Saubere Sache in Pankow: Mit Greifzange durch den Bezirk
Im Mauerpark sorgen die Aufräumer für Verwunderung: Müsst ihr eure Sozialstunden hier abbummeln?, fragen die Parkbesucher. Nein, alles freiwillig. Und nach dem Aufräumen wird bei der Aktion "Saubere Sache" noch gegrillt.
Mauerpark, Prenzlauer Berg
Zwischen den Sonnenbadenden blitzen junge Menschen in roten T-Shirts hervor. Mit Mülltüte und einem Greifer aus Holz schleichen sie durch den Mauerpark, den Blick gesenkt auf den Boden und sammeln Müll. Zwei von ihnen sind die Schwestern Frieda und Mirjam Oliva. Die beiden Schülerinnen wollen dabei helfen, dass der Park sauber bleibt. "Ich bin selber öfter hier, und der Müll stört mich auch", sagt die 16-jährige Frieda. Sie helfe aber nicht, weil sie auch etwas von einem sauberen Park habe. "Ich finde es wichtig, sich zu engagieren", sagt sie. Außerdem mache es Spaß, weil man etwas gemeinsam mache.
Von Parkbesuchern wurden die beiden oft angesprochen: Macht ihr das ehrenamtlich oder bekommt ihr dafür Geld? Müsst ihr eure Sozialstunden hier abbummeln? Vielen, denen sie dann die Aktion vorstellten, und erklärten, dass sie hier freiwillig sind, bedankten sich. "Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass jeder seinen eigenen Müll mitnimmt", sagt die 19 Jahre alte Mirjam.
Ins Leben gerufen hat die Saubermach-Aktion Christine Thumm. Das Aufräumprojekt ist Teil von "Serve the city", eine Bewegung, in der sich Freiwillige engagieren können. Für Thumm ist der heutige Tag etwas Besonderes. Denn mit dem Aktionstag "Saubere Sache" feiert "Serve the city" sein zweijähriges Bestehen. Deswegen wird nach dem Aufräumen noch gegrillt. Der Müll der dabei entstehe, werde natürlich weggeräumt, sagt Christine Thumm und lacht. "Ich liebe diese Stadt und sie sauber zu halten, ist meine Art es ihr zu zeigen."
Prenzlauer Berg: Die Hinterhof-Gartenfee
Grüner Hinterhof, Pankow/Weißensee
Alles muss winterfest gemacht werden: Der Wein braucht mehr Erde, das Blumenbeet muss umgegraben werden. Die Gartenfee, wie sie alle hier nennen, ist Eva Tetz. Die Berlinerin ist 81 Jahre alt und engagiert sich seit drei Jahren für "comes", einem Verein, der sich um Menschen mit geistigen und seelischen Behinderung kümmert.
Eva Tetz nimmt einen Ast nach dem anderen von einem Haufen, bricht sie durch, und wirft das Gestrüpp dann in einen Müllbeutel. Eine Freiwillige schneidet die Hecke und die Reste müssen vom Weg geräumt werden. Eine Klientin, wie hier Menschen mit Behinderung genannt werden, hilft ihr dabei.
Vor drei Jahren, auch am Aktionstag "Saubere Sache", hat Tetz mit anderen Freiwilligen den Garten gestaltet. Zuvor gab es hier nur gepflasterten Boden. Nun ziert den Hinterhof eine große Hecke, Wein rankt die Wand hinauf, ein großes Blumenbeet protzt mit seinen Farben. "Eine Zeit lang hatten wir hier auch Gemüse", sagt Eva Tetz. Doch wenn man für zehn Personen kocht, reiche die Ernte nicht aus. Außerdem könnten nun alle Klienten sehen, wie etwas wächst und die Natur genießen. Eva Tetz fühlt sich in dem Garten wie zuhause. Viele Pflanzen sind aus ihrem Garten. Sie hat sie hergebracht, als sie ihre eigenen aufgeben musste. Um so mehr freut sie sich, dass in "ihrem Reich" das Beet einen neuen Holzrahmen bekommt, und zwar einen höheren als zuvor. So können sie später Erde aufschütten, und die Blumen überstehen problemlos den Winter.
Arnswalder Platz - Prenzlauer Berg
Arnswalder Platz, Prenzlauer Berg
Während auf der Wiese eine Frau in Unterwäsche ein Sonnenbad nimmt, kauert Nicole Stiemerling im Rosenbeet. Mit einer Harke fährt sie unter den Boden, um das Unkraut zu entfernen. Seit vergangenen September ist die 42-Jährige dabei. Die Aktion „Saubere Sache“ im vergangenen Jahr war der Startschuss für die Gärtnerinitiative Arnswalder Platz.
Seitdem entfernt eine Gruppe Nachbarn Müll, harkt Laub und pflegt Beete. Für den heutigen Tag hat eine Anwohnerin Ableger für das Rosenbeet gespendet: Lavendel, Frauenmantel und Storchenschnabel. „Eigentlich ist die Pflege Aufgabe der Stadt“, sagt Carsten Meyer, Initiator des Projekts. Aber dem fehle Geld. Die Grundversorgung müsse der Bezirk weiter sicher stellen, andere Aufgaben können Nachbarn erledigen.
Noch mehr Prenzlauer Berg: Schule am Falkplatz
Falkplatz, Prenzlauer Berg
Mit Klappleitern, Wischmopp und Malerrollen kommen die Kinder und Eltern in die Schule am Falkplatz. Auch 60 Mitarbeiter der Berliner Bank sind dabei. „Guten Morgen“, ruft die Direktorin Carola Melchert allen Helfern zu und teilt jeden einer Arbeitsgruppe zu. Jonas und sein Vater weißen einen Klassenraum im ersten Stock. „Ich maler’ gerne“, sagt der Drittklässler. Doch bevor Jonas loslegen kann, guckt er seinem Vater zu, wie er mit einer Zange die Garderobenhaken abmontiert.
Jule Rösing klebt derweil mit Kreppband die Türrahmen ab. Die Mutter ist ohne ihren Sohn gekommen. Gerade seien sie umgezogen, und er habe genug vom Malern, sagt sie und lacht. „Wenn der Raum wieder weiß strahlt, hat die ganze Klasse etwas davon.“ Und da wollte sie unbedingt mithelfen.
Mehr aus Pankow: Farbe fürs Nachbarschaftszentrum
Zum 20-jährigen Jubiläum in diesem Jahr sollte das Café im „Amtshaus Buchholz“ mal so richtig aufgehübscht werden. Andrea Delitz, die Leiterin des Nachbarschaftszentrums in Französisch Buchholz in Pankow, besorgte ein paar Eimer Farbe und lud zum gemeinschaftlichen Wändestreichen ein. Delitz griff selbst zur Malerrolle und überdeckte das schmuddelige Weiß des Klubhauses mit sanftem Vanille.
In der Schwestereinrichtung, dem Stadtteilzentrum Pankow in der Schönholzer Straße, informierten die Mitarbeiter über ehrenamtliches Engagement im Bezirk. „Es ist gut, wenn Bürger sich für ihre Kieze interessieren. Das ist schließlich ihr Lebensumfeld“, sagt Delitz. „Jeder kann etwas beitragen, es lohnt sich.“
Ein Mann will Erich Weinert befreien
Erich-Weinert-Park, Prenzlauer Berg
Erst vor einem Monat hat Jens Oliver Reuß den Erich-Weinert-Park in der Nähe des Kulturzentrums „Brotfabrik“ entdeckt. Gleich am Eingang steht eine Büste des Schriftstellers. Auf dessen linken Wange zieht sich weiße Farbe bis in sein rechtes Auge. Und das ist nur eine Schmiererei. Reuß hat daher dazu aufgerufen, die Büste von Graffitis zu befreien. Aber niemand ist gekommen. „Traurig bin ich deswegen nicht“, sagt der 49-Jährige.
Es gebe so viele Aktionen in Berlin, bei denen viele helfen. Das allein zähle. Sauber machen will Reuß die Büste trotzdem. Er pinselt Graffitientferner auf einen Schriftzug an der Schulter, versucht ihn, wegzubürsten. Nur langsam geht die Farbe ab. Reuß wird mehrere Anläufe brauchen und hofft, dass die Büste nicht gleich wieder beschmiert wird.