U1-Verlängerung zum Ostkreuz: Mit der U-Bahn zum heimlichen Hauptbahnhof Berlins
Das Ostkreuz gehört bald zu den wichtigsten Stationen Deutschlands, heißt es. Die BVG würde die Hochbahntrasse der Linie U1 gern dorthin verlängern. Doch auch ein Tunnel zum Frankfurter Tor ist möglich.
Die U 1 ist die älteste Berliner U-Bahnlinie. Die berühmteste sowieso, wegen des Musicals Linie 1. Künftig könnte sie auch eine der attraktivsten Linien werden: „Das wäre eine geniale Verbindung, vom Ku’damm bis zum Ostkreuz“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Bisher endet die U 1 im Osten an der Warschauer Brücke. Doch die Planer denken ernsthaft über eine Verlängerung nach, zum Ostkreuz oder an die Frankfurter Allee. Das hätte große Vorteile: einen direkten Anschluss an die Ringbahn oder die U 5.
Die Netzstrategen von BVG und Deutsche Bahn arbeiten seit Jahren an Konzepten für eine Verlängerung der U 1. Doch bislang geschah das unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das ändert sich jetzt.
Neuer Bahnhof an der Modersohnbrücke
Die Senatsverwaltung für Verkehr prüft derzeit eine „Konzeptskizze“ für eine Verlängerung der U 1 bis zum Ostkreuz. Als längerfristiges Projekt sei das durchaus vorstellbar, sagte Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler. Auch eine Trasse zum U-Bahnhof Frankfurter Tor bleibe eine Option. Für Kostenanalysen und Zeitpläne sei es noch zu früh. Nach Einschätzung von Experten ist mit einer Konkretisierung erst zu rechnen, wenn die U 5 fertig ist, also nach 2019. „Wir würden das in jeder Weise positiv begleiten“, sagt Bahnsprecher Burkhard Ahlert. „Die Entscheidung liegt aber beim Land.“ Die baulichen und technischen Voraussetzungen „müsste man im Einzelnen prüfen“. Unsicher ist, ob die Bauarbeiten am Ostkreuz schon zu weit fortgeschritten sind, um noch einen U-Bahnhof integrieren zu können. Bisher waren solche Planspiele nicht berücksichtigt worden, bestätigte Ahlert.
Die BVG ist ebenfalls positiv gestimmt. „Das ist baubar, sagen unsere Ingenieure“, sagt Sprecherin Petra Reetz. Die Trasse würde als Hochbahn auf Stelzen geführt und „zwischen den Gleisen“ am Ostkreuz ankommen. Auf halber Strecke, an der Modersohnbrücke, sei ein neuer U-Bahnhof geplant. Dort gäbe es auch genügend Fahrgäste. Die Variante zum Frankfurter Tor werde bei der BVG dagegen nicht mehr verfolgt. „Da gibt es eine gute Straßenbahnverbindung.“
Der Sprecher des Fahrgastverbandes Igeb, Jens Wieseke, wagt schon mal eine Kostenschätzung. „Einen dreistelligen Millionenbetrag kostet das auf jeden Fall.“ Das Land wird versuchen, bei der Finanzierung erneut den Bund mit ins Boot zu holen, wie bei der „Kanzler-U-Bahn“, der U 5. Die wird wohl mehr als 500 Millionen Euro kosten, vor allem wegen der teuren Tunnelbauweise. Eine U-Bahn auf Stelzen kostet wesentlich weniger. Die Bahn müsste Flächen zur Verfügung stellen. Da sie aber von zusätzlichen Fahrgästen profitieren würde, dürfte das kein Problem sein. Die Kostenaufteilung bei der U 5 funktioniert so: Zwei Drittel Bund, ein Drittel Berlin.
"Eigentlich kommen die Überlegungen zehn Jahre zu spät"
Teurer, aber technisch einfacher wäre es nach Wiesekes Einschätzung, einen Tunnel bis zum U-Bahnhof Frankfurter Tor zu graben. Dort gebe es bereits ein Zwischengeschoss, das die U 1 aufnehmen könnte. Völlig unklar ist allerdings, wie die U 1 die Bahngleise von S- und Regionalbahn queren soll. Einer möglichen U-Bahnbrücke neben der Straßenbrücke steht der künftige S-Bahnhof im Weg. Die Empfangshalle mit neuem Übergang zur U-Bahn wird gerade gebaut.
„Eigentlich kommen die Überlegungen zehn Jahre zu spät“, kritisiert Wiesecke. Das Ostkreuz werde nach seiner Fertigstellung „zu den Top-Fünf der deutschen Bahnhöfe gehören.“ Mit 200 000 Fahrgästen am Tag spiele das Ostkreuz in der gleichen Liga wie die Hauptbahnhöfe von Berlin oder Frankfurt am Main. Das hätte die Politik noch gar nicht realisiert. Eine U-Bahn-Anbindung mache also durchaus Sinn.