Hells Angels und Bandidos: Overkill - geht es mit Berlins Rockern zu Ende?
Seit Jahren läuft in Berlin das, was viele einen „Rockerkrieg“ nennen. Da fliegen Handgranaten auf Clubhäuser, da lauern Attentäter auf Rivalen. Nun wurde der harte Kern der Hells Angels angeklagt.
Ein nasser, dunkler Abend, kalt ist es auch, etwa fünf Grad. Vor einem Wettcafé in der Residenzstraße im Norden Berlins sammeln sich 25 Gestalten in Kapuzenjacken. Kurz vor Mitternacht dieses 10. Januar 2014 lösen sich aus der Gruppe 13 Männer, als Kolonne marschieren sie in das Wettcafé, einer nach dem anderen, vorbei am Tresen, den Spielautomaten, den staunenden Gästen, ins Hinterzimmer.
Dort sitzt Tahir Ö., Berliner Türke, 26 Jahre, vorbestraft. Auf den Bildern der Überwachungskamera ist nicht zu erkennen, was der beim Anblick der Phalanx unternimmt. Nur dass der erste Mann der Kolonne eine Waffe zieht, acht Mal abdrückt. Kugeln treffen Hauptschlagader und Herz. Seine schusssichere Weste hat Ö. nicht an, seine eigene Waffe nicht griffbereit. Ö. stirbt.
Der Angriff dauert wenige Sekunden, dann stürmen die 13 aus dem Laden. Einige von ihnen sind von den Schüssen selbst überrascht worden, reagieren irritiert, fast panisch. Das zeigen die Bilder der Überwachungskamera – und ein Kronzeuge aus der Kolonne wird es bestätigen. Wer sie sind, weiß die Polizei bald. Die Bilder, der Name des Toten – alles deutet auf die Hells Angels.
Elf Verdächtige werden festgenommen. Erstmals sitzt der harte Kern der härtesten Fraktion der Berliner Hells Angels in Untersuchungshaft. Vor ein paar Tagen wurde nun Anklage erhoben. Gegen die Männer auf dem Überwachungsfilm wegen Mordes. Und wegen Anstiftung zum Mord gegen zwei weitere.
Einer jener zwei Männer, ließ der Kronzeuge wissen, saß vor den Schüssen in einem Café in der Gerichtstraße. Dort, nahe dem Stadtbad Wedding, treffen sich freitags die Hells Angels. Und jener Mann, Kadir P., genießt selbst im Vergleich mit anderen Rockerbossen viel Autorität. An diesem Tag soll er, mit Blick auf Ö., gesagt haben: Präsenz zeigen!
Zwei Worte, ein Todesurteil?
Es ist nicht ganz klar, was es unter Rockern bedeuten soll, Präsenz zu zeigen. Eine Hinrichtung ? Oder sollte der Aufmarsch eine Drohgebärde sein? Und wenn es eine Hinrichtung war, wer sollte sie durchführen? Alle 13 Männer? Der spätere Schütze? Handelte der erste Mann der Kolonne im Auftrag – oder hat er einfach die Nerven verloren? Im Oktober beginnt der Prozess. Trotz der Bilder, trotz des Kronzeugen wird es nicht einfach. Bis Ostern 2015 soll verhandelt werden.
Seit zehn Jahren läuft in Berlin das, was viele einen „Rockerkrieg“ nennen. Da fliegen Handgranaten auf Clubhäuser der Konkurrenz, da lauern Attentäter auf Rivalen. Ermittlern zufolge ist Kadir P. in dieser Zeit zu einer zentralen Figur der Szene geworden. 50 Mal wurde gegen ihn ermittelt – im April ist er 30 geworden.
In der Untersuchungshaftanstalt in Moabit wird um P. so viel Aufwand betrieben wie um einen Topspion. Wenn er ins Gericht gebracht wird, dann immer mit Spezialeinsatzkommando (SEK). Wenn er mit seiner Frau spricht, dann stets durch eine Trennscheibe.
Warum musste Tahir Ö. sterben?
Welchen Grund könnte er gehabt haben, Tahir Ö. aus dem Weg räumen zu lassen?
Der Getötete verletzte Monate vor den tödlichen Schüssen einen Türsteher, der zu den Hells Angels gehören soll. Und Ö. provozierte Kadir P. auch in dessen Reinickendorfer und Weddinger Stammkiezen, posierte vor Jugendlichen, die ihn angesichts seiner Unerschrockenheit prompt mit Kadir P. verglichen. Schließlich soll P., so die Anklage, die Rockercrew zum Mord an dem Provokateur Ö. angestiftet haben.
Ob das mit dem Auftrag stimmt – und ob Kadir P. das so plump hätte anstellen lassen –, bezweifeln nicht nur seine Anwälte.
Doch darauf kommt es wohl nicht mehr an. Die Schüsse haben den Rockern mehr geschadet als die Razzien, die Sonderstaatsanwälte, das Verbot durch Innensenator Frank Henkel (CDU). Mit den Festnahmen könnte ein Kapitel Berliner Kriminalgeschichte zu Ende gehen.
Charmant sei der Hells-Angels-Boss
Der Größenwahn der Clique um Kadir P. hat den Verfolgungswillen der Behörden angeheizt. Nach den Schüssen im Wettcafé wähnen sich in der Justiz einige am Ziel. Es gibt ganze Dezernate an Fahndern, die Kadir P. im Knast sehen wollen. Selbst in Österreich und Dänemark kennen Beamte seinen Namen. Die Staatsanwaltschaft wird argumentieren, dass unter autoritären Charakteren eine Andeutung als Auftrag aufgefasst wird.
„Charmant“ sei Kadir P., sagt ein Justizbeamter. Charismatisch trifft es eher, oder: raumgreifend. P. wuchs als Sohn eines Osram-Arbeiters aus der Türkei in der Gegend am Gesundbrunnen auf. Als Jugendlicher schraubte er nicht an seinem Motorrad, sondern baute sich sein Image auf. Kein Alkohol, dafür Boxtraining und strenger Blick.
Doch hatte 120-Kilo-Mann P. schweißtreibendes Training bald nicht mehr nötig. Er betrieb Bars, zuletzt an der Müllerstraße, von einigen bis heute Ku’damm des Nordens genannt. Und auch sonst lief’s: Frau, Kinder, 100 000-Euro-Autos.
Ein gutes Jahr vor den Schüssen auf Tahir Ö. besuchte P. an einem Dezembersamstag ein Boxturnier in Köpenick. Ein Angels-Sympathisant aus Cottbus stand im Ring. Die Luft in der Halle abgestanden, 500 brabbelnde Männer, Plastikbecher mit Bier in den Händen. Die Größen des Milieus kamen in Luxuswagen – verspätet, weil die Polizei die Zufahrtsstraßen kontrollierte. Wie Stars gingen die Rocker durch die Menge. Erkennbar an ihren schwarzen Lederwesten oder roten Pullovern, darauf der geflügelte Totenkopf. Teenager machten ehrfürchtig Platz. Kadir P. schien trotz seiner Masse zu schweben. Sein Biotop.
Zu seinem Biotop gehörten zu diesem Zeitpunkt drahtige Zivilbeamte, die an ihm klebten. Die Beamten guckten so, als würden sie gleich zum Schlagstock greifen. In jenen Monaten wurde Kadir P. fast täglich von ihnen gestoppt: das Auto auf Waffen durchsucht, Papiere überprüft, vielleicht ein blöder Spruch gemacht. Präsenz zeigen, Druck machen, nerven – es ist die erklärte Strategie der Fahnder, den Rockern die Grenzen zu zeigen. Und Kadir P. nervte das tatsächlich.
„Wieso hassen die mich so?“
Kadir P. und der Zorn der Beamten
Kokett klang die Frage im Smalltalk am Rand des Box-Events. Es hörte sich trotzdem an, als meinte Kadir P. sie an diesem Abend ernst. Immerhin schlug ihm fast täglich der Zorn der Beamten entgegen. Die sind zornig, wegen zahlloser Überstunden, verpasster Familientage, wegen des szenetypischen Schweigegelübdes, das dazu geführt hatte, dass es kaum je zu Verurteilungen kam – selbst wenn sie Opfer eines Angriffs wurden, redeten Rocker nicht mit der Justiz. Vielleicht schwang auch ein bisschen Furcht mit, weil „Einsatzkräfte auch zukünftig bei sich bietender Gelegenheit körperlich attackiert werden sollen“, wie die Polizei intern feststellte.
Als Kadir P. vor zehn Jahren bei den Bandidos anfing, waren die im Rockerkosmos die Nummer zwei. Bandidos und Hells Angels wurden in den USA von motorradfahrenden Veteranen gegründet, die Bruderschaften heißen „MC“ für „Motorcycle Club“. Ihre demonstrative Härte lockte von jeher Zuhälter, Hooligans, Türsteher an. Auch in Deutschland stritten die MCs um Reviere. Sie konkurrierten um den Anabolikahandel, um Bordelle und die Türen lukrativer Clubs, weil sie als Einlasser über die Geschäfte darin bestimmten. Die MCs sind Beutegemeinschaften mit Kultfaktor.
Die Angels blieben lange ein rein „deutscher“ Club. Die Bandidos nahmen als Erste Kinder von Einwanderern in ihren Reihen auf. Im Wedding sind die jeder deutschen Clique überlegen.
Später, heißt es aus Justizkreisen, hätten sich Rocker auch mit Männern arabischer Clans getroffen. Dabei sei geklärt worden, welche Crew welchen Geschäftsmann zu einer Abgabe auffordert. Im Blick seien Bordellbetreiber, Kneipenwirte, Tätowierer gewesen, von denen angenommen wurde, sie zahlten ihre Steuern nicht korrekt oder beschäftigten illegal Mitarbeiter.
Wunde Punkte auszunutzen, um dem Staat die Hoheitsaufgaben zu entreißen, das erinnert an organisierte Kriminalität: Gegen Zahlung (Steuern) gibt es Sicherheit (Polizei). Ein Polizeichef von Palermo sagte über die Mafia einst: „Was sollte man unterdrücken? Eine Idee, eine Mentalität?“
Für kleine Gangster lohnt es sich
Für kleine Gangster lohnt sich der Eintritt in eine Bruderschaft. Schon das Image ist eine Versicherung, es bringt den Staat dazu, einen beträchtlichen Aufwand zu betreiben. Aus Sicherheitsgründen rückt das schwer bewaffnete SEK an, um Rockertreffs zu stürmen. Bis es eintrifft, bleibt Zeit, Verdächtiges verschwinden zu lassen. Und weil kein Diskobetreiber riskieren will, dass seine Türsteher vertrieben werden, überlässt er diesen Job Rockern gleich ganz. Die Lederkutte und der monatliche Beitrag von bis zu 300 Euro für die Clubkasse sind gut investiert.
Doch die Rangkämpfe bei den Bandidos eskalierten. In einem bis dahin einmaligen Coup lief Kadir P. 2010 mit seiner Entourage zu den Angels über. Die sind die Nummer eins. Das gelbe Bandidos-Logo am Clubhaus in Reinickendorf wurde durch den Totenkopf ersetzt. Durch den Frontwechsel verloren die Bandidos die Hoheit über Bars in Wedding und Weißensee.
Innensenator Henkel ließ das Charter von Kadir P. im Mai 2012 verbieten. Doch waren die Rocker gewarnt worden: Das ist insofern erheblich, weil sie Clubvermögen - und seien es Möbel - wegschaffen konnten. Kadir P. schloss sich erst mal den dänischen Angels an. In Berlin ließ er neue Charter – so heißen die einzelnen Ableger – für den Nachwuchs gründen. Das Clubhaus am Franz-Neumann-Platz wurde geschlossen, man fand neue Räume in der Gerichtstraße.
Einmal sagte Kadir P.: „Seit den Verboten rennen sie uns die Tür ein.“
Gangster-Rapper suchen echte Gangster
In jenen Monaten buhlte auch einer der Jungen um die Gunst der Angels, die später im Oktober 2012 Jonny K. am Alexanderplatz totprügeln sollten. Aufgenommen wurde er nicht. Vielleicht genügte er dem Ehrbegriff der Rocker nicht.
Oder sie brauchten keine Handlanger mehr. Rocker waren plötzlich Pop. Einige der nun Inhaftierten posierten 2013 in einem Video des Rappers Fler. Zu grimmigen Blicken der Angels besang Fler darin „Echte Männer“. Kadir P. selbst trat in einem Musikvideo Bushidos auf. Auch der rappte in „Mitten in der Nacht“ von Gewalt, im Video dazu bandagierte sich P. die Hände.
Diese Auftritte krönten den Wandel in der Szene: Die „Rocker“ suchten die große Show. Und die Gangster-Rapper suchten echte Gangster, die vor der Kamera nicht viel tun mussten – bloß breitbeinig den Bürgersteig blockieren. Hier trafen sich der Muskel- und Markenfetisch der Hip-Hop-Szene mit dem Narzissmus der Kuttenträger. Auch Hells Angels sind eine Marke.
In Justizkreisen gibt es Leute, die sagen, der Größenwahn der Rocker aus dem Wedding habe viel mit der Stadt zu tun. Generell liegen die Zentren des Rockerkrieges dort, wo die sozioökonomische Situation prekär ist, wo es rauer zugeht. Tote sind vor allem in Berlin und Duisburg zu beklagen, in München und Stuttgart bleibt es dagegen vergleichsweise friedlich.
„Je runterer der Kiez, desto härter die Typen“, sagt ein informierter Gastronom. „Und als ausgerechnet die Weddinger Türken in ein internationales Rockernetzwerk aufgenommen wurden, haben sie jede Bodenhaftung verloren."
Bodenhaftung, die scheint in Berlin generell zu fehlen. Auch Tahir Ö., der später Erschossene, drehte stärker auf, als mit Mut zu erklären ist. Und dann gab es noch den Facebook-Waghalsigen: Ein 22 Jahre alter Berliner suchte auf Facebook den Kontakt zu einer Frau, blonder Zopf, vielversprechendes Dekolleté. Als der Freund der Frau, ein Angel, davon erfuhr, forderte er den Nebenbuhler auf, sich an einer Tankstelle einzufinden – um Mitternacht. Beim Blick auf das Online-Profil der Dame hätte dem jungen Mann klar sein dürfen, dass sie keinem Yoga-Lehrer versprochen war. Den Facebook-Ritter kümmerte das nicht. Er kam zur Tankstelle, prompt griffen ihn drei Angels an.
Rocker sind irrational
Warum geht es unter Rockern, fragt man sich, so viel blutiger zu als unter, sagen wir, Autoschiebern?
Profi-Gangster schätzen rationales Vorgehen, es ist sicherer. Deshalb fallen Autoschieber, Hehler oder Bankautomatenknacker kaum auf.
Unter Rockern aber ist man stolz darauf, Urinstikten freien Lauf zu lassen. Während es Profis um die Beute geht, brauchen Rocker noch etwas für ihr Ego, den Kultfaktor. Viele Taten werden aus gekränkter Eitelkeit, aus Stolz verübt. Ein falscher Blick, ein falsches Wort, und es knallt.
Bei den Weddingern ging es immer noch ein bisschen schneller. Auch Kadir P.’s Karriere steht dafür: Bei den Bandidos jung Ärger gemacht, spektakulär übergelaufen zu den Angels, schnell Anhänger rekrutiert, erst verboten und dann in Musikvideos gefeiert worden, nun die Anklage.
Hells Angels: Sind das Salz in der Suppe
Bei den Altrockern in Charlottenburg und Lichtenberg dauerte alles länger. Bewerber mussten sich über Jahre bewähren, Loyalitäten wuchsen langsam, aber sicher. Aufgenommen wurden Maurer, Elektriker, gar Akademiker.
Bundesweit tobt ein Machtkampf zwischen den überwiegend jungen Einwanderersöhnen, von denen nur die Hälfte ein Motorrad besitzt, und den alten deutschen Facharbeitern. Es sieht nun so aus, als hätten sich die Traditionalisten noch mal gegen die Hip-Hop- und Wasserpfeifen-Rocker durchgesetzt. In einem aktuellen Video sagt der langjährige Ost-Berliner Angels-Präsident, mit dem „Vermitteln der alten Werte“ habe es zuletzt nicht so geklappt. Und: „In einer freiheitlichen Demokratie sind wir das Salz in der Suppe.“
Die Weddinger würden so etwas nie sagen. Sie haben in den vergangenen Jahren viele Typen aufgesaugt, die zuschlagen können, aber nicht unbedingt als Rocker alt werden wollen. Hält da das Schweigegelübde, wenn lebenslänglich droht? Wenn nicht zwei, drei Altgediente verhört werden, sondern ein Dutzend junger Egomanen?
Die Loyalität bröckelt
Kadir P. hat auch auf Kassra Z. gesetzt. Z., 26, ist einschlägig vorbestraft, man könnte ihn einen harten Hund nennen. Doch wenn General Kadir ruft, soll Kassra kuschen. Und das gefällt ihm nicht. Die Omertà hält nicht.
Nachdem Kassra Z. im Januar festgenommen wird, bietet er sich als Kronzeuge an. Er selbst sei als achter Mann der Kolonne ins Wettcafé marschiert. Geschossen habe ein Angels-Anfänger. Auch über den Mord an einem Türsteher am „Soda“, einer R’-n’-B-Disko in Prenzlauer Berg, redet der Kronzeuge. René P., 31 Jahre, und Mitglied der Red Devils, einer an die Hells Angels angedockten Crew, soll den Türsteher im September erschossen haben. Nicht weil der Türsteher sein Schutzgeld nicht bezahlte oder einem konkurrierenden MC angehörte. Der unauffällige Sicherheitsmann wurde Opfer willkürlicher Rache. Ein Kollege des Toten hatte die Red Devils einst nicht in die Disko gelassen.
Auch sein Anwalt weiß nicht, wo Kassra Z. festgehalten wird. Zum Treffen mit seinem Verteidiger wird Z. von LKA-Männern gebracht. Vermutlich spekuliert er auf einen Strafrabatt, den Kronzeugen auch bekommen können, wenn sie des Mordes für schuldig befunden werden. Statt lebenslänglich, was mindestens 15 Jahre Haft bedeutet, könnte er nach zehn Jahren freikommen.
Drei Tote in fünf Monaten, das ist die Bilanz von September bis Januar. Der dritte Tote, ein den Angels nahestehender Zuhälter, wurde nur einen Tag vor dem Attentat im Wettcafé mutmaßlich von einem anderen Rocker schossen.
Rocker ohne Motorrad
Der Rockertreff in der Gerichtstraße ist seit Monaten zu, Kabel hängen aus der Wand. Vor dem alten Stadtbad Wedding stoßen zwei Studenten mit Melonen-Limo an. Drinnen wird gefeiert, das Ex-Bad ist als Party-Location beliebt. Ein Mann in Hells-Angels-T-Shirt führt einen Hund durch die Straße. Ein Mann, der doppelt so viel wiegt wie der Student, der gleich fragt: „Fahren Rocker nicht Motorrad?“ Der andere sagt: „In Berlin geht alles.“ Und meint das nicht ironisch.
Die Berliner Staatsanwaltschaft nutzt derzeit ein Urteil aus Hamburg, um Angels-Symbole von den hiesigen Straßen zu verbannen. Der geflügelte Totenkopf, weltweit bekanntes und in den USA geschütztes Logo, darf vorerst nicht offen gezeigt werden. Weil die Hells Angels in Hamburg komplett verboten sind, hat das dortige Oberlandesgericht das Zeigen ihrer Symbole untersagt. Wer sie in Berlin trägt, so der Kunstgriff, wirbt für einen verbotenen Verein aus Hamburg, obwohl hier gar nicht alle Charter verboten sind.
Dagegen klagen die Angels. Symbole sind Grundlage ihrer Macht. Die wiederum brauchen sie, um zu verteidigen, was im Milieu noch zu verdienen ist. Und viele Alte wollen ihre Kutten auch, um den Lifestyle zu retten, mit dem alles begann.
Was nun passiert? Der traditionslose Nachwuchs wird sich auch ohne Kutte um Beute und Macht streiten – so, wie es Jugendgangs seit jeher getan haben. Wenn Kadir P. im Knast bleibt und seine Vize-Generäle ohne Totenkopf-Kutte nur noch halb so ernst genommen werden, bleiben eine Menge junger Rocker ohne Führung zurück.