Verkehrslenkung: Personalmangel führt zu Baustellen-Chaos in Berlin
Viele Bauaufträge werden nicht ausgeführt, weil in der Verkehrsbehörde Personal fehlt. Umleitungen kommen nicht zustande, Firmen entlassen schon Mitarbeiter. Jetzt gibt es massiven Protest.
Wasserrohre werden nicht erneuert, Fernwärmeleitungen nicht repariert. Breitbandkabel für ein schnelles Internet werden nicht gelegt, Baustellen der BVG, die den Verkehr behindern, nicht abgebaut, auch wenn die Arbeiten beendet sind. Und ein fertiger Aufzug zu einem U-Bahnhof wird monatelang nicht in Betrieb genommen: Das sind die Folgen des Personalengpasses, den es in der Verkehrslenkung Berlin (VLB) gibt, die unter anderem an Baustellen die Verkehrsregelungen genehmigen muss. Aufträge im Volumen von 45,3 Millionen Euro könnten derzeit nicht abgearbeitet werden, klagten jetzt die sogenannten Leitungsbetriebe der Stadt in einem Offenen Brief an Verkehrssenator Michael Müller (SPD), der für die VLB zuständig ist.
Zu den Klägern gehören unter anderem die BVG, Berliner Wasserbetriebe, die Telekom oder Vattenfall. Die Standardantwort der Verkehrslenkung auf eine beantragte Antwort lautet in der Regel: „Ihren Antrag habe ich registriert. Wegen der großen Zahl von Anträgen kann derzeit keine Bearbeitungszeit angegeben werden. Von telefonischen Nachfragen bitte ich abzusehen.“
Notstand bei der Baustellengenehmigung
Deshalb sprechen die Fachgemeinschaft Bau und der Bauindustrieverband von einem „Notstand“ bei der Baustellengenehmigung. Der Stau im Amt habe bereits zu Entlassungen geführt. Im Vertrauen auf eine kontinuierliche Auftragsvergabe habe er Mitarbeiter eingestellt und Maschinen angeschafft, sagte Rüdiger Rausch, Geschäftsführer einer Straßen- und Tiefbaufirma. Weil er zum Teil mehr als ein Jahr nach einem erhaltenen Auftrag auf eine Genehmigung der VLB warten müsse, habe er sich wieder von vier seiner 80 Mitarbeitern trennen müssen; weitere 10 bis 15 Kündigungen könnten folgen. Die neuen Maschinen stünden ungenutzt auf dem Hof.
Selbst gemeinsam mit der VLB entwickelte Konzepte würden nicht umgesetzt, weil es unterschiedliche Zuständigkeiten gebe, klagte Torsten v. Grumbkow, Geschäftsführer einer Tief- und Straßenbaufirma im brandenburgischen Mühlenbeck. Am Attilaplatz in Tempelhof habe man planerisch Wochenendarbeiten von sechs auf drei Termine verkürzen können, die Genehmigung für den Auftrag im Wert von rund 500 000 Euro sei dann aber nicht gekommen. „Auch der Stillstand kostet Geld, das dann wieder woanders fehlt“, sagte Grumbkow weiter.
Sparrunden und hoher Krankenstand sind Schuld am Engpass
Die Leitungsbetriebe verweisen darauf, das sogar Aufträge aus dem Jahr 2012 bis heute nicht genehmigt worden seien. Die Investitions- und Instandsetzungsziele für dieses Jahr seien damit nicht mehr erreichbar. Die Betriebe und die Verbände fordern mehr Personal für die VBL und einfachere Genehmigungsabläufe. Das Abgeordnetenhaus müsse diese zusätzlichen Stellen finanzieren.
Staatssekretär Christian Gaebler bestätigte, dass die VLB unterbesetzt sei – bedingt durch Sparrunden der Vergangenheit, aber auch durch hohen Krankenstand. Von 14 Mitarbeitern dieses Bereichs arbeiteten zur Zeit fünf. Bis Mitte des nächsten Jahres solle es aber acht zusätzliche Stellen geben, was durch Umschichtungen im Haus möglich gemacht worden sei. Auch zwei Dauerkranke könnten nun ersetzt werden. Zudem solle die Arbeit umorganisiert werden, was derzeit erprobt werde. Mit den Leitungsbetrieben und den Bezirken wolle man einen Terminplan fürs Abarbeiten der Anträge erstellen. Vor wenigen Tagen hatten sich auch Bezirke über die schleppende Arbeit der VLB beklagt, die die Reparatur maroder Straßen verhindere.