Prenzlauer Berg: Pappelallee wird entpappelt
Die Pappelallee in Prenzlauer Berg wird im kommenden Jahr saniert. Auch die Bäume, die der Straße einmal ihren Namen gegeben haben, sollen dann weichen. Stefan Jacobs über Straßennamen und gebrochene Versprechen.
Die Pappelallee in Prenzlauer Berg wird entpappelt. Nächstes Jahr steht eine Sanierung an, bei der die Bäume fällig sind. Pappeln sind botanische Hooligans: Aggressiv, unberechenbar und schon mit Mitte 30 völlig fertig. An der Pappelallee brechen sie die Gehwege auf und bedrohen Passanten mit plötzlichem Astbruch. Ein Fall für die Kettensäge also. Aber andererseits sind Pappeln auch Bäume, und Berliner sind Berliner und entwickeln als solche bekanntlich ebenfalls Hooliganpotenzial, um ihre vertrauten Gehölze zu verteidigen.
Der sturmerprobte Pankower Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) hat schon einen Schwung Informationen ins Internet stellen und Bürgerveranstaltungen abhalten lassen, damit ihm nach den Freunden der Kastanienallee mit ihrem „K 21“-Brimborium nicht auch noch „P 21“ droht. Am 19. Oktober (um 11 und 13 Uhr) soll es zwei öffentliche Begehungen und ab Ende Oktober online ein Voting für die künftigen Baumarten geben. „Wir sind Verwaltung, aber nicht blöd“, fasst Kirchner sein dienstliches Motto zusammen. Wer ihm das nicht glaubt, den konfrontiert er mit der Geschichte: Die Pappelallee sei schon zu DDR-Zeiten pappelfrei gewesen; das Trio infernale aus Weltkrieg, Sozialismus und Stadtgas (in lecken Rohren) habe den Bäumen den Garaus gemacht. Der Name der Pappelallee stamme aus einer Zeit, als sie ein Feldweg war und ein Geländewagen in der Gegend noch Sinn gehabt hätte.
Dass Straßen nicht halten, was draufsteht, ist ohnehin die Regel, wie eine gedankliche Stadtrundfahrt beweist. In der Nußbaumallee in Westend können sich die Anwohner im Herbst am leuchtenden Rot der Ahornblätter erfreuen – und dürfen nicht versäumen, das mottenkontaminierte Laub der Kastanien zu beseitigen. In der Hubertusallee lässt höchstens noch der amtlich bewaffnete Stadtjäger die Büchse knallen, wenn die Schwarzkittel aus dem nahen Grunewald allzu arg in den teuren Gärten wüten. Ähnliches ist über den gesamten Ortsteil Waidmannslust zu sagen.
Der Blick am Bahnhof Bellevue ist nur mäßig belle, auf der Kurfürstenstraße verpflichtet kein Adel mehr zu irgendwas, in Buckow gibt es in der Handwerkersiedlung neben dem Maurer- auch einen Hasenhegerweg, was arg nach erschlichener Förderung vom Jobcenter klingt. Und in Bohnsdorf neigt im Winter sogar die Bruno-Taut-Straße zum Überfrieren.
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