Flüchtlinge auf Dach in Berlin-Friedrichshain: Monika Lüke: Blockade der Flüchtlinge unangemessen
Ohne Nahrung und Strom harren die Flüchtlinge im Hostel in der Gürtelstraße in Friedrichshain aus - das findet die Integrationsbeauftragte "unangemessen und unnötig". Am Vormittag besetzten Dutzende Unterstützer die Senatsverwaltung für Arbeit und Integration.
Die neun Flüchtlinge harren seit mittlerweile sechs Tagen auf dem Dach eines Hostels in der Gürtelstraße in Friedrichshain aus – ohne Essen, ohne Strom, in der Hoffnung, die Behörden dazu zu bewegen, erneut ihre Asylverfahren zu prüfen. Ein freiwilliger Hungerstreik ist das nicht. Die Polizei aber lässt niemanden hoch, um die Männer mit Lebensmitteln zu versorgen. Nur Wasserflaschen werden ab und zu überreicht.
Die Integrationsbeauftragte des Senats, Monika Lüke, sagte dem Tagesspiegel: "Ich finde es unangemessen und unnötig, dass nicht einmal Seelsorger zu den Flüchtlingen auf das Dach dürfen." Insgesamt sei die Lage "nicht in Ordnung"; zumindest die Grundversorgung der Flüchtlinge solle sichergestellt sein, und Seelsorge könne helfen, die Situation zu lösen.
Am Montag besetzten Unterstützer der Flüchtlinge das Foyer der Senatsverwaltung für Arbeit und Integration. Wie die Polizei mitteilte, hielten sich 40 Unterstützer in dem Gebäude auf. Das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ will mit der Aktion nach eigenen Angaben auf die Situation der Flüchtlinge in Friedrichshain aufmerksam machen. Laut Sprecher Aljoscha Müller hängten die Aktivisten in der Eingangshalle Plakate auf und spielten Musik. Mittlerweile sollen die Aktivisten das Gebäude wieder verlassen haben. Über den genauen Ablauf gibt es noch Unklarheiten: Gegenüber dem Tagesspiegel sagte die Pressesprecherin von Arbeitssenatorin Dilek Kolat, Sozialsenator Mario Czaja habe von seinem Hausrecht Gebrauch gemacht. Die andere Seite behauptet, die Flüchtlinge seien freiwillig gegangen.
Unterstützerinnen erzählen, dass die Flüchtlinge in Töpfen Regenwasser zum Trinken sammelten. Immer wieder telefonieren sie mit den Flüchtlingen, für Sonntagnachmittag wollten sie eine Pressekonferenz per Handy organisieren. Das klappte nicht, die Mobiltelefone der Flüchtlinge funktionierten nicht mehr, die Akkus waren leer. Die Frauen hatten ein Telefonat vom Vorabend aufgezeichnet. Darin erzählt Mohamed, einer der Männer auf dem Dach, Polizisten hätten ihnen das Angebot der Senatsverwaltung übermittelt, eine Woche in einem Hotel unterzukommen, wenn sie das Hostel verließen. Wie es dann weitergehen soll, sage die Polizei aber nicht.
Die Flüchtlinge wollen bleiben. „Wir brauchen Unterstützung von den Bürgern Berlins“, sagt Mohamed auf dem Band. „Sie haben den Senat gewählt, sie können Druck machen.“
Am Sonntagmittag geht ein Aufruf über Twitter, es würden Menschen vor Ort gebraucht. Ab 17 Uhr zogen dann laut Polizei etwa 1000 Unterstützer der Flüchtlinge vom S-Bahnhof Warschauer Straße zum Hostel in der Gürtelstraße. Dort endete die Demonstration nach 19 Uhr mit einer Abschlusskundgebung. ,,Es blieb alles friedlich", teilte ein Polizeisprecher mit.
Die Flüchtlinge auf dem Dach fordern weiterhin Gespräche mit Verantwortlichen des Senat. Doch die Polizei allein führt die Gespräche im Auftrag des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (Lageso). Sie hofft, dass die Männer freiwillig das Hostel verlassen, eine Frist gibt es nicht. Die Beamten lassen weder Politiker noch Anwälte oder Kirchenmitglieder zu ihnen hinauf.
Gericht bestätigt die Argumentation der Polizei
Das Berliner Verwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung am Freitag in einem Eilverfahren: „Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit garantiert keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind“, heißt es zur Begründung in einer Mitteilung der Senatsverwaltung für Justiz. Auch sei ein Gebäudedach „kein geeigneter Versammlungsort, weil sich die möglichen Versammlungsteilnehmer dort in Lebensgefahr“ begeben. Da einige Protestierer auf dem Dach damit gedroht hätten, sich vom Gebäude zu stürzen, sieht das Gericht eine „Absicherung des Hausgrundstücks durch Polizei und Feuerwehr zur Gefahrenabwehr dringend erforderlich“.
Auch die im Antrag geforderte Versorgung der Flüchtlinge mit Lebensmitteln und Getränken wurde abgelehnt. Mit der Begründung: Demonstranten sei es „stets zuzumuten, sich selbst um ihre Versorgung zu kümmern“. Das Gericht schloss sich der Argumentation der Polizei an, es stehe den Männern frei, das Gebäude zu verlassen, um zu essen und Kontakt zu Anwälten aufzunehmen. (mit dpa)