Pendler in Potsdam: "Optimal wäre die S-Bahn-Verlängerung bis Werder/Havel"
Wie kann man den S-Bahnverkehr in Potsdam verbessern? Hier spricht Benjamin Karl vom Bahnkundenverband DBV über das Umland, die City West, Berlin-Steglitz, volle Züge und das Umsteigen in Berlin-Wannsee.
Herr Karl, Potsdam ist die Pendlerhochburg Brandenburgs. Was bedeutet das für die Landeshauptstadt?
Was die Pendler angeht, steht Potsdam doppelt unter Druck: Zum einen nimmt die Verflechtung mit Berlin stetig zu, was man an der Nutzung der S-Bahn gut sehen kann. Zum anderen wird ja auch über Potsdam in den Landkreis gependelt. Beispielsweise ist der Regionalexpress morgens um 7 Uhr aus der Stadt Brandenburg oft so voll, dass man nur mit Mühe wenigstens einen guten Stehplatz findet. Für Menschen mit Behinderung oder Eltern mit kleinen Kindern ist das unzumutbar.
Sollten auf der Strecke mehr Züge fahren?
Zwischen Werder und der Stadt Brandenburg ist noch etwas Platz auf der Strecke. Hier gibt es zwar viele Güterzüge, aber der Regionalexpress könnte verdichtet werden. Auf der Strecke von Potsdam bis Werder ist bereits sehr viel unterwegs, hier fahren pro Stunde fünf Zugpaare. Da wäre es problematisch, noch mehr unterzubringen.
Was kann man stattdessen tun?
Optimal wäre es, wenn die S-Bahn auf eigenen Gleisen bis nach Werder fahren würde. Solche Pläne gab es vor Jahrzehnten schon. Aber derzeit ist das wohl nicht realistisch. Das Land weigert sich ja sogar, Geld für ein zweites Gleis zwischen Potsdam und Wannsee bereitzustellen. Allerdings denke ich, dass das nicht in Stein gemeißelt ist.
Was muss kurzfristig besser werden?
Am Abend sollte der 10-Minuten-Takt länger angeboten werden. Um 21.30 Uhr ist am Potsdamer Hauptbahnhof noch viel los. Auch ein späterer Betriebsschluss wäre sinnvoll. Heutzutage haben die Geschäfte länger offen und das Freizeitverhalten hat sich geändert. Derzeit fährt die S1 nach Potsdam.
Soll es dabei bleiben?
Wir haben das befürwortet. Auf der S1 ist der Betrieb stabiler als auf der S7, die über die störungsanfällige Stadtbahnstrecke fährt. Außerdem ist es ein Vorteil, dass man durch die S1 zusätzlich umsteigefrei nach Steglitz kommt, also ein anderes Ziel als die City-West – dorthin kann man ja den Regionalexpress nutzen. Problematisch ist derzeit das Umsteigen in Wannsee. Wer mit der S7 ankommt, sieht die S1 nach Potsdam noch auf dem Nachbarbahnsteig, kann sie aber nicht mehr erreichen.
Am Nordausgang des S-Bahnhofs Griebnitzsee fehlt ein Aufzug. Schüler haben dafür mehrere Hundert Unterschriften gesammelt.
Eine tolle Aktion. Ich würde den Bahnhof nicht als barrierefrei bezeichnen, wie es die Bahn tut. Rollstuhlfahrer müssen einen langen Umweg in Kauf nehmen, um zur Rudolf-Breitscheid-Straße zu kommen. Und auf dem Weg ist das Gefälle zu steil.
Benjamin Karl (34) ist seit 2011 Sprecher des Bahnkundenverbandes DBV in Potsdam. Der Verkehrsingenieur fährt häufig selbst mit der Bahn. Die Fragen stellte Marco Zschieck
Marco Zschieck