Kampf ums Wohnen in Berlin: Plattenbauten am Stadtrand werden zum Spekulationsobjekt
Der Senat verhandelt über den Ankauf von 400 Wohnungen am südöstlichen Stadtrand. Doch der Eigentümer ist gierig.
Das Rauskaufen von Mietern aus dem heiß gelaufenen Immobilienmarkt gehört zum Programm von Rot-Rot-Grün. 2017 wurden insgesamt 1772 Wohnungen von den städtischen Wohnungsbauunternehmen angekauft, nach einer internen Bilanz des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU). Das größte Einzelgeschäft waren die Blöcke am Kottbusser Tor mit knapp 300 Wohnungen. Sie gingen an die Gewobag.
Seit Januar verhandelt der Senat nun über ein weiteres Großprojekt. Es geht um Plattenbauten am südöstlichen Stadtrand von Berlin, insgesamt 400 von 1500 Wohnungen, die einem Unternehmer aus München gehören. Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) reagierte damit auf Proteste von Mietern gegen die energetische Sanierung der Blöcke aus den 80er Jahren. Die Kaltmieten sollen nach Angaben der Mieter um 80 bis 120 Euro steigen. Das klingt moderat, doch das Mietniveau der bislang unsanierten Wohnungen ist gering. Viele Bewohner zahlen zwischen 300 und 400 Euro kalt.
Ein gieriger Eigentümer
„Die Gespräche sind schwierig, denn der Eigentümer ist gierig“, sagte Wohnungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) dem Tagesspiegel. Der Eigentümer äußerte sich bislang nicht. Selbst am Stadtrand ist Wohnraum zum Spekulationsobjekt geworden. Die Blöcke gehören zum sogenannten Kosmosviertel im Ortsteil Altglienicke. Vor dem Immobilienboom standen dort viele Wohnungen leer, dann zogen Hartz-IV-Empfänger und Familien mit geringen Einkommen ein, oftmals aus der Innenstadt verdrängt. Die ersten Wohnblöcke sind bereits saniert. Nach der entsprechenden Mieterhöhung begann der Protest. Das Bezirksamt richtete eine kostenlose Mieterberatung ein, seit Jahren gibt es außerdem ein Quartiersmanagement. Die Bezirksverordneten haben das Bezirksamt aufgefordert, eine Umstrukturierungssatzung zu prüfen. Diese Satzung ist die kleine Schwester des Milieuschutzes, wurde in Berlin aber bislang kaum angewandt.
Die meisten Wohnungsankäufe gibt es in den Außenbezirken
Ein Ankauf der Wohnungen wäre für die Mieter der deutlich nachhaltigere Schutz. Nachdem die Übernahme von rund 4600 Bundeswohnungen nach jahrelangen Verhandlungen 2017 endgültig gescheitert war, betätigt sich der Senat vermehrt als Akteur auf dem freien Wohnungsmarkt. Für 420 über das Vorkaufsrecht erworbene Wohnungen gab das Land im vergangenen Jahr 78 Millionen Euro aus, jede Wohnung kostete im Schnitt also 185.000 Euro. CDU und FDP halten die Ausübung des Vorkaufsrechts in den Altbaukiezen von Kreuzberg oder Pankow für problematisch, da keine neuen Wohnungen entstehen, der Senat aber trotzdem viel Geld ausgeben muss. Eingekauft wird in der Regel zum Marktwert. Günstiger sind auf jeden Fall unsanierte Plattenbauten am Stadtrand. Die meisten Wohnungsankäufe gibt es laut BBU inzwischen in den Außenbezirken.