Bauprojekt am Gleisdreieck: Millionär rettet Möckernkiez-Genossen
Seit Ende 2014 stehen unfertige Betonquader auf einer Wiese am Gleisdreieckpark. Eine Investruine? Jetzt gibt ein unbekannter Förderer ein 10-Millionen-Euro-Darlehen.
Ein weißer Ritter mit zehn Millionen Euro im Gepäck? Das klang selbst für die gutgläubigen Genossen wie ein Klischee aus einem Schundroman. Und doch ist er gekommen, der rettende Ritter, „einfach so“, sagt Frank Nitzsche, Vorstand der Genossenschaft Möckernkiez, die an der Südostecke des Kreuzberger Gleisdreieckparks Berlins größtes Genossenschaftsprojekt baut. Wobei von Bauen derzeit nicht die Rede sein kann. Seit Ende 2014 stehen vier offene Betonquader auf einer wuchernden Ökowiese und vermitteln das Bild einer Investruine.
Das Kapital der Genossen reichte den Banken nicht
Den Genossenschaftlern war das Geld ausgegangen, die Banken verweigerten die nötigen Kredite. Die geplanten Baukosten von 80 Millionen Euro für 460 Wohnungen plus Hotel in 17 Häusern erwiesen sich als zu knapp kalkuliert. Inzwischen wird mit 128 Millionen Euro gerechnet. Die von den Genossen eingezahlten Geldeinlagen reichten den Banken nicht, außerdem gab es Kritik an der basisdemokratischen Konstruktion der Genossenschaft und der kleinteiligen Vergabe der Bauaufträge.
Die künftigen Hausbesitzer mussten sich von einigen Eckpfeilern ihres Gemeinschaftsprojektes verabschieden. Das Grundstück für das Hotel soll in den nächsten Wochen verkauft werden, die weitreichende Mitbestimmung der Genossen wurde gekappt, außerdem ist ein Generalübernehmer unter Vertrag genommen worden, der das Projekt zu Ende bauen soll. Die Einflussmöglichkeiten auf den Bauablauf und die beteiligten Handwerker sind also nur noch gering.
Künftige Mieten erhöhen sich um 11 Prozent
Im August stimmten die Genossen außerdem einer schmerzlichen Erhöhung der künftigen Wohnungsmieten um knapp elf Prozent zu. Bei Mieten zwischen acht und zwölf Euro pro Quadratmeter plus die jeweiligen Geldeinlagen im fünfstelligen Bereich können sich nur noch gut verdienende Mittelständler das Genossenschaftsprojekt leisten. Der Gleisdreieckpark ist allerdings eine innerstädtische Toplage. Die Wohnungen auf der Westseite des Parks kosten bis zu 25 Euro pro Quadratmeter.
Trotz der Nachbesserungen beim Eigenkapital blieb es beim Baustopp, der die Genossen jeden Monat rund 45 000 Euro kostet. Überraschend meldete sich nun der vermögende Retter und erklärte sich bereit, ein Darlehen über zehn Millionen Euro zu gewähren, das im Insolvenzfall nachrangig bedient wird. Das würde die Finanzierungslücke laut Nitzsche ausreichend füllen. Motive und Identität des privaten Geldgebers sind geheim. „Er ist auf uns aufmerksam geworden und hat uns angesprochen“, sagt Nitzsche. Sollten keine neuen Hürden auftauchen, könnte der Bau Ende des Jahres weitergehen. Die drei fertigen Rohbauten machen nur 30 Prozent des Bauvolumens aus. Ende 2017 könnte das Möckernkiez-Projekt komplett fertig sein.