Urteil in Brandenburg: Nachbarn müssen Zigarettenqualm auf Balkon dulden
Ein Ehepaar aus Premnitz im Havelland hat vor Gericht geklagt, weil sie sich durch den Zigarettenrauch ihrer Nachbarn belästigt fühlen. Sie wollten erwirken, dass nur noch zu bestimmten Zeiten geraucht werden darf. Erfolglos, denn das Landgericht wies ihre Klage erneut ab.
Es bleibt alles wie es ist – zumindest vorerst: Ursula und Manfred Stelb aus Premnitz (Havelland) dürfen auf ihrem Balkon rauchen, wann immer sie Lust dazu haben. Ursula und Anton Reinl, ein Stockwerk darüber, müssen für ihre Kaffeepause entweder einen rauchfreien Moment abpassen oder den Qualm ertragen. Das Landgericht Potsdam hat am Freitag die Berufung der Reinls gegen das Urteil des Amtsgerichts Rathenow vom vergangenen September zurückgewiesen. Die Eheleute hatten vor dem Amtsgericht versucht zu erzwingen, dass ihre Nachbarn im Erdgeschoss künftig nur noch zu bestimmten Tageszeiten auf ihrem Balkon rauchen dürfen, waren damit allerdings gescheitert. Auch der Vorsitzende Richter am Landgericht, Wolfgang Christ, sah am Freitag keinen Grund, anders zu entscheiden. Weder seien die Kläger massiv in der Nutzung ihres Balkons eingeschränkt, noch bestehe eine akute Gesundheitsgefährdung, so Christ.
Ehepaar hofft auf Bundesgerichtshof
Allerdings ist der Rechtsstreit mit dem Urteil von Potsdam wohl noch keineswegs vorbei. Das Landgericht erklärte eine Revision für zulässig. Die im Verfahren anstehenden Fragen hätten durchaus grundsätzliche Bedeutung, so der Vorsitzende Richter. „Die Grenzen des Passivrauchens werden ja immer wieder in der Gesellschaft diskutiert“, sagte Christ. Erst im vergangenen Juli hatte das Amtsgericht Düsseldorf entschieden, dass ein damals 75-jähriger Mieter seine Wohnung räumen müsse, weil er durch seine Rauchgewohnheiten die Gesundheit anderer Mieter im Haus gefährde. Ende Januar dieses Jahr allerdings hatte das Landgericht Düsseldorf bereits signalisiert, dass es die Wohnungskündigung aus formellen Gründen für unwirksam halte. Ein Urteil steht noch aus.
Die Reinls aus Premnitz bauen in ihrem Streit mit dem Raucherehepaar Stelb jetzt auf den Bundesgerichtshof. „Jetzt wo sie zulässig ist, gehen wir natürlich auch in Revision“, erklärte der Anwalt der Stelbs, Nils Ahrens, nach der Urteilsverkündung. Manfred Stelb, der ohne seine Frau nach Potsdam gekommen war, verließ relativ schnell nach der mündlichen Verhandlung zusammen mit seiner Anwältin Marianne Rehda das Gericht und blieb der Urteilsverkündung fern. „Ich muss mich jetzt erst mal sammeln“, sagte Stelb nach der Verhandlung, an dessen Ende der Vorsitzende Richter bereits ziemlich deutlich seine Sicht der Dinge dargelegt hatte.
„Sehr umfängliche zeitliche Beschränkung“
Zuvor war trotz einiger Geduld des Vorsitzenden Richters und seiner zwei besitzenden Kollegen ein Versuch, eine gütliche Einigung zu erzielen, gescheitert. Ursprünglich wollten die Reinls ihre rauchenden Nachbarn zwingen, sich zwischen 7 und 8 Uhr, 10 und 11 Uhr, 13 und 15 Uhr sowie zwischen 17 und 19 Uhr und zwischen 20 und 23 Uhr keine Zigarette auf dem Balkon anstecken zu dürfen. Schon während der mündlichen Verhandlung hatten die Richter am Landgericht dies als eine „sehr umfängliche zeitliche Beschränkung“ bezeichnet. Doch selbst auf einen Rauchverzicht innerhalb nur weniger Zeitfenster wollte sich Manfred Stelb nicht einlassen. Schließlich hätten er und seine Frau in der Vergangenheit stets Rücksicht genommen, zum Beispiel immer nur abwechselnd auf dem Balkon geraucht, zudem steige der Rauch ja nicht nimmer, sondern nur bei Windstille auf den Balkon darüber. „Wenn ich rauchen möchte, dann will ich das auf dem Balkon machen. Schließlich zahle ich dafür auch Miete“, so Stelb.
Matthias Mattern