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Preußisch-Bunt. Handbemaltes Tischgeschirr kann in den Schlossgemächern begutachtet werden.
© Imago/David Heerde

Kunst im Schloss Charlottenburg entwendet: Milde Strafe für Porzellandiebe

Ein Wachmann des Schlosses ließ 100 KPM-Stücke mitgehen. Die Schlösser-Stiftung spricht von einem Einzelfall, hat aber die Sicherheitsvorkehrungen verschärft.

Prunkvolle Stücke in unverschlossenen Schränken brachten ihn in Versuchung. „Da gab es keine Videoüberwachung, die Schlüssel steckten“, sagte Florian B. vor Gericht. Er war vier Jahre lang Wachmann im Schloss Charlottenburg. Bis er das Depot im Dachgeschoss zum Tatort werden ließ. 98 Exponate im Gesamtwert von 260 000 Euro wechselten den Besitzer. Der 27-Jährige und seine Verlobte verscherbelten die Beute für rund 13 000 Euro. „Gegenüber der Allgemeinheit war es eine bodenlose Unverschämtheit“, sagte der Richter. Die beiden Angeklagten kamen mit jeweils 21 Monaten Haft auf Bewährung davon. Ihre Geständnisse wirkten strafmildernd.

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat wegen des Vorfalls ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft. „Das Kleinkunstgut in den Depots ist vergittert worden“, sagte Sprecher Frank Kallensee. Bei der Schlüsselausgabe an Mitarbeiter gelte inzwischen ein „Sechs-Augen-Prinzip“, also sei jederzeit klar, wer wann Zugang zu einzelnen Depots hatte. Der Diebstahl aus den eigenen Reihen sei ein Einzelfall.

Diebespaar gibt sich vor Gericht bedrückt

Weitere technische Aufrüstungen zum Schutz des Museumsgutes sind derzeit nicht vorgesehen. Der wichtigste Schutz ist für die Museen ohnehin die Öffentlichkeit. Profi-Sammler und Kunsthändler kennen die Museumsstücke und schlagen Alarm, wenn ihnen Hehlerware angeboten wird.

Im Gerichtssaal gab sich das Diebespaar bedrückt. Die 24-jährige Frau schluchzte. „Ich bereue zutiefst, dass wir so blöd waren und uns haben hinreißen lassen.“ Florian B. ließ den Kopf hängen. Sie hatten sich einen gewissen Luxus geleistet. Drei Handys hatte sie, zwei er, dazu einen Audi. Jessica W. verlor dann aber ihre Arbeit in einem Jobcenter. „Wir sind in eine Schuldenfalle geraten“, sagte der Wachmann. Sie witzelten zunächst rum. „Man müsste ein paar Teller aus dem Schloss haben.“ Im Januar 2013 langte er erstmals zu.

Von Porzellan hatte der Wachmann keine Ahnung

Suppenteller KPM, Porzellanfiguren, Gemüseschale KPM, Tassen. „Ich nahm die Sachen aus dem Schrank, es war extrem leicht“, beschrieb der Wachmann den Hergang. Er steckte die Beute in seinen Rucksack, stopfte ein paar Servietten zum Schutz dazwischen und brachte das wertvolle Porzellan zu seinem Auto. Sie brachten das Diebesgut zu verschiedenen Antiquitätenhändlern und behaupteten, sie hätten die Stücke geerbt. „Über den wahren Wert hatte ich keine Vorstellung“, sagte B. nun. Von Porzellan habe er überhaupt keine Ahnung. Sie wollten nur schnell zu Geld kommen. Als Mitte Februar 2013 ein Stück in einem Internet-Auktionshaus auftauchte, flog der Schwindel auf. Die Leiterin der bestohlenen Sammlung schaltete die Polizei ein. Die Spuren führten schnell zu den Angeklagten.

91 Exponate fanden die Ermittler, sieben blieben verschwunden. „Sie haben preußisches Kulturgut geklaut, sind damit völlig respektlos umgegangen“, empörte sich der Richter.

Die Staatlichen Museen zu Berlin waren „zum Glück“ bisher nicht mit „Klagen wegen Diebstahls durch die eigenen Mitarbeiter befasst“, erklärt die Leitung auf Anfrage. Auch Technikmuseum und Berlinische Galerie melden zu diesem Thema keinerlei Erkenntnisse.

Der letzte große Kunstraub in Berlin liegt einige Jahre zurück. 2008 wurden Werke von Matisse und Picasso aus der Charlottenburger Fasanengalerie gestohlen. Sie tauchten nicht wieder auf. Erst im April wurde im Kolbe-Museum während der Öffnungszeiten das Gemälde „Zuschauer“ gestohlen. Das Alltagsgeschäft für das zuständige Dezernat im Landeskriminalamt sind jedoch Kunstdiebstähle aus Privathäusern und öffentlichen Einrichtungen.

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