Flughafen Berlin-Brandenburg: Noch immer eine "Vielzahl von Mängeln" am BER
Im April 2019 soll der neue Hauptstadtflughafen fertig sein. Die Sanierung der Stromtrassen bleibt das größte Risiko. Und zur Finanzierung sind Fragen offen.
„Alle Experten sagen mir, dass es am Flughafen BER keine Mängel gibt, die wir nicht beheben können.“ Das ist doch mal ein Wort. Wieder einmal versprühte Engelbert Lütke Daldrup, Chef der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) , großen Optimismus, der in der wenig überraschenden Zusage gipfelte: „Ich bin überzeugt, dass der BER im Oktober 2020 in Betrieb genommen wird“. In der Sitzung des Beteiligungsausschusses des Abgeordnetenhauses nannte Lütke Daldrup am Donnerstag noch einen Termin, der wichtig ist.
Die Wirk- und Prinzip-Prüfung, die rechtlich vorgeschrieben ist und das Zusammenwirken der sicherheitstechnischen Anlagen bei großen Sonderbauten untersucht, werde spätestens im Mai oder Juni 2019 beginnen. Darin sei schon ein Puffer eingerechnet. „Nach aktueller Termindisposition“ könne die Prüfung, die Voraussetzung für die gesamte Bauabnahme ist, im April nächsten Jahres starten.
Lange Zeit galt die äußerst komplexe Brandschutzanlage, einschließlich der Türsteuerung, Sprinkler und Warnsysteme als Achillesferse des Hauptterminals. Inzwischen ist aber die Stromverkabelung in den Fokus der Projektleitung gerückt. Die elektronische Steuerung des Brandschutzes, zuständig ist der Siemens-Konzern, werde voraussichtlich im März 2019 die Freigabe erhalten, sagte Lütke Daldrup und sprach von einer „stabilisierten Terminsituation“. Die Sprinkleranlage werde „weitgehend“ bis zum Jahresende fertig und die Brandmeldeanlage, für die die Firma Bosch verantwortlich zeichnet, sei nach aktuellem Stand ebenfalls Anfang 2019 abnahmebereit.
Sicherheitsstromversorgung ein "Massenrisiko"
Aber die Sicherheitsstromversorgung und -beleuchtung weist nach Darstellung des Flughafenchefs immer noch eine „Vielzahl von Mängeln“ auf. „Da werden wir noch bis April nächsten Jahres brauchen.“ Gegebenenfalls müssten restliche Arbeiten später erledigt werden. Und weil es um so viele Kabel geht, sprach Lütke Daldrup von einem „Massenrisiko“. Federführend zuständig für die Kabelgewerke ist die Firma ROM, die die Zahl ihrer Mitarbeiter auf der Baustelle in den vergangenen Monaten verdreifacht hat, trotzdem kommt die Sanierung der kilometerlangen Kabeltrassen nach wie vor schleppend voran.
Nicht Lütke Daldrup, sondern der Ausschussvorsitzende Jörg Stroedter (SPD) informierte die Abgeordneten darüber, dass in aller Stille ein zweites Unternehmen angeheuert wurde, um die Stromversorgung des Flughafens endlich fertigzustellen. Die Schulzendorfer Elektro GmbH ist nun mit sieben Beschäftigten vor Ort. Offenbar soll die kleine Konkurrenz das Geschäft beleben.
Die größte Herausforderung auf der Dauerbaustelle BER sei aber „die große Menge der Einzelprozesse und deren Koordination“, teilte der Bosch-Manager Thomas Reinicke dem Beteiligungsausschuss mit. Er leitet die Niederlassung Berlin und ist für die Sicherheitssysteme zuständig. Aus seiner Sicht funktioniert die Zusammenarbeit der privaten Firmen mit der FBB-Geschäftsleitung „in dieser letzten, etwas hitzigen Endphase der Bauarbeiten am Flughafen sehr professionell und ordentlich“. Zu spüren war aber, dass im Ausschuss alle Fraktionen dem Frieden noch nicht richtig trauen. Der Wunsch nach einem zusätzlichen, unabhängigen Controlling der Baufortschritte und des Zeitplans wurde von mehreren Abgeordneten geäußert.
Verlust von gut 103 Millionen Euro im laufenden Jahr
Und wie steht es mit der Finanzierung? Eine befriedigende Antwort, die über das angestrebte Eröffnungsjahr 2020 hinausweist, konnte die FBB-Finanzvorständin Heike Fölster auch am Donnerstag nicht geben. Man strebe im Businessplan an, drei Jahre nach BER-Eröffnung zum ersten Mal einen Überschuss erwirtschaften zu können. Im laufenden Jahr werde ein Verlust von 103,6 Millionen Euro angestrebt. Das sei angesichts des bisherigen Geschäftsverlaufs realistisch.
Für die Baufinanzierung waren Ende September noch 135 Millionen Euro übrig, die aber schnell abfließen werden. Anschließend werde, so Fölster, der bestehende Kreditrahmen von 1,1 Milliarden Euro aufgebraucht. „Das reicht bis Ende 2020.“ Dann fehlen noch 508 Millionen Euro. Ob die öffentliche Hand oder private Banken dafür aufkommen, bleibt vorerst offen.