Flüchtlingsheim in Berlin-Lichtenberg: PeWoBe-Helfer: "Mir jucken tagelang die Beine"
Nach dem E-Mail-Skandal kritisiert ein Helfer die Wohnbedingungen in der PeWoBe-Flüchtlingsunterkunft in der Bornitzstraße. Freiwillige seien "auf unverschämte Weise" abgeschmettert worden.
Nach den von "Bild" und "BZ" veröffentlichten E-Mails von PeWoBe-Mitarbeitern, in denen diese unter anderem über die Anschaffung einer Kinderguillotine für die PeWoBe-Flüchtlingsunterkunft in der Lichtenberger Bornitzstraße fabulieren, kritisiert nun ein Ehrenamtlicher massiv die Wohnbedingungen vor Ort. „Ich bin total schockiert, das hat mich richtig umgeworfen“, sagt Marc Schütt mit Blick auf den E-Mail-Skandal.
Der Lichtenberger kümmert sich seit einem Jahr ehrenamtlich um einen 16-jährigen Syrer, der mit seinem Onkel in der Bornitzstraße 102 wohnt. Schütt wusste nichts von dem dubiosen E-Mail-Verkehr zwischen den PeWoBe-Mitarbeitern – dass „etwas passieren muss“, beobachtet er aber schon seit Längerem: „Es sind nur zwei Sozialarbeiterinnen vor Ort, von denen eine zu September gekündigt hat“, sagt der 42-Jährige. Diese sei „mit den Nerven am Ende“, aber sofort bereit, wieder in der Unterkunft anzufangen – sobald der Betreiber gewechselt habe.
Afghanische Flüchtlingskinder geben Deutschkurse
Freiwillige, die sich engagieren wollten, seien von der Verwaltung „auf unverschämte Weise“ abgeschmettert worden. In der Spitze 25 Ehrenamtliche hätten die etwa 500 Bewohner nun in den vergangenen Monaten unterstützt. Es gebe zwar einen Betreuer für die Kinder, der aber nach Angaben von Schütt „cholerisch“ sei. Zwei 14-jährige afghanische Jungen würden nun in Eigenregie Deutschkurse für ihre Mitbewohner anbieten – im Hof, weil keine Räumlichkeiten zur Verfügung stünden.
Schütt selbst treffe sich mit seinem Schützling nicht mehr in der Unterkunft: „Die hygienischen Verhältnisse sind auf dem allerletzten Stand.“ Essensreste würden im Flur gelagert, es gebe Ungeziefer. „Immer, wenn ich in der Unterkunft war, jucken mir tagelang die Beine“, sagt Schütt. Ein Teil der Sanitäranlagen sei momentan nicht betretbar. Kündige sich eine Kontrolle durch Behörden an, würden die Bewohner zum Putzdienst abkommandiert. Vor zwei Wochen sei eine neue Heimleitung eingesetzt worden, auch die Security werde nun von einer anderen Firma gestellt. PeWoBe äußerte sich auf Anfrage am Sonnabend nicht zu den Vorwürfen.
Pop fordert fristlose Kündigung der PeWoBe-Verträge
Angesichts der neuen Enthüllungen werden die Rufe nach Konsequenzen für PeWoBe lauter. Es müsse geprüft werden, ob die am Samstag bekanntgewordenen Mails einen Straftatbestand erfüllen, forderte Ramona Pop, die Fraktionschefin und Spitzenkandidatin der Grünen. "Außerdem erwarte ich, dass das Land alle Verträge mit der Pewobe fristlos kündigt", sagte Pop dem Tagesspiegel am Sonntag.