Berliner Doppelhaushalt: Opposition: Das ist ein Wahlkampfhaushalt
In dieser Woche beginnen die Haushaltsberatungen. Der Finanzsenator will 1,3 Milliarden Euro mehr ausgeben. Nicht allen gefällt das.
Gespannt erwartet die Opposition die Beratungen zum Doppelhaushalt 2016/2017. Grüne, Linke und Piraten wollen die Finanzaufstellungen der einzelnen Fachressorts kritisch auf Kürzungen oder Steigerungen bewerten. In einem ist sich die Opposition schon jetzt einig. „Das ist ein Wahlkampfhaushalt“, sagen die Haushälter Clara Herrmann (Grüne), Manuela Schmidt (Linke) und Heiko Herberg (Piraten). Der neue Doppelhaushalt 2016/2017 soll im Vergleich zum letzten Haushalt um 1,3 Milliarden Euro erhöht werden. Für jeden sei etwas dabei. Und klar sei jetzt schon, dass die veranschlagten Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge ohnehin nachgebessert werden müssten.
Grünen-Haushälterin Clara Herrmann betont, dass die Ausgabensteigerung um rund fünf Prozent – rund 1,3 Milliarden Euro – als „einmalige Wahlkampfaktion“ sich in den nächsten Jahren nicht wiederholen ließe. Bis 2020 werde sich im Haushalt eine Finanzierungslücke von 350 Millionen Euro abbilden, die die neue Regierung nach der Abgeordnetenhauswahl 2016 decken müsse. Die Schuldenbremse greift ab 2020.
In den letzten Jahren seie zu wenig investiert werden, kritisiert Herrmann. Die Koalition plane zwar jetzt ab 2016 einen Anstieg der Investitionen auf jährlich 1,75 Milliarden Euro, aber viel zu wenig fließe in nachhaltige Investitionen. Die Grünen verabschiedeten vor kurzem auf ihrer Fraktionsklausur 170 Millionen Euro zusätzlich in den nächsten fünf Jahren unter anderem in Tramausbau, grüne Dächer oder Fahrradinfrastruktur zu investieren. Der größte Posten von 71 Millionen Euro soll in den Ausbau eines Rad-Hauptstraßennetzes, eines Radschnellweges und in sechs Fahrradparkhäuser fließen.
Es fehlt Personal um das Geld auszugeben
Linken-Haushaltspolitikerin Manuela Schmidt kritisiert, dasss die Koalition es schon 2014 nicht geschafft habe, die geringen Investitionsmittel auszugeben. „Es fehlt qualifiziertes Personal, um das alles auch umzusetzen“, sagt Schmidt. Die Linke will im Haushalt den Schwerpunkt auf Personalplanung setzen und mehr Personal in den Verwaltungen fordern. Berlin sei eine wachsende Stadt. Bis 2030 sollen zu den 3,4 Millionen Berlinern weitere 250 000 hinzukommen. Deshalb müsse das Land vor allem Geld in den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs stecken. Um mehr Wohnungen zu bauen fordern die Linken einen Fonds für die städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Immerhin komme der Senat den Forderungen der Linken nach mehr Investitionen in soziale und bauliche Infrastruktur nach. „Er hat aber noch kein erkennbares Konzept“, sagt Schmidt. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) veranschlage Steuermehreinnahmen und Minderausgaben zwar realistischer als sein Vorgänger Ulrich Nußbaum. Ob jetzt die „Zeiten von Zahlenvoodoo und Haushaltstricksereien“ vorbei seien, müsse man abwarten.
Piraten: Nicht genug Geld für ÖPNV
Heiko Herberg, parlamentarischer Geschäftsführer und Haushaltspolitiker der Piraten, vermisst im Haushaltsentwurf eine Schwerpunktsetzung des Senats. Es sei „viel draufgepackt“ worden, aber konkrete Infrastrukturprojekte würden im ersten Entwurf fehlen. Auch Herberg fordert, Gelder in den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs zu investieren, um den Anteil des Individualverkehrs von derzeit rund 30 Prozent weiterhin zu reduzieren. Die Erhöhung des Doppelhaushaltes 2015/2016 sei der „fetteste Wahlkampfhaushalt“ seit 20 Jahren, kritisieren die Piraten. Die „Geschenke“ im Kulturbereich, für den der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) als Kultursenator verantwortlich ist, würden an die „Lieblinge der Koalition“ verteilt werden. Kulturpolitiker Philipp Magalski kritisierte, dass im Gegensatz zur finanziellen Unterstützung der freien Szene Häuser wie Friedrichstadtpalast, Berliner Ensemble oder Volksbühne „begünstigt“ würden. Die freie Szene sowie die Kinder- und Jugendtheater würden von den Mittelerhöhungen praktisch nicht profitieren.
Linke: Zu wenig Geld für Flüchtlinge eingeplant
Völlig offen ist für die Opposition auch die Finanzierung der Kosten für die Flüchtlinge. Herberg ist sich sicher, dass die veranschlagten 828 Millionen Euro für 2016/2017 schon jetzt überholt seien. Linkspolitikerin Schmidt fordert auf Landesebene mehr Geld für die Integration der Flüchtlinge. Und Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop erwartet sich beim Flüchtlingsgipfel im September auf Bundesebene eine stärkere finanzielle Unterstützung der Länder durch den Bund.