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Tödliche Prügelattacke: Nach Gewaltexzess: Innensenator prüft mobile Wache am Alexanderplatz

Die tödliche Prügelattacke auf einen jungen Mann im Herzen der Hauptstadt macht viele Menschen betroffen, Innensenator Frank Henkel hat die Familie des Opfers besucht. Doch was kann die Polizei für mehr Sicherheit am Alexanderplatz tun? Eine Idee wurde bereits verworfen.

Innensenator Frank Henkel (CDU) besuchte am Donnerstag die Familie des getöteten Jonny K., Vater, Mutter und Schwester empfingen den Innensenator in ihrer Spandauer Wohnung. Zuvor hatten die Hinterbliebenen die Berliner Behörden kritisiert. Sie seien mit ihrer Trauer allein gelassen worden. Henkel sprach seine Anteilnahme aus und bekräftigte, dass die Behörden alles tun würden, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) legte am Donnerstag am Tatort Blumen nieder. Henkel unternahm unterdessen erste Schritte, um die Sicherheitslage am Alexanderplatz zu verbessern. Wie berichtet, war der Senator am Mittwochnachmittag zu dem zuständigen Polizeiabschnitt 32 gefahren, um mit den führenden Beamten über Konsequenzen zu beraten. Laut Innenverwaltung wird nun „mit Hochdruck“ geprüft, ob eine mobile Wache auf dem Platz eingerichtet wird. Details nannte der Behördensprecher nicht.

Im Gegensatz zu einer „Nebenwache“ – also einem festen Gebäude – handelt es sich bei der mobilen Wache um ein größeres Polizeifahrzeug, das flexibel auf dem Platz als zusätzliche Station eingerichtet werden kann, sagte ein Ermittler. Zuvor soll auch die Idee einer Nebenwache diskutiert, aber verworfen worden sein. Zu Zeiten, als der Bahnhof Zoologischer Garten noch ein Fernbahnhof war, hatte der dafür zuständige Abschnitt 27 am Ernst-Reuter-Platz eine Nebenwache – sie befand sich über der Diskothek Q-Dorf in Bahnhofsnähe.

Die geplante mobile Wache soll zusätzlich zu den bestehenden Streifen aus Zivil- und Kontaktbereichsbeamten des Abschnitts eingerichtet werden mit dem Ziel, das Sicherheitsgefühl der Menschen auf dem Platz zu erhöhen, so die Innenverwaltung. Ob auch Bundespolizisten dabei sein werden, blieb offen. Ein Sprecher der Bundespolizei wollte sich nicht zu Henkels Plänen äußern.

Eine Spur zu den sieben Tatverdächtigen, die den 20-Jährigen bei der Attacke an der Rathausstraße durch Schläge und Tritte brutal getötet hatten, gibt es auch weiterhin nicht. „Der Sachstand ist unverändert“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Die bislang 19 Hinweise, die bei der Mordkommission eingegangen sind, werden derzeit abgearbeitet.

Wer hilft den Opfern?

Frank Henkel will, dass sich die Bürger wieder sicher fühlen.
Frank Henkel will, dass sich die Bürger wieder sicher fühlen.
© dapd

Der neue Berliner Opferbeauftragte Roland Weber hat unterdessen bisher keinen Kontakt zu der Familie des ermordeten Jonny K. – er selbst würde von sich aus auch nicht den Kontakt suchen. „Es wäre unangemessen, sich den Leuten aufzudrängen“, sagte Weber dem Tagesspiegel. Falls die Familie sich an ihn wende, werde er jede verfügbare Hilfe vermitteln. Weber hat erst am vergangenen Freitag sein neu geschaffenes Amt angetreten, das bundesweit ohne Vorbild ist. Es ist ein Ehrenamt; hauptberuflich ist der Mittvierziger Rechtsanwalt. Grundsätzlich besteht seine Aufgabe eher darin, die bestehenden Hilfsangebote zu koordinieren und verfügbar zu machen.

Die Auswahl an Hilfsangeboten ist in Berlin weit gefächert und sehr unübersichtlich, dem will Weber abhelfen: „Manches findet man über die Innenverwaltung, manches bei der Justiz, das ist ja gar nicht zumutbar“, so Weber. Herzstück soll eine Webseite werden, auf der sich Opfer von Straftaten einen Überblick über ihre Möglichkeiten verschaffen können.

Wenn Sie denn wollen. „Viele sind nicht bereit, Hilfe anzunehmen“, sagt Hans-Günter Mahr, Berliner Vizechef des Weißen Rings. Genau wie Weber kennt er die Berliner Hilfslandschaft genau. Sein Vorteil: „Wir sind die einzige Organisation, die Geld hat“, so Mahr. Der Weiße Ring gibt an Opfer von Straftaten auch Schecks im Wert von 150 Euro für Erstberatungen beim Anwalt oder Therapeuten aus. Armen Rentnern ersetzt er auch mal die geraubte Rente.

Ganz besonders schwer fällt es jungen Männern, Hilfe anzunehmen. Für sie gibt es seit 2010 ein spezielles Angebot der Berliner Opferhilfe. Es heißt „Reset One“ – das „Opfer“ im Namen ist für die auf Coolness bedachten Jugendlichen unattraktiv. Der Gedanke, man könne nach einem Gewalterlebnis die „Reset“-Taste drücken und alles auf Anfang setzen, ist da schon besser. „Oft ruft trotzdem eher eine Lehrerin an als der Schüler selbst“, sagt Beraterin Antje Gentzmann. „Reset One“ ist unter 3433 1715 zu erreichen.

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