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Protest gegen Körperwelten-Ausstellung
© Jens Kalaene (dpa)

Körperwelten: Pfarrer protestieren gegen Leichenschau

Berechtigter Protest oder unfreiwillige Reklame? Pfarrer demonstrierten am Sonntag gegen die Leichenschau "Körperwelten" von Gunther von Hagens. Der Plastinator nutzte die Aktion, um ein neues gruseliges Präparat vorzustellen.

Der Streit um die Totenruhe wurde am gestrigen Sonntag äußerst lebhaft geführt: Zunächst von etwa zwanzig Pfarrern aus Berlin und Brandenburg. Sie zogen zur Verwunderung vieler Reisenden vor dem Ostbahnhof ihre Talare über und beteten. Dann schritten sie, flankiert von zwei Bestattungsfahrzeugen, hinüber zur Körperwelten-Ausstellung von Leichenplastinator Gunther von Hagens im Postbahnhof: „Diese Show hier setzt den Wert und die Würde von Menschen, auch von toten Menschen, herunter“, sagte Michaek Kösling, Pfarrer der Sophienkirche in Mitte. „Das wollen wir nicht schweigend hinnehmen.“

Die Pfarrer verteilten Handzettel mit der Aufforderung „Gebt Toten Ruhe“, obwohl es im Vorfeld viele warnende Stimmen in der Kirche gegeben hatte. „So ein medienwirksamer Protest im Talar ist doch genau das, was von Hagens will“, begründete ein daheim gebliebener Kirchenmann seine Skepsis. Er sollte Recht behalten: Vor der Ausstellung wurden die Pfarrer vom Plastinator und von mehreren Dutzend seiner Anhänger empfangen. Auf ihren T-Shirts stand: „Ich bin Körperspender“, auf ihren Schildern: „Keine Macht den Maden.“ Sie skandierten ähnlich gelagerte Parolen, doch die Pfarrer ließen sich auf keine Diskussion ein und verließen das Gelände schnell wieder.

Der Mann im schwarzen Hut wäre aber nicht Gunther von Hagens, wenn er sich eine solche Publicity-Chance hätte entgehen lassen: Flugs lud er Kameraleute, Journalisten und Anhänger zur Enthüllung des „weltersten beweglichen Plastinats“ ein. Der ehemalige Mensch wackelte denn auch mittels Stromstoß gehorsam mit dem Kopf, die Körperspender applaudierten und einer juchzte: „Dett is lustich. Dett soll er mit meiner Leiche och machen.“

Von Hagens kam auch keineswegs in Verlegenheit, als er gefragt wurde, was das bewegliche Plastinat für neue Erkenntnisse bringen soll: „In spätestens 200 Jahren wird man das Bewusstsein eines Menschen, seinen Geist und seine Seele, elektronisch aufbewahren können“, erklärte er. Dann brauche man Plastinate, die sich bewegen können, „um dem Geist einen Körper zurückzugeben.“ Gottlos ist das seiner Ansicht nach nicht. Wohl eher göttlich.

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