BBU verärgert seine Mitglieder: Mieter kritisieren Gutachten gegen Enteignung
Noch liegt gar nichts vor, trotzdem protestieren Genossenschaftsmieter gegen ein Gutachten zum "Volksentscheid Deutsche Wohnen enteignen".
108 Mieter von Mitgliedern des größten Berliner Wohnungsverbandes BBU haben einen Protestbrief unterschrieben gegen die erst für Mittwoch vorgesehene Vorstellung eines Gutachten gegen den Volksentscheid "Deutsche Wohnen enteignen".
Beauftragt wurde das Gutachten vom BBU. Verfasser ist der frühere Berliner Verfassungsrechtler Helge Sodan. Er soll die Verfassungsmäßigkeit des Volksbegehrens prüfen. Wie das Ergebnis ausfällt, ist ein offenes Geheimnis in der Branche: Sodan wird das Begehren als verfassungswidrig ablehnen.
"Gefälligkeitsgutachten" nennen die Mieter Sodans Bericht schon heute, ohne ihn zu kennen. Sie begründen das unter anderem damit, dass BBU-Chefin Maren Kern bereits zuvor öffentlich erklärt habe, das Volksbegehren sei verfassungswidrig. Damit habe sie "die Richtung vorgegeben". In der Ankündigung zur Vorstellung des Gutachtens ist das Ergebnis auch schon angekündigt
Gutachten zur Enteignung sind politische Instrumente
Dass der auch politisch geführte Streit über die "Vergesellschaftung" von großen Wohnungskonzernen mit mehr als 3000 Mieteinheiten letztlich eine Schlacht von Gutachtern pro und contra den Eingriff in den Markt sein wird, ist nicht überraschend. Die Volksinitiative selbst hatte bereits Juristen die Rechtmäßigkeit ihres Vorhabens auf Grundlage von Artikel 15 des Grundgesetzes erläutern lassen.
Sodan war 2000 bis 2007 Präsident des Verfassungsgerichts Berlin. Er sitzt im Beirat einer Stiftung der Arbeitgeber-Verbände und gilt als Wirtschafts- und Branchen-nahe. Dafür spricht sein Aufsatz zum "Verfassungsproblem" eines "Lobby-Registers" für mehr Transparenz über die Beeinflussung politischer Entscheidungen durch Wirtschafts-Lobbyisten.
Interessenkollision im Wohnungsverband
Der Protest der Mieter entzündet sich daran, dass sie "ein Gefälligkeitsgutachten finanzieren, dass sich gegen unsere eigenen Interessen richtet". Damit greifen sie den BBU an, der als Verband auch die Interessen der Genossenschaften vertreten muss, weil diese im BBU Mitglieder sind. Nur: Im BBU ist auch die Deutsche Wohnen organisiert, gegen die sich wiederum das Volksbegehren richtet.
Im Verband sind schließlich außerdem die landeseigenen Wohnungsbau-Unternehmen vertreten. Diese sind ähnlich wie die Genossenschaften dem Gemeinwohl verpflichtet - und wirtschaften damit weniger rendite-orientiert als freie Unternehmen wie eben die Deutsche Wohnen.