Köln, Hamburg und Hannover haben den Nachtverkehr gestoppt: Nachtaktiv trotz Ausgangssperre
Mehrere große deutsche Städte haben wegen der Ausgangsbeschränkungen den öffentlichen Nahverkehr nachts eingestellt. Anders in Berlin: BVG und S-Bahn werden weiter fahren.
In Berlin werden Busse und Bahnen trotz möglicher Ausgangsbeschränkungen nachts weiterfahren. Dies sagte ein Sprecher von Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) aus Anfrage. Die am Donnerstag beschlossene bundesweite Notbremse sieht eine automatische Ausgangssperre von 22 bis 5 Uhr bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 vor.
"In Berlin gibt es bisher keine vergleichbaren Überlegungen wie in Hamburg", sagte Jan Thomsen dem Tagesspiegel. Mehrere große deutsche Städte haben wegen der Ausgangsbeschränkungen den öffentlichen Nahverkehr nachts eingestellt. In Hamburg ist bereits seit dem 9. April nachts nahezu kein Betrieb mehr. Zwischen 0.30 und 4.30 Uhr fahren keine Nachtbusse und keine U- und S-Bahnen mehr. Ausnahme ist eine S-Bahn-Linie ins Umland. Die "Üstra" in Hannover hat den nächtlichen Betrieb an den Wochenenden ebenfalls eingestellt, zunächst bis zum 9. Mai. Die Kölner Verkehrsbetriebe teilten mit: "Angesichts der vom städtischen Krisenstab beschlossenen Ausgangssperre zwischen 21 Uhr und 5 Uhr entfällt in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag zwischen 1.15 Uhr und 4.15 Uhr der Nachtverkehr."
Dies droht Berlin nicht. "ÖPNV ist aus unserer Sicht eine Aufgabe der Daseinsvorsorge", sagte Jan Thomsen – begründete das so: "Nachtverkehr ist bei Weitem nicht nur Partyverkehr. Fahrgäste des Nachtverkehrs sind ganz wesentlich Kranken- und Pflegepersonal oder andere Berufstätige im Schichtbetrieb, die auch zu Corona-Zeiten zur Arbeit fahren müssen. Identisch argumentiert auch die BVG intern. Es seien vor allem Menschen mit geringem Einkommen, die nachts zur Arbeit müssen. "Diese Arbeitswege müssen auch bei Ausgehbeschränkungen funktionieren", sagte Thomsen.
Der Hamburger HVV gewährleistet diesen Beschäftigten allerdings auch die Fahrt zur Arbeit - sie können ohne Mehrkosten Taxis oder den stadtweiten HVV-Fahrdienst Moia nutzen, der vergleichbar mit dem Berliner Berlkönig ist. Dies gilt für "Menschen, die aus beruflichen oder anderen wichtigen Gründen" unterwegs sein müssen. "Alle Personen, die ein gültiges HVV Ticket für die Fahrtstrecke haben, fahren ohne zusätzliche Kosten", heißt es auf der Homepage des HVV, und zwar zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens. Der HVV ist nach dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) zweitgrößter Verbund in Deutschland.
Alle deutschen Verkehrsunternehmen stehen derzeit vor dem gleichen Dilemma: Einerseits sind die Fahrgastzahlen dramatisch zurückgegangen, andererseits soll das Angebot nicht eingeschränkt werden, damit die verbleibenden Fahrzeuge nicht zu voll werden. Berlin hatte deshalb zuletzt den Schülerverkehr bei der BVG mit zusätzlichen Bussen und Straßenbahnen ausgeweitet - bezahlt vom Land. Die Einnahmen sinken, die Ausgaben steigen eher.
Allerdings prüft die Verkehrsverwaltung, "ob auf manchen Strecken gegebenenfalls auch kleinere Busse sinnvoll sein können". "Dies stimmen wir mit der BVG ab", sagte Thomsen. Bisher gebe es keine Veränderungen.
Der Tausch von Gelenkbussen gegen Eindecker würde jedoch kein Personal sparen. Und die geringen Benzineinsparungen würde von den Kosten der zusätzlich erforderlichen Ein- und Aussetzfahrten aufgebraucht.