In Berlin getöteter Israeli: Mordkommission sucht Zeugen für Bluttat am Karsamstag
Der junge Mann, der am Ostersonntag in der Kirchenruine in Mitte tot aufgefunden wurde, ist identifiziert. Es handelt sich um den 22-jährigen Israeli Yosi Damari aus der Nähe von Tel Aviv. Er wurde schon am Samstagabend umgebracht.
Die Identität des jungen Mannes, der am Ostersonntag in der Kirchenruine an der Littenstraße in Mitte getötet aufgefunden wurde, ist inzwischen geklärt. Es handelt sich um den 22-jährigen israelischen Staatsangehörigen Yosi Damari. Erste Hinweise auf seine Identität ergaben sich durch einen beim Leichnam aufgefundenen Reisepass. In Zusammenarbeit mit der israelischen Botschaft in Berlin konnte die Polizei die Identität des Leichnams durch einen DNA-Abgleich heute zweifelsfrei feststellen.
Die bisherigen Ermittlungen ergaben, dass die Tat bereits am Ostersamstag, 4. April, zwischen 17 und 21 Uhr verübt wurde. Der Leichenfundort soll auch der Ort des Verbrechens sein. Zu den Tathintergründen liegen noch keine Erkenntnisse vor. Die Polizei ermittelt in alle Richtungen und sucht nach Zeugen, die etwas über Damaris Aufenthalt in Berlin wissen oder am Samstag in der Nähe der Franziskaner-Klosterkirche Verdächtiges bemerkt haben.
Israelischer Sender berichtet von einem Tatverdächtigen
Dass es – wie der israelische Nachrichtensender i24news berichtet – bereits einen Tatverdächtigen gibt, mit dem Damari noch am Samstag gesehen wurde, wollte ein Polizeisprecher gegenüber dem Tagesspiegel am Donnerstag nicht kommentieren. Der Sender hatte auch berichtet, dass der Verdächtige weder Deutscher noch aus dem Nahen Osten gewesen sei.
Das Motiv der Tat ist nach wie vor völlig unklar. Derzeit gibt es wohl keine Hinweise darauf, dass Antisemitismus eine Rolle spielte. Rabbiner Yehuda Teichtal, in dessen Gemeinde Damari noch am Tag vor der Tat um Hilfe bat, sagte dem Tagesspiegel: „Er war rein äußerlich gesehen, zumindest auf den ersten Blick nicht als Jude erkennbar. Sprach aber natürlich Hebräisch.“ Teichtal ist der Leiter der jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft Chabad Lubawitsch in Berlin. Sie hat auch eine Zweigstelle in Mitte, bei der Damari am Freitag vorstellig wurde.
Der Leiter der Konsularabteilung der Botschaft, Eyal Siso, hatte sich auch schon ähnlich gegenüber der israelischen Zeitung „Haaretz“ eingelassen. Demnach habe sich der junge Mann mit einem „technischen“ Problem an die Botschaft gewandt und um finanzielle Hilfe gebeten. Ein Vorfall, den es in der Botschaft wohl wöchentlich gäbe. Auch laut Siso sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Tat nationalistisch oder antisemitisch motiviert war. Man gehe wohl von einem kriminellen Hintergrund aus.
Opfer soll zunächst nach Köln gekommen sein
Laut israelischen Medien soll Yosi Damari aus der Stadt Petach Tikwa stammen, wenige Kilometer von Tel Aviv entfernt. Vor einem Monat war er angeblich zunächst nach Köln gekommen, habe dann aber die meiste Zeit in Berlin verbracht. Laut Botschaft hatte Damari am Karfreitag in der Vertretung seines Heimatlandes Hilfe gesucht. „Es ging darum, seine Familie in Israel zu kontaktieren, damit sie ihm bei dem Erwerb eines Flugtickets behilflich sein konnte“, teilte die Botschaft mit.
Diplomat Siso sagte im Gespräch mit i24news, Damaris Handy sei gestohlen worden, weshalb der Kontakt mit der Familie abgebrochen sei. Der Konsul kontaktierte das Chabad Center in Mitte, das Damari ein Zimmer im Hostel im selben Gebäude besorgte. „Außerdem haben wir ihn für Freitagabend zum Essen eingeladen“, sagte Rabbiner Teichtal: „Aber er ist nicht gekommen.“
Am Sonntag war der Leichnam des jungen Mannes in der Klosterruine an der Grunerstraße unweit des Roten Rathauses gefunden worden. Eine Polizeisprecherin hatte am Mittwoch lediglich bestätigt, dass bei der Leiche ein Pass gefunden wurde. Ob dieser dem Opfer gehörte, habe wegen dessen schwerer Verletzungen jedoch noch nicht festgestellt werden können. Die Polizei hatte wie üblich bei ausländischen Toten die Botschaft informiert, in diesem Fall um Vermittlung einer DNA-Vergleichsprobe gebeten.
Nachricht hat sich auch in Israel und den USA verbreitet
Die Nachricht aus Berlin wurde am Mittwoch und Donnerstag auch von Zeitungen aus Israel und den USA verbreitet. „Israeli in Berlin totgeschlagen“, titelte die israelische Zeitung „Haaretz“ in ihrer Online-Ausgabe. Der Fall ist nur einer von drei Todesfällen von Israelis im Ausland in dieser Woche. Am Mittwoch ist ein 12-jähriges Mädchen bei einem Brand auf einem Ausflugsschiff in Thailand ums Leben gekommen, berichten israelische Medien. Einige Stunden später starb ein junger Israeli Anfang 20 bei einem Ausflug in Peru, nahe dem Machu Pichu.
Die „New York Times“ veröffentlichte einen Bericht der Nachrichtenagentur Associated Press, in der ebenfalls Rabbi Teichtal zitiert wurde und erklärt ihren Lesern noch, dass Berlin als einstige Hauptstadt des Nazi-Reiches inzwischen zu einem populären Ziel für israelische Touristen geworden sei. Zwischen 20.000 und 30.000 Israelis seien in den vergangenen Jahren hier hergezogen, meist Jüngere.
Wie Tatort und Umfeld aussehen
Die Leiche war am Sonntagmorgen hinter den Mauern der historischen Ruine entdeckt worden. Der Backsteinbau zwischen Litten- und Klosterstraße ist ein Ort abseits, aber mitten im Zentrum. Rathaus- und Fernsehturm markieren den Horizont. Clubs am Alexanderplatz, vor denen 2012 der 20-jährige Jonny K. totgetreten wurde, sind nah. An dem Bauzaun, der längs der breiten Grunerstraße archäologisches Terrain absperrt, hängen Schock-Plakate der „Berliner Stadtmusikanten“, die „Drogen-Transparenz“ fordern. Die umzäunte, von einem Förderverein bespielte Ruine soll ab 15. April zum Saisonstart wieder geöffnet werden, einsehbar ist sie jetzt schon. Im Kirchenschiff steht eine gesichtslose Skulptur.
Zur Nachbarschaft des Tatorts Ruine gehören an der Littenstraße der neobarocke Landgerichtsbau und Berlins ältestes Lokal „Zur letzten Instanz“ von 1621. Auf der Klosterstraßen-Seite befinden sich ein U-Bahneingang und der Kastenbau am Eck, Nr. 44: ein Freies Atelierhaus, ein Szene-Refugium für Theater und Kunst. Von hier aus hat man einen Ausblick auf die Ruine. An der Fassade rostet Metall, verdrecken Steinplatten, verschmieren Scheiben.
Neben der Ruine stehen drei Skulpturen. Eine Jahreszahl, 1978, ist an der „Pietá, gewidmet den Lebenden“ angebracht. Am 3. April 1945 war Berlins schönste gotische Basilika zerstört worden, von „anglo-amerikanischen Bombern“, wie eine Zeittafel dokumentiert. Dort wird auch vermerkt, dass Reste der allerersten Feldsteinkirche von 1250 an der Nordwand zu sehen sind; dass im 18. Jahrhundert das Graue Kloster ein „Zentrum deutsch-russischer Beziehungen“ gewesen sei und während der Befreiungskriege ein Lehrort für Turnvater Jahn. Auf den Stufen, die zum Kirchenportal herabführen, liegen modrige Blätter, Scherben, ein leeres Jägermeisterfläschchen, ein Arbeiterhandschuh. Passanten schlendern zum Tatort, reden darüber. Eine Baustelle lärmt, der Verkehr rauscht. Am Ostersonntag sehr früh mag es hier ziemlich still gewesen sein.
Die Fragen der Mordkommission:
- Wer kannte das Opfer und kann Angaben zu seinem Aufenthalt in Berlin machen?
- Wer hat am Ostersamstag zwischen 17 und 21 Uhr im Bereich der Kirchenruine in der Littenstraße oder Umgebung verdächtige Wahrnehmungen gemacht?
- Wer kann sonst sachdienliche Angaben machen?
Hinweise nehmen die Ermittler der 6. Mordkommission des Landeskriminalamtes Berlin in der Keithstraße 30 in Tiergarten unter der Telefonnummer 030 / 4664 - 911 666 oder jede andere Polizeidienststelle entgegen.
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