Untersuchungsausschuss: Piraten sollen BER-Debakel aufklären
Die Piratenpartei wird den Untersuchungsausschuss zum BER-Debakel leiten. Im Streit um die Flugrouten gibt es derweil erneut Redebedarf.
Die Leitung des Untersuchungsausschusses zum BER-Flughafendebakel soll ein Abgeordneter der Berliner Piratenpartei übernehmen. Das sagte eine Sprecherin der Abgeordnetenhauses dem Tagesspiegel mit Bezug auf das übliche Verteilungsverfahren bei Ausschussleitungen. Es wäre der zweite Ausschuss, den die Piraten führen. Die Opposition will den Ausschuss im Spätsommer beantragen.
Martin Delius, parlamentarischer Geschäftsführer der Piratenfraktion, sagte dem Tagesspiegel, er wolle neben der Risikoabschätzung und der Kostenentwicklung auch untersuchen, ob der von Klaus Wowereit (SPD) geführte Flughafen-Aufsichtsrat aus „politischem Kalkül“ zu spät auf Airport-Probleme reagiert habe. Neben Delius hat auch der Piratenabgeordnete Oliver Höfinghoff Interesse an der Ausschussleitung. Die Fraktion will kommende Woche entscheiden, wem sie das prestigeträchtige Amt gibt. Dass die Piraten erst seit kurzem im Parlament sind und weder mit der Flughafenplanung noch mit der Leitung von Ausschüssen Erfahrung haben, sieht Delius nicht als Nachteil. „Das ist für alle Parlamentarier eine enorm komplexe Materie“, sagt er. Aber mithilfe von externen Fachleuten, Gutachtern und Juristen ist er zuversichtlich, sich in die Materie einarbeiten zu können: „Wir haben den unabhängigsten Blick auf das Ganze, weil wir mit dem Thema nicht verbandelt sind.“
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Daneben bekommt auch die Debatte um die Flugrouten neuen Zündstoff. Seit Beginn der Planungen – das haben viele Anwohner geahnt – war bekannt, dass der Flugbetrieb nur mit abknickenden Routen funktionieren würde. Das geht aus einem Protokoll der Projektplanungsgesellschaft Schönefeld von 1998 hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Demnach hatte die Deutsche Flugsicherung (DFS) die Flughafengesellschaft und das Verkehrsministerium schon damals darüber informiert, dass der Betrieb mit geraden Abflügen nicht funktionieren würde. Laut dem Dokument ging damals auch ein Brief an das Bundesverkehrsministerium mit der Bitte „im Sinne der Projektplanungsgesellschaft Einfluss auf die DFS zu nehmen“. Offiziell wurde anschließend jahrelang von geraden Routen gesprochen. Die Anwohner erfuhren erst 2010 von den abknickenden Routen. Seither haben die Proteste gegen den Flughafen massiven Zulauf erhalten.
Auf das Protokoll stieß die Kleinmachnower Bürgerinitiative, die sich vor dem Oberverwaltungsgericht Akteneinsicht in den Schriftverkehr zwischen Flughafengesellschaft, Flugsicherung und Ministerium erstritten hatte. Mit dem Papier lasse sich nachweisen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig zustande gekommen ist, sagte Matthias Schubert, Sprecher der Kleinmachnower Initiative. Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf galten demnach als nicht betroffen und wurden deshalb auch nicht am Planfeststellungsverfahren beteiligt. Vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig klagen die Gemeinde Kleinmachnow, eine Wohnungsbaugesellschaft und Anwohner gegen den Flughafenbau. Das Protokoll wollen sie bei der Verhandlung am 3. und 4. Juli als Beweis einbringen.
Die Flughafengesellschaft reagierte gelassen. Die Routen seien von der DFS festgelegt worden und somit nicht in der Verantwortung der Flughafengesellschaft. Der Planfeststellungsbeschluss sei ein davon getrenntes Verfahren, dem Urteil des BVG sehe er deshalb entspannt entgegen, sagte ein Sprecher. Kristina Kelek von der DFS erklärte, ihre Behörde habe das Landesverkehrsministerium bereits 1998 darauf hingewiesen, dass ein unabhängiger Parallelbetrieb nur mit den abknickenden Routen möglich sei. Mit der Flughafengesellschaft selbst sei man damals nicht in direktem Kontakt gewesen. Das Ministerium selbst wollte noch keine Stellungnahme abgeben.
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