hat, erfolgreich.
Trotzdem hat Christian Huber mit dem Musikbusiness abgeschlossen. Gut leben konnte er davon nie und es war ihm zu anstrengend: Ständig gab es Stress mit Rappern, die ihre Rechnungen nicht zahlten. „Außerdem bin ich einfach nicht gut“, sagt er dann wieder, könne nicht mal richtig Noten lesen und „aus den vier Akkorden, die ich kann, habe ich alles herausgeholt“.
Nach Berlin gekommen ist Huber vor fünf Jahren vor allem wegen der Musik. Der Regensburger Radiosender, bei dem er damals arbeitete, habe ihm sogar einen unbefristeten Vertrag angeboten, doch er lehnte ab. „Wenn ich den Vertrag angenommen hätte, würde ich jetzt wahrscheinlich in einem Haus auf dem Land wohnen, verheiratet mit zwei Kindern, und das Buch hätte ich bestimmt nicht geschrieben“, sagt Huber. Er klingt zufrieden.
Auf sein Buch „Fruchtfliegendompteur“, das gerade erschienen ist, ist der 31-Jährige sichtlich stolz. „Auf Twitter haben mir schon mehr als 200 Leute geschrieben oder Fotos von meinem Buch geschickt“, sagt er, „es ist das Schönste für mich, wenn Menschen über meine Sachen lachen.“ Zwar hat das Buch, wie Huber selbst sagt, keine wirkliche Handlung, die kleinen Anekdoten animieren aber immer wieder zum Schmunzeln. Es ist der gleiche Humor wie auf Twitter, nur in Langform. „Es war sehr reizvoll, mal mehr Platz zu haben. Da kann man eine größere Fallhöhe für die Pointen aufbauen“, sagt Huber. Für sein Debüt habe er etwa neun Monate gebraucht, wobei es entstanden sei wie die Tweets. Huber erlebt etwas und schreibt es sofort auf. Berlin sei die perfekte Inspiration. „Hier passiert ständig etwas, da schreiben sich viele Geschichten fast von selbst.“ Auch wenn manche Episoden schon sehr verrückt klingen, versichert Huber, dass das meiste wirklich passiert ist. Er schmücke die Geschichten lediglich ein wenig aus oder füge mehrere Personen zu einer zusammen.
Zweites Buch schon in Arbeit
Geschrieben habe er schon immer gern, sagt Huber. Dabei hätte sich die Arbeit beim Radio und in einer Marketingagentur gar nicht so sehr vom Twittern unterschieden. „Es geht darum, schnell ein Bild zu vermitteln, und dafür zu sorgen, dass bei den Leuten das Kopfkino einsetzt.“ Mit seinem zweiten Buch hat Huber gerade begonnen und will es 2016 abschließen. Am Freitag ging es aber noch um „Fruchtfliegendompteur“. Huber hatte seine erste Lesung, in der Kneipe seines Onkels in Regensburg. Seine 25 000 Follower wollte er natürlich teilhaben lassen – mit einem Livestream über die Video-App Periscope. Gegen schlechten Internetempfang ist aber auch Twitter chancenlos.
Am 19. Januar, 20 Uhr, liest Christian Pokerbeats Huber im Monarch, Skalitzer Str. 134, Kreuzberg. Fruchtfliegendompteur: Geschichten aus dem Leben und andere Irritationen. Piper Verlag, München 2015. 288 Seiten, 9,99 Euro.
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