Gedenken zum 9. Mai im Treptower Park: "Nachtwölfe" in Berlin: Bikes und Blumen
Politiker gedenken im Treptower Park des 71. Jahrestages des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland. Auch hundert Rocker legen Blumen nieder.
"Wo wir sind, ist Russland", lautet das Klubmotto der russischen Motorradgang "Nachtwölfe". Und tatsächlich flattern überall russische Fahnen, und die frühere sowjetische Hymne schallt schon von weitem durch den Treptower Park, als die Rocker das sowjetische Ehrenmal am Montag erreichen. Wie bereits in den letzten Jahren sind sie von Russland durch Osteuropa nach Berlin gefahren, um an den Sieg der Sowjetunion über Hitler-Deutschland zu erinnern. Da die Biker sich jedoch im Berliner Verkehr verspäten, müssen sie erst einmal die offiziellen Feierlichkeiten abwarten.
Dazu sind bereits am Morgen etwa 500 Menschen an das Ehrenmal geströmt. Darunter auch die Botschafter der ehemaligen Sowjetrepubliken, die Blumenkränze vor das Monument niederlegen. Auch ein russischer Veteran ist gekommen. "Ich habe zwei Jahre in Leningrad gekämpft, jetzt gedenke ich meiner Brüder", sagt er und humpelt weiter. Auch für viele Linke-Politiker ist der 9. Mai beziehungsweise der "Tag des Sieges" ein Pflichttermin, in Erinnerung an die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht vor der Sowjetunion an diesem Tag im Jahr 1945.
Viele Linke-Politiker sind gekommen
So kommt auch der Berliner Vorsitzende der Linken, Klaus Lederer, und legt eine Blume nieder. „Ich bin kein Putin-Fan“, sagt der bekennende Homosexuelle mit Blick auf Presse- und Menschenrechtsverletzungen in Russland. Dennoch: „gerade die Erinnerung dieses Krieges zeigt uns, dass wir niemals die Kommunikation abbrechen dürfen.“ Dass fast nur Politiker seiner Partei gekommen sind, ärgert ihn. "Ich hätte mich gefreut, wenn auch die anderen Fraktionen gekommen wären. Es laufen hier so viele obskure Gestalten herum. Denen sollten wir nicht das Feld überlassen", findet Lederer.
Auch sein Parteifreund, der Bundestagabgeordnete Alexander Neu, legt eine Blume nieder. "Ich bin hier, um den sowjetischen Soldaten für die Befreiung Berlins und Deutschland zu danken", sagt der promovierte Politikwissenschaftler. Ihm sei vor allem das Zeichen wichtig: "Gerade in spannungsvollen Zeiten ist es umso wichtiger, Symbole zu setzen." So ein Zeichen möchte auch Zoriana Beren setzen, die mit ihrer Tochter gekommen ist. "Mein Großvater musste gegen seinen Willen am Krieg teilnehmen", sagt die gebürtige Ukrainerin. Sie ärgert sich, dass Krieg und Probleme immer nur von oben kämen. "Wir unten, die Völker, leben doch in Frieden miteinander."
Viele Motorräder kommen aus Deutschland, der Slowakei oder Serbien
Dann folgt der Auftritt der Nachtwölfe. Mit Fahnen und Bannern ziehen etwa hundert von ihnen über das Ehrenmal. Dort legen sie Blumen nieder, halten eine kurze Rede und stimmen "Hurra"-Rufe an. Die meisten Anwesenden jubeln ihnen zu und versuchen Selfies mit den Kutten-Trägern zu machen. Dass der Bikergang vorgeworfen wird, ultranationalistische und homophobe Standpunkte zu vertreten, stört die meisten offensichtlich nicht. Allerdings sind viele der anwesenden Motorradfahrer auch gar nicht aus Russland. Viele Motorräder haben deutsche, slowakische oder serbische Nummernschilder.
Auch Andreas Kroll kommt eigentlich aus Falkensee. Der eingefleischte Biker hat die Nachtwölfe in den letzten fünf Tage von Wien über Prag nach Berlin begleitet. "Wir wurden überall gut behandelt. Nur schade, dass wir hier in Berlin nicht an der offiziellen Feier teilnehmen durften", sagt er. Als Ostdeutscher mit einer Ehefrau aus Moldawien habe er viele Freunde in der ehemaligen Sowjetunion. Das aktuell eher negative Russlandbild ärgert ihn: "Die Deutschen sollten das mal überdenken, schließlich haben wir Russland auch viel zu verdanken." Drei andere Berliner Biker haben sich den Nachtwölfen aus einem anderen Grund angeschlossen: "Wir wollen den Frieden erhalten", sagen sie. Dann steigen sie auf ihrer Motorräder und fahren - begleitet von einer Polizeieskorte - weiter zum sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten.