Gottesdienst im Berliner Dom nach Corona-Lockerung: Mit Maske, Musik und Mindestabstand
Im Berliner Dom fand der erste öffentliche Gottesdienst nach der Corona-Unterbrechung statt. 50 Gläubige durften kommen. Nur eines war nicht erlaubt.
50 große weiße Zettel liegen verteilt in den Bänken des Berliner Doms. Auf jedem Zettel ist mit schwarzer Farbe ein Häkchen gedruckt. Wo ein Häkchen liegt, dürfen sie sitzen, die 50 Gottesdienstbesucher, die am Sonntag am ersten live in der Kirche gefeierten Gottesdienst teilnahmen.
Denn auch die Kirchen müssen sich in der Corona-Krise an Abstands- und Hygieneregeln halten: Die Besucher des Gottesdienstes tragen Schutzmasken, und alle mussten sich zuvor im Gemeindebüro namentlich anmelden.
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Doch wer sich in der Kirche umsieht, blickt vor allem in freudig leuchtende Augen. „Es ist schön, dass es wieder losgeht“, sagt Jürgen Chrobog, der mit seiner Ehefrau in den Gottesdienst gekommen war.
In einer der ersten Reihen haben sie Platz genommen, rund um sie herum sind mehr als zwei Meter Abstand zu den nächsten Gottesdienstbesuchern. „Sie sind Stellvertreter für viele, mit denen wir durch das Internet und die Fernsehübertragung verbunden sind“, begrüßt Domprediger Thomas C. Müller die Besucher.
400 bis 600 Menschen sieht er normalerweise vor sich, wenn er an einem Sonntag im Berliner Dom den Gottesdienst leitet. Doch die Berliner Corona-Eindämmungsverordnung erlaubt auch der Domgemeinde nur 50 Gottesdienstbesucher – obwohl in der Kirche mit ihren deutlich über 1.000 Plätzen auch die doppelte Zahl von Menschen unterzubringen wäre, ohne dass irgendwer auch nur im Entferntesten in die Gefahr geriete, gegen irgendeine Abstandsregel zu verstoßen.
Die Gemeinde durfte nicht singen
Und noch etwas war anders, als an einem normalen Sonntag: Die Gemeinde durfte nicht singen. Die Lieder waren zwar in einem Liederheft zum Mitlesen ausgedruckt und die Orgel spielte, aber das Ensemble der Domkantorei übernahm stellvertretend den Gesang. „Das Singen stellt ein Infektionsrisiko dar“, sagte Domprediger Müller, der sich in seiner Predigt an die Gottesdienste erinnerte, die sonst im Berliner Dom stattfinden. „Das waren nicht nur Veranstaltungen, die ein Einzelner am Altar abhielt: Man spürte, dass sich alle einbrachten.“
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Am Sonntag blieb der Gemeinde nur, zuzuhören, und gemeinsam das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser zu sprechen. „Wir können aber einen Raum in uns öffnen, um Gottes Wort Widerhall finden zu lassen“, sagte Müller. Das führe zu einer Beziehung, die trage und Hoffnung gebe. „Wenn wir diesen Widerhall auch für andere erkennbar machen können, können wir uns gegenseitig ermutigen und stützen."
In der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche geht es Pfingsten los
Anderswo in Berlin fand der Gottesdienst dagegen auch an diesem Sonntag nur im Internet statt: Die Gemeinde der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche hatte sich trotz der Öffnungen bewusst entschieden, erst Pfingsten wieder mit Live-Angeboten in ihrer Kirche zu beginnen. Dies tue man aus Solidarität „mit jenen Menschen, die – aus welchen individuellen Gründen auch immer – nicht an einem solchen Gottesdienst teilnehmen sollten oder wollen oder auch gar nicht könnten“, sagte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, Lutz-Helmut Schön, bereits Anfang der Woche.
An diesem Sonntag wurde der Gottesdienst auf der Website der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz übertragen. Und in den kommenden Wochen erhalten dann alle, die sich bei der Gemeinde dafür angemeldet haben, eine E-Mail mit einem Gottesdienst, den jeder dann zu Hause feiern kann.