Falsch deklariertes Fleisch: Pferd am Spieß
Jetzt gerät auch der Döner unter Manipulationsverdacht – und Brandenburger Dosengulasch.
Das wird viele Berliner erschrecken: Auch in Dönern ist jetzt Pferdefleisch gefunden worden. 20 Proben aus Berliner und Leipziger Dönerbuden waren vom Berliner Institut für Produktqualität untersucht worden. Ergebnis: In einem Leipziger Döner wurde Pferdefleisch gefunden, in drei weiteren bis zu sieben Prozent Schweinefleisch, das Muslime nicht essen. Die Berliner Proben waren insoweit sauber. Aber: „Man muss sicherlich damit rechnen, dass der Skandal weitere Kreise zieht“, sagte die Sprecherin der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz, Claudia Engfeld, dem Tagesspiegel am Sonntag. Der Fernsehsender RTL hatte für sein Magazin „Extra“, das an diesem Montagabend ausgestrahlt wird, die Proben untersuchen lassen.
Auch in Brandenburg gab es schlechte Neuigkeiten. Das Land ist noch weitaus stärker vom europaweiten Pferdefleischskandal betroffen als bislang bekannt, diesmal trifft es erstmals sogar einen Hersteller. Nachdem in der vergangenen Woche in drei Lagerhäusern mehr als 28 000 Tiefkühlpackungen mit Lasagne sichergestellt wurden, wurde nun auch bei einem Konservenhersteller im nordbrandenburgischen Neuruppin Pferdefleisch nachgewiesen. Betroffen ist Rindergulasch in Dosen. Allerdings soll die Ware nicht in Berlin und Brandenburg in den Handel gekommen sein, sondern ausschließlich in Nordrhein-Westfalen, wie das brandenburgische Verbraucherschutzministerium mitteilte.
Zudem ist das Verbraucherschutzministerium in Potsdam darüber informiert worden, dass vermutlich zwei weitere Warenlager mit nicht deklariertem Pferdefleisch beliefert wurden. Damit wären insgesamt fünf Warenlager in Brandenburg betroffen. Es gebe aber keine Hinweise, dass diese Ware in den Handel gelangt sei. Ergebnisse des Landeslabors sollen am Donnerstag vorliegen.
In Berlin wurden die Bezirke am vergangenen Mittwoch angewiesen, jeweils zwei Proben von Fleischprodukten zu nehmen und diese im Landeslabor untersuchen zu lassen, sagte Engfeld. Dafür hätten sie bis zum 20. Februar Zeit. An diesem Montagmorgen treffe Verbraucherschutzsenator Thomas Heilmann (CDU) mit Lebensmittelkontrolleuren der Bezirke zusammen; es sei aber unklar, ob dann schon erste Ergebnisse mitgeteilt werden könnten.
Döner zählen zu den beliebtesten Schnellmahlzeiten, sie werden normalerweise mit Rind- oder Lammfleisch oder auch Puten- und Hühnerfleisch gemacht. Wer im Internet die Seiten von Dönerfabriken aufruft, kann auf den Zutatenlisten der einzelnen Produkte große Qualitätsunterschiede erkennen – manche enthalten sehr viele umstrittene Zusatzstoffe, andere fast gar keine.
Insgesamt wurden möglicherweise mehr als 100 Tonnen mit Pferdefleisch verunreinigte Produkte nach Deutschland geliefert. Betroffen ist außer den Handelsketten Rewe, Metro und Edeka der Lebensmitteldiscounter Aldi mit seinen etwa 3300 Filialen hierzulande.
Der Konservenhersteller Dreistern, der 1934 in Potsdam gegründet wurde, sich 1947 wegen Enteignung in Spandau neugründete und 1994 nach Neuruppin umzog und dort 200 Mitarbeiter beschäftigt, hatte allein für das Konservengulasch sechs verschiedene Lieferanten, vier in Deutschland, einen in Belgien und einen in den Niederlanden.
In einer Produktionscharge wurden nach den ersten Meldungen über Pferdefleischfunde in Lasagne und daraufhin verschärften Kontrollen Spuren von Pferde-DNA gefunden. Der Hersteller ordnete sofort den Rückruf aller Chargen an und stoppte die Produktion, bis die Herkunft der Spur geklärt ist. Die nachgewiesenen Spuren von Pferde-DNA könnten „im Rahmen der Fleischverarbeitung bereits durch die Nutzung gemeinsamer Schlachthäuser oder Transportbehälter entstanden sein“, hieß es.
Angesichts des Skandals sprachen sich Verbraucherschützer dafür aus, dass die Lieferwege solcher Produkte künftig im Internet zu verfolgen sind. Am heutigen Montag wollen Bund und Länder über Konsequenzen beraten. Ein Aktionsplan von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sieht vor, dass bei Fleischgerichten die Herkunft der Zutaten aufgeführt wird. Brandenburgs Verbraucherministerin Anita Tack (Linke) verlangt mehr Eigenkontrollen der Hersteller.
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