Bahn soll weniger als vier Stunden brauchen: Mit Tempo 300 von Berlin nach München
Bis Ende 2017 soll die Bahnstrecke ausgebaut sein. Dann geht’s flott nach München – und bis Süditalien. Allerdings nicht unbedingt für Passagiere, sondern vor allem für Fracht.
Mit Tempo 300 von Berlin zum Oktoberfest nach München: Bald soll es möglich sein. Im Dezember 2017 will die Bahn die Aus- und Neubaustrecke Berlin–Nürnberg, auf der die Züge mit 300 km/h rasen können, in Betrieb nehmen. Und derzeit liegt sie voll im Plan. Ziel ist es, in weniger als vier Stunden Berlin und München zu verbinden – wettbewerbsfähig mit dem Flugzeug. Allerdings nur mit Sprinterzügen, die unterwegs lediglich in Nürnberg halten. Die Regelzüge sind 4.20 Stunden unterwegs. Heute brauchen sie noch gut sechs Stunden. Die Bahn will ihren Marktanteil dann von 20 Prozent auf 40 Prozent steigern.
Ein Jahr früher soll der Verkehr auf dem Zwischenabschnitt Halle/Leipzig–Erfurt fertig sein. Die Fahrzeit von Berlin nach Erfurt verringert sich dann um 50 Minuten; nach Frankfurt(Main) brauchen die Züge 20 Minuten weniger.
Die Verbindung Berlin-Nürnberg gehört zu den 17 Verkehrsprojekten Deutsche Einheit (VDE), die der Bund bereits 1991 festgelegt hatte. Fertig sind inzwischen alle Straßenbauten und auch die meisten Bahnvorhaben. Verspätet hat sich dagegen unter anderem das Projekt VDE 8 von Berlin nach Nürnberg. Dort ruhten die Arbeiten jahrelang, weil die rot-grüne Bundesregierung das Projekt 1998 vorübergehend gestoppt hatte. Zwei Jahre nach dem Baubeginn. Zu teuer sei es – und es gebe auch keinen Bedarf für diese Schnellfahrstrecke, hatte man damals argumentiert. Die Kosten sind derzeit immerhin mit elf Milliarden Euro veranschlagt.
Testzug erreicht 330 km/h
Die Wende auf der Schiene kam dann 2005; die Arbeiten gingen weiter. 2006 wurde der – nicht gebremste – Ausbau des Abschnitts Berlin-Leipzig für Tempo 200 fertig. Im September fanden zwischen Halle/Leipzig und Erfurt die ersten Messfahrten statt. Zunächst ganz vorsichtig – mit 40 km/h. Von Fahrt zu Fahrt machte der Testzug mehr Tempo, bis 330 km/h erreicht waren. Im Regelbetrieb wird später mit Tempo 300 gefahren.
Gebaut wird noch in den Bahnknoten Leipzig, Halle und Erfurt, sagte Projektsprecher Frank Kniestedt bei einer von der Bahn organisierten Besichtigungsfahrt am Mittwoch. So werden in Leipzig drei Bahnsteige verlängert – mit einem besonderen Gruß nach Berlin: Die rund 80 Meter aus der Halle ragenden Bahnsteige erhalten auch dort kein Dach. So wie am Berliner Hauptbahnhof, wo die Bahn das Dach verkürzt hat, und wie am Ostkreuz, wo der neue Regionalbahnsteig auch nicht überdacht werden soll.
Zehn Milliarden Euro für Tunnel unter dem Brenner
Fast keiner Witterung ausgesetzt sind zumindest zwischen Erfurt und Ebensfeld dagegen die Züge. Sie fahren dort meist durch Tunnel und über Brücken. Hier werden die Arbeiten frühestens Ende 2017 abgeschlossen sein. Noch nicht komplett fertig sein wird der Ausbau weiter bis Nürnberg, auf dem zwei zusätzliche Gleise gebaut werden. Die Fahrzeit werde sich dadurch aber nur um wenige Minuten verlängern, verspricht der Berliner Bahnchef Ingulf Leuschel.
Weitergebaut wird auch in Österreich und Italien. Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 8 gehört zu den von der EU festgelegten europäischen Netzen und ist Bestandteil einer Achse von Skandinavien über Rostock, Berlin und München weiter bis Palermo. Größter Brocken hier ist der Bau eines Tunnels unter dem Brenner. Zehn Milliarden Euro werden die Röhren kosten. 2026 sollen sie fertig sein. Durchgehende Züge im Personenverkehr von Berlin bis Süditalien wird es aber nicht geben, profitieren soll von der Langstrecke der Güterverkehr.