zum Hauptinhalt
2006 in Moabit verschwunden: Georgine Krüger, damals 14 Jahre alt.
© Polizeifoto
Update

Festnahme nach zwölf Jahren: Mord an Georgine Krüger: Verdeckter Ermittler überführt Familienvater

Der Fall Georgine Krüger – eines der mysteriösesten Verbrechen in Berlin. Ein 43-Jähriger Familienvater wurde nun gefasst. Er war der Polizei bekannt.

Die Berliner Polizei hat einen 43 Jahre alten Mann festgenommen. Er ist dringend verdächtig, die zur Tatzeit 14-jährige Georgine Krüger am 25. September 2006 in Berlin-Moabit getötet zu haben. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, griffen die Spezialkräfte am Dienstagmorgen in Moabit zu. Es handelt sich um einen Familienvater. Der Deutschtürke wohnt in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Wohnung, in der Georgine bis zu ihrem Tod gelebt hat.

Die Berliner Fahnder waren dem Mann nach mehr als zwölf Jahren durch einen verdeckten Ermittler auf die Spur gekommen. Anlass waren Hinweise, die 2017 bei der Polizei eingegangen waren. Die 6. Mordkommission entschied sich dann, einen Undercover-Spezialisten auf den 43-Jährigen anzusetzen. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, sagte am Dienstag: Aufgrund von Verdachtsmomenten, dass der Familienvater der Mörder von Georgine Krüger sein könnte, sei ein verdeckter Ermittler hinzugezogen worden.

Verdeckter Ermittler seit 2017 im Einsatz

Der Ermittler ist dem Deutsch-Türken offenbar sehr nahe gekommen. Die Staatsanwaltschaft deutete an, dass der verdeckte Ermittler Tonaufnahmen von Gesprächen mit den mutmaßlichen Täter gemacht hat. Diese Aufzeichnungen mit Äußerungen zur Tat hätten bei den Ermittlungen "den Knoten zum Platzen gebracht".

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dazu passt ein auffälliges Verhalten des 43-Jährigen zur Tatzeit. Das ergibt sich aus den Bewegungsprofilen, die die Ermittler durch Funkzellenabfragen erstellt haben. Zugleich hat die Mordkommission das Telefon des Mannes überwacht. Hinzu kommen weitere Verdachtsmomente: Der mutmaßliche Täter und das Opfer seien unmittelbare Nachbarn gewesen, "lebten Tür an Tür", sagte Steltner.

Zudem ist der Mann schon einmal wegen eines Sexualdelikts verurteilt worden und kein Unbekannter für die Polizei: Er war 2012 vom Amtsgericht Tiergarten wegen sexueller Nötigung einer Jugendlichen verurteilt worden. Er hatte laut Urteil 2011 versucht, ein 17-jähriges Mädchen in das Miethaus in Moabit, dort in seinen Keller zu locken und "sexuell zu missbrauchen", wie Steltner sagte.

Bislang keine Angaben zum Verbleib des Leichnams

Die Ermittler gehen davon aus, dass der 43-Jährige genauso bei Georgine Krüger vorgegangen ist. Als das Mädchen am 25. September 2006 aus dem Bus stieg, soll er sie "von der Straße ins Haus gelockt und dort getötet haben". Und zwar in jenem Kellerraum, in dem er 2011 versucht hat, eine 17-Jährige zu vergewaltigen. "So wie es aussieht, ist Georgine Krüger noch am Tag ihrer Entführung getötet worden", sagte Steltner.

"Es besteht der dringende Verdacht, dass der Mann Georgine Krüger aus sexuellen Motiven auf ihrem Heimweg von der Schule abgefangen, in seinen Keller in Berlin-Moabit gelockt und sie dort getötet hat. Die Leiche des Mädchens ist bislang noch nicht gefunden worden." Die Ermittler sind sich auch nicht sicher, ob der Leichnam jemals gefunden wird.

In der Stendaler Straße wurde der Tatverdächtige am Dienstagmorgen verhaftet.
In der Stendaler Straße wurde der Tatverdächtige am Dienstagmorgen verhaftet.
© Sven Goldmann

Dennoch sei die Verhaftung ein großer Erfolg "und für die Angehörigen eine Erleichterung, weil es nun eine gewisse Sicherheit gibt". Die Familie sei am Dienstagmorgen über die Festnahme informiert worden, sagte Steltner. Am Morgen rückte die Polizei in der Stendaler Straße an, auch Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) waren dabei, weil es Hinweise auf Waffen im familiären Umfeld des Mannes gegeben habe. Die Verhaftung sei dann aber unspektakulär verlaufen. Richter hatten bereits einen Haftbefehl ausgestellt, der sollte dem 43-Jährigen noch am Dienstag vom Richter verkündet werden. "Die Beweislage ist nicht schlecht", sagte Steltner.

Der Mann stand schon einmal im Visier der Ermittler - auch wegen seiner Verurteilung von 2012. Doch dem Mann konnte dennoch zunächst nichts nachgewiesen werden. Der 43-Jährige sei vor Jahren bereits als Zeuge vernommen worden, hieß es. Damals habe er angegeben, Georgine nicht gekannt zu haben.

Sie verschwand um 13.50 Uhr in Moabit

Das Verschwinden von Georgine Krüger war eines der mysteriösesten Verbrechen in Berlin: Das Mädchen verschwand am helllichten Tag an der BVG-Haltestelle. Sie kam damals im Herbst 2006 von der Schule, stieg gegen 13.50 Uhr an der Perleberger Ecke Rathenower Straße in Moabit aus dem Bus der Linie M27 und wurde dort zum letzten Mal von Zeugen gesehen – danach wurde sie nicht mehr gesehen.

Es war zudem eines dieser Verbrechen, das keinen Berliner kalt gelassen hat – der Name Georgine Krüger ist stadtbekannt.

Im Mai sagten Fahnder: "Keine Ruhe, bis der Fall geklärt ist"

Die Polizei ging mehr als 300 Hinweisen nach, durchsuchte Keller und Dachböden im Kiez – ohne Erfolg. Auch spezielle Suchhunde waren im Einsatz. Erst im Mai 2018 berichteten wir im Tagesspiegel über die Ermittler, die immer und immer wieder die Spur aufnahmen: "Er und seine Kollegen werden nicht ruhen, bis der Fall geklärt ist“, schrieb damals die Polizei. Und einer der Fahnder sagte: „Wir warten auf die nächste Chance.“

Martin Steltner berichtet auf einer Pressekonferenz von einer Festnahme im Fall der vermissten Georgine Krüger.
Martin Steltner berichtet auf einer Pressekonferenz von einer Festnahme im Fall der vermissten Georgine Krüger.
© dpa

Damals hatte ein anonymer Anrufer sich über den Notruf mit der Polizei in Verbindung gesetzt. Er machte so schlüssige Angaben, dass die Ermittler entschieden, nach Brieselang zu fahren, in jenes Waldstück, das 5000 Quadratmeter groß ist und das sie nun Stück für Stück durchsuchten. Mit Leichenspürhunden und Drohne und 20 Polizisten. Vergebens.

Mutter trat bei "Aktenzeichen xy ..." auf

Im Oktober hatte sich die Mutter im Fernsehen geäußert, zwölf Jahre nach der Tat. Georgine wäre heute 26 Jahre alt. Die Mutter sprach bei "Aktenzeichen XY ... ungelöst" ("Ihr großer Traum war, Schauspielerin zu werden").

Mit der Familie steht die Berliner Polizei auch zwölf Jahre danach in engem Kontakt. "Ein Ermittler versuchte, auch als das Verschwinden von Georgine Krüger zum 'Cold Case' wurde, neue Ermittlungsansätze zu finden. Dabei hielten die Ermittler zugleich immer den Kontakt zur Familie der Vermissten aufrecht und unterstützten die Angehörigen mit psychologischem Beistand."

Schlusswort der Polizei: "Dem Beschuldigten wird der Haftbefehl wegen Mordes verkündet. Die Ermittlungen, insbesondere zum Verbleib der Leiche von Georgine Krüger, dauern an."

Zur Startseite