Nach dem BER-Debakel: Nachtragshaushalt für den teuren Großflughafen
Wegen der Verschiebung des Hauptstadt-Flughafens bereitet sich Rot-Schwarz auf hohe Mehrausgaben oder eine Bürgschaft vor. CDU-Fraktionschef Graf will keine Finanzierung über neue Schulden.
Rot-Schwarz will die zusätzlichen Kosten für den Hauptstadt-Flughafen in einem Nachtragshaushalt auffangen, der im Laufe dieses Jahres aufgestellt wird. Denn bis zur Verabschiedung des normalen Landesetats 2012/13 am 14. Juni im Abgeordnetenhaus liegen nach Einschätzung von SPD und CDU keine belastbaren Zahlen vor. Bisher ist nur klar: Der Bau des Flughafens wird 500 Millionen Euro teurer. Weitere 250 Millionen Euro könnte der Lärmschutz für die Anwohner kosten. Dazu kommen Schadenersatzforderungen in noch unbekannter Höhe.
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Die gesamten Mehrkosten könnten eine Milliarde Euro erreichen. Der Regierende Bürgermeister und Flughafen-Aufsichtsratschef Klaus Wowereit (SPD) wird am kommenden Mittwoch den Hauptausschuss des Landesparlaments über den vorläufigen Stand der Flughafenfinanzierung informieren. „Wir erwarten, dass die Flughafengesellschaft FBB im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Mehrkosten einsteht“, sagte CDU-Fraktionschef Florian Graf am Donnerstag. Was darüber hinaus gehe, müssten Berlin, Brandenburg und der Bund übernehmen. „Ob es um Bargeld geht oder um eine Kreditbürgschaft, ist unklar“, sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Schneider.
Da Berlin mit 37 Prozent an der FBB beteiligt ist, könnten auf das Land Belastungen von 300 Millionen Euro zukommen. Dasselbe gilt für Brandenburg. Der Bund käme mit seiner Beteiligung von 26 Prozent etwas günstiger weg. Da die Flughafengesellschaft jetzt schon einen Kreditrahmen von 2,4 Milliarden Euro beansprucht, ist offen, ob es verantwortbar wäre, weitere Darlehen in hoher dreistelliger Millionenhöhe aufzunehmen, für die die Gesellschafter bürgen müssten. Sollten die Mehrkosten aus den öffentlichen Haushalten bestritten werden, gibt es zwei Möglichkeiten: eine höhere Verschuldung oder kräftige Einsparungen.
Ein kleiner Sieg für Grüne und Linke
SPD-Fraktionschef Raed Saleh will darüber nicht „in Spekulation verfallen“. Sein CDU-Kollege Graf machte dagegen deutlich, dass er von einer höheren Verschuldung Berlins für den Flughafenbau nichts hält. „Die Sanierung des Landeshaushalts ist ein hochrangiges Ziel.“ Den angekündigten Nachtragsetat begründete der CDU-Haushälter Christian Goiny damit, dass es in Sachen Flughafen noch keine verlässlichen Zahlen gibt. „Jetzt schon eine Pauschale in den Haushalt einzusetzen, wäre unseriös.“
Abseits dieses Problems setzten die Koalitionsfraktionen SPD und CDU durch zahlreiche Umschichtungen im Doppelhaushalt 2012/13 eigene Akzente. Die dicksten Brocken: 50 Millionen Euro mehr für die Bezirke, die Verdoppelung der Ausgaben für die Schulsanierung auf 64 Millionen Euro ab 2013, rund acht Millionen Euro mehr für die Berliner Bäder, fünf Millionen Euro als Anschubfinanzierung für den „Zukunftsstandort Tegel“, die Aufstockung des Kulturetats um etwa 1,5 Millionen Euro, zusätzlich 3,5 Millionen Euro für die Hortbetreuung und 1,3 Millionen Euro für das Archäologische Besucherzentrum am Petriplatz.
Einen kleinen Sieg haben Grüne und Linke in den Etatberatungen errungen: Die Einnahmen (vom Bund) und die Landesausgaben für die Grundsicherung im Alter werden im Etat nicht miteinander verrechnet, sondern gesondert ausgewiesen. Sonst droht eine Verfassungsklage der Opposition. Die Ausgabensteigerung um lediglich 0,3 Prozent jährlich, mit der Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) gern wirbt, lässt sich dann aber nicht mehr halten. Für den Etat insgesamt hat das keine Bedeutung.
In den Parlamentsberatungen der letzten Wochen zum Berliner Haushalt 2012/13 haben die Regierungsfraktionen SPD und CDU eigene politische Akzente gesetzt, indem der Etatentwurf des Senats an einigen Stellen verändert wurde (eine vollständige Liste der Änderungen können Sie hier herunterladen). Etwa 90 Millionen Euro (2012) bzw. 110 Millionen Euro (2013) wurden auf diese Weise umgeschichtet. Die dadurch entstandenen Mehrausgaben werden an Stellen eingespart, wo nach Einschätzung der Koalitionsfraktionen noch "Luft" im Haushalt ist.