Berliner Wirtschaft: Paketbote: Ein harter Job, nicht nur zur Weihnachtszeit
Joachim Grunwald ist Paketkurier - und das schon seit 22 Jahren. Seinen Job macht er gerne, aber gerade vor den Feiertagen wird es ziemlich stressig.
„Ich bin kein Mensch, ich bin kein Tier – nein, ich bin Paketkurier“, witzelte ZDF-Satiriker Jan Böhmermann jüngst im „Neo Magazin Royale“ über die Situation eines Paketzustellers. Und meinte damit insbesondere den Marktführer DHL, der seine Leute geradezu ausbeute.
Damit schieße er eindeutig übers Ziel hinaus, meint DHL-Paketzusteller Grunwald – zumindest unter Aufsicht des Leiters der Presseabteilung DHL-Nord, der an diesem Tag die Tour begleitet. Um 8 Uhr beginnt Joachim Grunwald seine Schicht an der DHL-Zustellbasis in Großbeeren, südlich der Stadtgrenze also – und das seit 22 Jahren. Großbeeren ist eine mechanische Zustellbasis, das heißt, die Pakete laufen auf einem Förderband in die große Halle, werden gescannt und dann maschinell zu den einzelnen Ladeplätzen geleitet. Am Ende des Bandes steht wieder ein Mensch, in diesem Fall Joachim Grunwald. Er nimmt die Kartons entgegen und sortiert sie in sein Fahrzeug. „Jeder hat dafür sein System“, erklärt Grunwald. „Ich sortiere erst nach Straßen und dann nach Größe der Pakete und Reihenfolge der Tour.“
Eine anstrengende Prozedur, schließlich liegen nicht nur handliche Päckchen auf dem Band – sondern auch schwere Pakete, deren Gewicht auch ihm als groß gewachsenem Mann alle Kräfte abfordern. Es sind wenig Frauen an diesem Morgen in der Halle zu sehen. Aber es gibt sie, die Zustellerinnen. Das Gros ist aber männlich, bestätigt DHL-Sprecher Hans-Christian Mennenga.
In der Vorweihnachtszeit doppelt so viele Pakete
In der Vorweihnachtszeit dauert das Beladen grundsätzlich länger: Viereinhalb Millionen Pakete stellt DHL normalerweise täglich zu, in den Wochen vor Weihnachten sind es mehr als doppelt so viele, rund elf Millionen – Tendenz steigend. „Die Cyber Week mit den Rabatten der Onlinehändler Ende November ist der Startschuss“, berichtet Mennenga, „ab dann wird es kontinuierlich mehr.“
Um das Mehraufkommen zu bewältigen, seien mehr Fahrzeuge und Fahrer im Einsatz, und die Zustellbezirke sind in den Städten in der Regel kleiner, so Mennenga. Kurz: Die hohen Sendungsmengen machen sich nicht eins zu eins in den individuellen Touren der Zusteller bemerkbar. Außerdem habe die Post für den Weihnachtsverkehr in diesem Jahr rund 10.000 zusätzliche Aushilfskräfte in allen Bereichen der Produktion eingestellt, vom Sortierbereich bis zur Zustellung.
Dass es eine Zweiklassengesellschaft unter den Zustellern gebe, wie Böhmermann behauptet, stimme so nicht. „Alle unsere Kräfte werden auf Basis der mit Verdi geschlossenen Tarifverträge vergütet“, sagt Mennenga. „Während für die Deutsche Post AG der entsprechende Haustarifvertrag gilt, kommen in den DHL-Delivery-Gesellschaften die regionalen Branchen-Tarifverträge Spedition und Logistik zur Anwendung, die mit der Gewerkschaft Verdi vereinbart wurden. Damit sind wir der einzige Anbieter der Branche, der im Brief- und Paketbereich flächendeckend nach Tarifen bezahlt, die deutlich über Mindestlohn liegen.“ Hier in Großbeeren arbeiten derzeit 110 Mitarbeiter, zehn neue Kollegen für die Weihnachtszeit zunächst befristet eingestellt, aber „jeder, der bei der Post anfängt, hat die Chance zu bleiben - wenn er es gut macht und ihm der Job selbst Spaß macht“, sagt Mennenga. Nur in Notfällen würden Subunternehmer, die außertariflich arbeiten, als Kuriere beauftragt. DHL-Sprecher Mennenga spricht von etwa zwei Prozent der Fahrten.
Mangelnde Parkgelegenheiten erschweren Boten die Arbeit
Joachim Grunwald jedenfalls bleibt schon seit 22 Jahren dabei. Er mache seinen Job gerne. Eigentlich habe er studiert, sagt er, aber er liebe die Arbeit an der frischen Luft und den Kontakt mit den Leuten. Seit einem guten Jahr fährt er jetzt auf der Route durch Marienfelde und weiß schon ganz genau, wer wann zu Hause ist und welcher Nachbar bereit ist, ein Paket entgegenzunehmen.
„Wichtig ist, dass man sich gute Parkgelegenheiten raussucht“, erklärt Grunwald, „das ist ein Problem für uns Zusteller, wenn auf einer großen Straße wie der Marienfelder Allee fast überall Halteverbot ist.“ Das sei tatsächlich etwas, was ihm seinen Job erschweren würde. Und es gibt noch etwas, was ihn stört: „Das, was Herr Böhmermann berichtet, mag es bestimmt geben, aber er sollte differenzieren. So wertet das die gute Arbeit, die wir jeden Tag leisten, nur ab. Und das fühlt sich nicht gut an.“
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