Integrationskonzept für Flüchtlinge in Berlin: Opposition sieht McKinsey-Deal als „Skandal“
Die Berater sollen für 238.000 Euro ein Integrationskonzept für Berlin erarbeiten, nachdem sie unentgeltlich beim Lageso geholfen hatten. Die Opposition vermutet dahinter ein Geschäftsprinzip.
Der Auftrag an die Unternehmensberater ist vergeben, der Hauptausschuss hat das Geld am Mittwoch mit den Stimmen der Koalition bewilligt. Und doch ist die Angelegenheit um die Berater von McKinsey noch nicht vergessen. Denn die Haushälter haben die Senatskanzlei zur Abgabe einer Erklärung darüber verpflichtet, warum ausgerechnet McKinsey für 238.000 Euro ein Integrationskonzept erarbeiten soll und der Auftrag nicht ausgeschrieben wurde. Von einem „Skandal“ spricht der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Steffen Zillich. Und einen „bitteren Beigeschmack“ erkennt Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop.
Ende 2015 hatten die McKinsey-Berater nicht nur den Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Frank-Jürgen Weise, unentgeltlich bei der Arbeit unterstützt, sondern auch im Berliner Landesamt Lageso ohne Bezahlung Dienst getan. Im Januar dann wurde der McKinsey-Mann Sebastian Muschter zum Lageso-Chef ernannt. Ein paar Wochen später nun hat das Unternehmen einen Senatsauftrag. Begründung von Senatskanzleichef Björn Böhning im Hauptausschuss: kein anderes Unternehmen habe die Kompetenz. Die Auftragssumme liegt knapp unter dem Wert, ab dem europaweit ausgeschrieben werden muss.
Ein unentgeltlicher Einstieg beim Lageso, dann ein lukrativer Auftrag
Zumindest die Opposition vermutet dahinter ein Geschäftsprinzip: Erst unentgeltlicher Einstieg beim Lageso, dann geschickt unterhalb der Schwellenwerte liegende Auftragssumme und freihändige Vergabe und wenig später dann ein lukrativer Folgeauftrag an die Unternehmensberater. Besonders ärgerlich für die Parlamentarier: Anders als vorgeschrieben, hat die Senatskanzlei den Hauptausschuss über den Vorgang erst informiert, als der Auftrag längst vergeben war. Für den Linken-Mann Zillich sollte der Hauptausschuss auf diese Weise „offensichtlich“ umgangen werden. Ob in dieser Frage noch Licht ins Dunkel kommt, ist fraglich. Senatskanzleichef Böhning jedenfalls hat nur zugesagt „zu prüfen“, ob man den Parlamentariern die Verträge mit McKinsey offenlegen kann. Aus denen geht womöglich hervor, dass die Unternehmung von Anfang an vorhatte, aus einem Hilfsangebot ein Geschäft zu entwickeln, was dann auch mit dem Senat so niedergeschrieben worden sein könnte.
Doch nicht nur die Opposition im Abgeordnetenhaus hat ein ungutes Gefühl mit den Beratern, die jetzt ein Integrationskonzept entwickeln sollen. Auch die Koalitionsspitzen sind sehr verärgert. Nachdem sich CDU-Generalsekretär Kai Wegner verwundert darüber gezeigt hat, dass sich die SPD, obwohl sie den Integrationsbereich besetzt, ein politisches Konzept von einer Unternehmensberatung schreiben lassen will, keifte SPD-Chef Jan Stöß zurück, die CDU solle „arbeiten, statt zu pöbeln“.