Prävention gegen Radikalisierung: Organisation will Kinder von IS-Anhängern zurückholen
Violence Prevention Network will die Rückkehr der Kinder von IS-Mitgliedern. Für Geschäftsführer Mücke „geht es um das Kinderwohl“ – Kritiker warnen.
Thomas Mücke hat einen klaren Wunsch: „Ich möchte, dass die Kinder von IS-Mitgliedern nach Deutschland zurückgeholt werden. Sie sind nicht verantwortlich für die Taten ihrer Eltern“, sagt der Geschäftsführer von Violence Prevention Network (VPN), der Organisation, die sich auch um die Deradikalisierung von Menschen kümmert, die in Kriegsgebiete ausgereist sind.
Seit längerem wird über diese Kinder diskutiert. Für Mücke, das sagt er bei einem Gespräch, „geht es um das Kinderwohl“. Mindestens 62 Kinder mit deutschem Pass leben derzeit unter schwierigen Umständen in früheren Kriegsgebieten in Syrien und dem Irak. VPN betreut bisher 36 Rückkehrer aus Kriegsgebieten. Viele von ihnen sind zu Jugendhaftstrafen verurteilt worden.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lehnt eine unkontrollierte Rückkehr aller IS-Kämpfer mit deutschem Pass ab. Derzeit wird vor Ort versucht zu ermitteln, ob sie in Verbrechen verwickelt sind. Das gilt auch für Väter und Mütter von Kleinkindern. Mücke ist dafür, dass diese Ermittlungen in Deutschland stattfinden, wenn die IS-Mitglieder mit ihren Kindern zurückgekehrt sind.
Er glaubt sogar, dass Ermittlungen so erleichtert werden. „Jeder Rückkehrer liefert vielleicht auch Beweismittel gegen andere Personen“, sagte er. Er räumte aber ein, „dass es der Gesellschaft schwer zu vermitteln ist, dass IS-Mitglieder erstmal in Freiheit leben, während gegen sie ermittelt wird und keine Erkenntnisse vorliegen“. Auf Nachfrage erklärte er aber er könne „damit leben, wenn die Eltern erstmal in Syrien bleiben und gegen sie dort ermittelt wird“.
Um die Kinder müssten sich die Jugendämter kümmern. Den Hinweis, dass diese bereits mit Alltagsaufgaben überfordert seien, nimmt er gelassen. „Es handelt sich ja nicht um viele Kinder.“ Und sie würden bundesweit verteilt.
Kritiker warnen vor IS-Angehörigen
Einige der Kinder von IS-Mitgliedern, die noch in Lagern leben, sollen Vollwaisen sein, deren Nationalität nicht geklärt ist. Bei ihnen wird nur vermutet, dass sie Deutsche sind. Mücke möchte, dass auch sie geholt werden. Dann könne man in Ruhe die Nationalität prüfen.
Kritiker weisen darauf hin, dass gerade bei ungeklärter Nationalität Vormünder einen Nachzug von doch existierenden Familienmitgliedern in Gang setzen und dann IS-Angehörige folgen könnten. Dies wäre auch über Verpflichtungserklärungen möglich.
Die Muslimbrüder zur Deradikalisierung von ehemaligen IS-Mitgliedern einzusetzen, lehnt Mücke radikal ab. „Dafür gibt es keine Diskussiongrundlage“, sagte er. „Sie sind für diese Aufgabe nicht geeignet.“ Die Muslimbrüderschaft ist mit der palästinensischen Terrororganisation Hamas liiert.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte erklärt, für die „Deradikalisierung von ehemals radikalisierten Salafisten müssen wir jemanden finden, der sie glaubwürdig aufnimmt – dafür eignet sich das legalistische Spektrum“. Dazu gehören die Muslimbrüder. Später stellte er klar, dass „Legalisten keine Radikalen deradikalisieren“ sollen.