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Auf zu neuen Ufern. Das Spielschiff auf dem Helmholtzplatz ist marode. Für einen Ersatz sammelt der Bezirk jetzt Geld.
©  Lars von Törne

Kein Geld für den Spielplatz: Pankow muss betteln

Weil zu wenig Geld in der Bezirkskasse ist, sammelt Pankow für die Sanierung eines Spielplatzes jetzt Spenden. Die Idee trifft nicht nur auf Zustimmung, sondern provoziert auch kontroverse Reaktionen.

„Schiffbruch“ steht auf den blauen Plakaten, die auf dem Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg neben dem Spielplatz hängen. Abgebildet ist ein in zwei Teile zerrissenes Foto der Attraktion des Spielplatzes, des hölzernen Piratenschiffs. Seit bald 20 Jahren steht es hier, fast immer sieht man Kinder darauf klettern und spielen. Damit ist in Kürze Schluss: Noch diesen Monat will der Bezirk das marode Schiff abreißen. Für einen Ersatz, so liest man, reiche das Geld nicht. Daher werden die Bürger um Spenden gebeten, um ein neues Schiff oder Vergleichbares aufstellen zu können. 5000 Euro werden benötigt, mindestens. Der Aufruf endet mit der Kontonummer des Bezirksamtes.

Pankow geht betteln: So weit ist es jetzt schon gekommen mit den chronisch klammen Bezirken. Auch an der Marienburger Straße gut einen Kilometer südlich hängen Plakate, die um Spenden für den dortigen Spielplatz werben – in dem Fall für eine hölzerne Kletterburg.

Kontroverse Reaktionen

Die Pankower Idee provoziert in anderen Bezirken und bei der Landespolitik kontroverse Reaktionen. Einerseits sei es sinnvoll, wenn der Staat bürgerschaftliches Engagement einbezieht, sagt der haushaltspolitische Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus, Christian Goiny. So findet er es gut, wenn sich Eltern in Fördervereinen für Schulen einsetzen. Auch Patenschaften wie für mehr Pflanzen und Bänke in den Bezirken seien zu begrüßen. Andererseits müssten staatliche Kernaufgaben auch vom Staat bezahlt werden: „Wir können nicht prinzipiell darauf setzen, Spielplätze durch freiwilliges Engagement zu sichern.“

Steffen Zillich, der für die Linkspartei im Abgeordnetenhaus sitzt, befürchtet, dass so ein Vorgehen die sozialen Unterschiede verstärkt: Während in Prenzlauer Berg viele Menschen lebten, für die eine Spende kein Problem sei, hätte ein vergleichbarer Aufruf in Neukölln kaum Chancen, vermutet er. „Der Zustand der Spielplätze darf nicht von der Zahlungsfähigkeit der Anwohner abhängen.“ Der Grünen-Haushaltspolitiker Jochen Esser schätzt, dass berlinweit rund 200 Millionen Euro fehlen, um alle nötigen Reparaturen der bezirklichen Infrastruktur zu leisten. Daher sei es zu begrüßen, wenn sich Bürger engagieren. So wie bei vielen Brunnen, in denen im Sommer nur dank der Sponsoren das Wasser sprudelt.

Zu wenige Geld in den Bezirken

Die klammen Bezirke stecken in einem Dilemma, sagt Rainer Hölmer, Baustadtrat in Treptow-Köpenick. Einerseits gehöre die Instandhaltung der Infrastruktur zu ihren klassischen Aufgaben – andererseits habe man einfach nicht genug Geld. Sein Bezirk setzt allerdings bislang nicht aufs offensive Spendensammeln wie Pankow, sondern baut marode Spielgeräte ab, ohne Ersatz zu beschaffen. Andere Bezirke sperren Spielplätze, deren Geräte verfallen sind, gleich komplett.

Diese Gefahr drohe in Pankow nicht, sagt Stadtentwicklungsstadtrat Jens-Holger Kirchner (Bündnis 90/Die Grünen). Bei den beiden Spielplätzen gehe es darum, die Bürger um eine Zuzahlung zu bitten, um Anlagen von ähnlich hoher Qualität wie bisher kaufen zu können. Für schlichte Geräte hätte der Bezirk schon noch das Geld. „Aber wir dachten, wir könnten es mal versuchen, das durch Spenden zu ergänzen.“ Je mehr Spenden eingehen, „desto größer, schöner und haltbarer“ werden die neuen Anlagen. Bis zu 30 000 Euro koste ein Gerät, das mit den bisherigen vergleichbar sei.

Die Aktion sei gut angelaufen, rund 900 Euro Spenden seien an der Marienburger Straße schon eingegangen. Ähnliche Erfahrungen habe man auch mit Spendenaufrufen für mehr Bäume gemacht, erzählt Kirchner. Bis zu 20 000 Euro spendeten die Pankower jedes Jahr – genug für bis zu 20 neue Bäume.

Ist die Spendenbüchse also ein bezirkliches Finanzierungsmodell der Zukunft? „Ich würde mir wünschen, dass es nicht nötig wäre“, sagt Kirchner. „Aber wir wissen uns nicht anders zu helfen.“ So habe man sich eben entschlossen, pragmatisch zu handeln: „Wir wollen nicht einfach nur jammern, sondern konstruktiv mit der Not umgehen.“

Andere Bezirke verfolgen das mit Neugier: „Die Kollegen in Pankow sind kreativ“, lobt die Stadträtin für Facility Management in Mitte, Sabine Smentek. „Wenn das etwas nützt, ist es wunderbar.“

Lars von Törne

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