Berlin: Platz der Republik: Vom "Königsplatz" zu "König Fußball"
Was hat dieser Platz nicht alles gesehen? Exerzieren und Paradieren der Soldaten vor Friedrich dem Großen, Ballonfahrten mit Blanchard, Prozessionen und Leichenzüge von Königen und Königinnen, den Bau der Siegessäule 1865-1873 und auch ihren Abbau 1938-39, den Bau des Reichstagsgebäudes 1882-1894.
Was hat dieser Platz nicht alles gesehen? Exerzieren und Paradieren der Soldaten vor Friedrich dem Großen, Ballonfahrten mit Blanchard, Prozessionen und Leichenzüge von Königen und Königinnen, den Bau der Siegessäule 1865-1873 und auch ihren Abbau 1938-39, den Bau des Reichstagsgebäudes 1882-1894. Spektakulär auch die Reichstagsverhüllung durch Christo & Jeanne-Claude im Juni/Juli 1995. Kaum ein Ort in Berlin hat mehr Geschichte zu erzählen, als der Platz der Republik. Am 4. Februar 2001 jährt sich zum 75. Mal, dass sein Name geändert wurde. Je nach dem, wie man die Namensbenennungen zählt, hat der Platz dieses Verfahren vier oder fünf Mal durchlaufen.
"Der Reichsminister des Innern kam auf den Reichstagsbrand und die Bestrafung der Täter zu sprechen, und führte aus, dass es dringend geboten sei, van der Lubbe sofort zu hängen, und zwar auf dem Königsplatz." So das Protokoll der Kabinettssitzung von Hitler am 7. März 1933. Ein kleiner - "Schönheits"-Fehler: Noch hieß er "Platz der Republik" - erst am 25. März gelang es den Nazis, den Namen "Platz der Republik" zurück in "Königsplatz" zu benennen. Und dieser Name stand auch erst seit 1926.
Begonnen hatte alles um 1735; der Soldatenkönig baute seine Residenz aus, errichtete eine Mauer darum, die dazu dienen sollte, Soldaten vor dem Desertieren zu hindern und gleichzeitig Zölle effizienter zu erheben, die Akzisemauer. Vor den Toren entstanden Exerzierplätze, darunter auch der "Exerzierplatz vor dem Brandenburger Thor."
Im Dezember 1864, mit Preußens Aufstieg, das mit Hilfe Österreichs Dänemark geschlagen hatte, erhielten Platz und Straßen um ihn herum Namen, die an die Menschen dieses Krieges erinnern sollten: der Platz wurde zum "Königsplatz", es gab die Roonstraße, Hindersinstraße, Moltkestraße. 1871 kam das Generalstabsgebäude, 1873 die Siegessäule - der Königsplatz war der "kommende" Platz - nichts von der Behauptung, Bismarck und Wilhelm I. wollten den Reichstag an einen unbedeutenden Ort vor der Stadt errichten.
Es war aber vor allem der Name des Platzes selbst, der das Blut der Neo-Republikaner der Weimarer Republik in Wallung brachte. Bereits 1922 brachten die Linken einen Namensänderungsentwurf ins Stadtparlament, doch der Entwurf wurde abgelehnt. Anders 1925-26. Schon lange gab es eine Diskussion im ganzen Land über die Abfindung der Hohenzollern - die "Könige der Abfundien" - und am 4. Februar 1926 stimmte, nach einer stürmischen Debatte, das Stadtparlament für die Umbenennung in "Platz der Republik". Jetzt störten sich die Konservativen, die Königstreuen, und die Nationalsozialisten am neuen Namen. Es dauerte nicht lange bis zu dem Plan, bei nächster Gelegenheit den Platz umzubenennen. Dies geschah offiziell am 25. März 1933, doch, wenn man die Bekanntmachung im Amtsblatt liest, stellt man fest, dass die Rückbenennung in "Königsplatz" ein Aktenzeichen III V 1301/32 trägt - die Rückbenennung begann also 1932, vermutlich mit dem Preußenstreich vom Sommer jenes Jahres.
Am 31. März 1948 stimmte die Bezirksverordnetenversammlung von Tiergarten für die Rückbenennung in Platz der Republik - allerdings effektiv mit dem Datum 17. Juni. Der Platz der Republik wurde zum beliebten Platz für Redner wie Ernst Reuter, für die alljährlichen "Mit-Rias-in-die-Ferien"-Feiern; für Rockkonzerte, und für Fußballer.
Kurze Zeit nach der Wende gab es Stimmen, den Platz nach Willy Brandt zu benennen, doch das republiktreue Berlin entschied, dass Brandt einen anderen Ort bekommt - vor dem neuen Kanzleramt, das die Anschrift "Willy-Brandt-Straße 1" erhält. Am "Platz der Republik 1" steht das Reichstagsgebäude, und, wie man aus der Bundesverwaltung hört, soll das Fußballspielen auch bald wieder möglich sein. Vom Königsplatz zum "König Fußball".
Michael S. Cullen
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