Beschluss der Stadtverordneten in Potsdam: Neue Bettensteuer soll Schulentwicklung finanzieren
Touristen müssen in Potsdam künftig Bettensteuer bezahlen und sollen damit die Sanierung und den Neubau von Schulen finanzieren. Kritik an dem Beschluss der Stadtverordneten kommt von Opposition sowie vom Hotel- und Gaststättenverband.
Touristen, die in Potsdam übernachten wollen, müssen künftig eine Bettensteuer bezahlen. Das beschlossen die Stadtverordneten am Montag mit eindeutiger Mehrheit. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll die Abgabe eingeführt werden. Dann muss fünf Prozent auf den Nettoübernachtungspreis draufzahlen, wer privat in Potsdam übernachtet. Die Stadt rechnet mit zusätzlichen Einnahmen von rund 870.000 Euro im Jahr. Das Geld soll in die Sanierung und den Neubau von Schulen fließen. Wegen des enormen Bevölkerungszuwachses benötigt die Stadt in den kommenden Jahren insgesamt 160 Millionen Euro für den Schulausbau.
Kritik kommt vor allem von der FDP. Der Stadtverordnete Rolf Berndt sagt, offiziell werde die Steuer eingeführt, damit Touristen für die Infrastruktur, die sie nutzen, auch zahlen. Da es aber auch Gäste gebe, die die Infrastruktur gar nicht nutzen wollten, handele es sich um eine Zwangsbeglückung. Außerdem wirke sich die Bettensteuer negativ auf den Wirtschaftsstandort Potsdam aus, sagte Ute Bankwitz vom Bürgerbündnis. Die Bettensteuer zeuge von einer „mangelnden Wertschätzung des unternehmerischen Engagements“.
Auch Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg betonte: „Wir halten nichts von der Bettensteuer.“ Da seine Fraktion aber die Schulentwicklung nicht gefährden wolle, werde sie sich bei der Abstimmung enthalten. Dies tat sie dann auch – bis auf zwei Abgeordnete, die der Vorlage zustimmten. Der Vorgang sorgte für einige Unruhe im Parlament – schließlich war eigentlich eine rot-rot-grüne Mehrheit verabredet worden. Die notwendigen Stimmen kamen aber dennoch zusammen: Auch SPD, Grüne und Potsdamer Demokraten votierten mit Ja. Nun muss der Beschluss vom Innenministerium geprüft werden, denn Potsdam ist die erste Kommune in Brandenburg, die eine Bettensteuer einführt.
Hotel- und Gaststättenverband hat Klage angekündigt
Deshalb ist auch unklar, wie das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in der Angelegenheit entscheiden wird. Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat schon jetzt Klagen angekündigt. Kämmerer Burkhard Exner (SPD) gibt sich angesichts dessen gelassen: „Unter Umständen müssen wir die Satzung eben noch mal anpassen“, sagt er.
Ganz und gar nicht gelassen äußert sich hingegen der Potsdamer Dehoga-Chef Arndt Gilka-Bötzow. „Dieser Beschluss bedeutet einen Rückschritt für das Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik in Potsdam“, sagt er. Die Unterstützung im sportlichen und kulturellen Bereich, die die Hoteliers jahrelang geleistet hätten, würde nun auf ein Minimum heruntergefahren. Jährlich rund 250.000 Euro seien bislang etwa für die Fête de la Musique, das Weberfest, für die Wissenschaftsetage im Bildungsforum oder Trikots von Jugendmannschaften ausgegeben worden.
Schon im vergangenen Sommer war die Bettensteuer im Gespräch. Damals hatte das Stadtparlament nach einer Möglichkeit gesucht, den Zuschuss für die Parkpflege in Sanssouci gegenzufinanzieren – es ging um eine Million Euro pro Jahr. Zunächst hatte die Stadt eine Tourismusabgabe vorgeschlagen, später hatte die Rathaus-Koalition die Bettensteuer ins Gespräch gebracht. Doch letztlich fand keines der beiden Modelle eine Mehrheit bei den Stadtverordneten, stattdessen verhängte Exner eine Haushaltssperre. Dieses Mal ging es um die Schulfinanzierung, und diesem Problem wollten sich die meisten so kurz vor der Kommunalwahl nicht entziehen – zulasten der Touristen.
So funktioniert die Potsdamer Bettensteuer
Die neue Bettensteuer gilt für Übernachtungsgäste, die privat in Potsdam unterwegs sind. Geschäftsreisende sind befreit; ob ein Gast privat oder dienstlich unterwegs ist, müssen die Hoteliers ermitteln. Die Steuer beträgt fünf Prozent der Nettorechnung. Die Hoteliers müssen die Einnahmen an die Stadt weiterreichen, und zwar quartalsweise mit der Umsatzsteuererklärung.
Es gibt auch Ausnahmen: Keine Steuern müssen Personen zahlen, die dauerhaft in Hotels wohnen. Auch Minderjährige sowie Jugendliche auf Fortbildungsfahrten sind befreit. Ebenso nicht betroffen sind Buchungen, die schon vor der Einführung getätigt wurden. Wer gegen Bestimmungen der Satzung verstößt, muss mit einer Geldbuße von bis zu 5000 Euro rechnen. In Berlin wurde die Bettensteuer bereits zum 1. Januar 2014 eingeführt – unter dem Namen Citytax. Auch hier müssen privat Reisende fünf Prozent draufzahlen. (HK/wik)
Katharina Wiechers