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Der alte und der neue? Michael Müller (rechts) will wohl Nachfolger von Jan Stöß als SPD-Landesvorsitzender werden.
© imago/IPON
Update

Regierender Bürgermeister in Berlin: Müller will Stöß als Berliner SPD-Chef verdrängen

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller will den SPD-Landesvorsitz zurück. Ob es zur Kampfabstimmung mit Amtsinhaber Jan Stöß kommt, ist offen.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller will Jan Stöß wieder im Amt des SPD-Landesvorsitzenden ablösen. Er trete auf dem Parteitag in drei Wochen zur Wahl an, sagte Müller am Mittwoch am Rande eines Treffens der ostdeutschen Regierungschefs im vorpommerschen Stolpe.

„Ich glaube, dass es jetzt richtig ist, die Führungsfrage eindeutig zu klären“, begründete Müller seine Kandidatur. Es sei ein übliches Modell, dass der Ministerpräsident auch der Landesparteivorsitzende ist. Nicht nur für die Zeit des Wahlkampfes, sondern auch für die Zeit danach sei es gut, Eindeutigkeit zu haben.

In Berlin wird am 18. September ein neuer Landtag gewählt. 2012 hatte Müller das Amt des SPD-Vorsitzenden an Stöß verloren. Beim Dreikampf um das Amt des Regierenden Bürgermeisters hatte er sich Ende 2014 dann aber deutlich gegen Stöß durchgesetzt.

Müller hat Stöß nach eigenen Angaben über seine Kandidatur informiert. „Wir sind schon seit Wochen im Gespräch.“ Auf die Frage, ober er eine Kampfkandidatur erwarte, sagte Müller: „Der Vorsitzende muss nun sehen, wie er damit umgeht.“

Entscheidung vor der Wahl am 18. September

Der Lichtenberger SPD-Kreischef Ole Kreins sagte dem Tagesspiegel: "Ich finde die Kandidatur Müllers gut." Das kläre innerparteilich Einiges, der SPD-Landesverband müsse in Zukunft geschlossener auftreten. Das seien die Lehren aus den jüngsten Landtagswahlen. Auch die Kreischefs von Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick, Harald Georgii, Dilek Kolat und Oliver Igel erklärten bereits ihre Unterstützung für Müller. Ebenso der SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Die Parteiführung wird am 30. April auf einem Landesparteitag turnusmäßig neu gewählt. Parteiintern wird davon ausgegangen, dass der bisherige SPD-Landeschef Jan Stöß nicht mehr antritt und Müller wieder den Vorsitz übernimmt.

Ob der amtierende SPD-Landeschef Jan Stöß in einer Kampfkandidatur ebenfalls antreten will, ist noch offen, gilt aber als unwahrscheinlich. Stöß will dazu erst am Donnerstag eine Erklärung abgeben und sich vorher mit Familie und Freunden beraten. „Die Berliner SPD ist jetzt in keiner einfachen Situation", teilte Stöß mit. Ihm gehe es um den Erfolg der SPD und darum, "wie wir diesen Erfolg gemeinsam erreichen können". Dazu wolle er weiter seinen Beitrag leisten.

Der überraschende Schritt bedeutet, dass der Regierende Bürgermeister wenige Monate vor der Abgeordnetenhauswahl die innerparteiliche Macht in der SPD an sich reißt. Am Montag hatte bereits Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel, ein enger Vertrauter Müllers, seine Kandidatur als stellvertretender SPD-Landeschef angekündigt.

Müller geht es offenbar darum, die Wahlkampfführung in eigene Hände zu legen und nach der Wahl am 18. September auch maßgeblichen Einfluss auf die Auswahl des Koalitionspartners und des künftigen Regierungsprogramms nehmen zu können.

Vorgesehen war eigentlich, dass der bisherige SPD-Landesvorstand, jedenfalls der Vorsitzende, seine vier Stellvertreter und die Landesschatzmeisterin auf dem Parteitag im Amt bestätigt werden. Die Absicht Müllers, den Parteichef und Sprecher des linken SPD-Flügels, Jan Stöß zu verdrängen, bringt viereinhalb Monate vor der Wahl große Unruhe in die Regierungspartei hinein. Einzelne SPD-Funktionäre sprechen sogar von einem "Himmelfahrtskommando". Schon die kurzfristig angekündigte Kandidatur Geisels als Vize-Landeschef sei schwierig.

Der designierte Spitzenkandidat der Berliner Sozialdemokraten war bereits von 2004 bis 2012 Landeschef der SPD und wurde dann durch eine neue innerparteiliche Mehrheit um den jetzigen Parteivorsitzenden Stöß und den SPD-Fraktionschef Raed Saleh abgewählt. Seitdem Müller Regierender Bürgermeister ist, gab es immer wieder Gerüchte, er wolle auch die Partei führen. Jetzt scheint Müller entschlossen zu sein, diesen Plan zu realisieren. Seine Partei wird ihm dies schwerlich verweigern können, da sie ansonsten ihren Regierungschef und Spitzenkandidaten schwer beschädigen würde. Andererseits reißt der Entschluss Müllers im SPD-Landesverband alte Gräben wieder auf.

Freude bei der CDU

In CDU-Kreisen wird über die neue Zerrissenheit des Koalitionspartners und Wahlkampfgegners SPD frohlockt. „In Anbetracht ständig neuer Vorwürfe scheint Michael Müller nervös geworden zu sein, kommentierte der CDU-Generalsekretär Kai Wegner die Entscheidung Müllers. Wie sich die SPD intern aufstelle, müsse sie aber selbst entscheiden. "Uns als Union ist wichtig, dass die Regierungsarbeit nicht erneut unter den SPD-internen Machtkämpfen leidet." Bei der CDU seien alle Führungsentscheidungen getroffen. "Wir sind der verlässliche Partner für eine stabile Regierung und ein starkes Berlin.“ (mit dpa)

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