Abgang von Lageso-Chef in Berlin: Michael Müller, der Regierende Sprengmeister
Michael Müller hat den Rücktritt von Lageso-Chef Franz Allert erzwungen. Der Regierende Bürgermeister ist dabei, die rot-schwarze Koalition in Berlin zu sprengen. Ein Kommentar.
Ein unfähiger Behördenleiter wirft hin, nachdem er wochenlang im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik stand. Das ist ein Vorgang, den man nach Vollzug abhaken könnte, doch der erzwungene Rücktritt des Lageso-Chefs Franz Allert ist politischer Sprengstoff. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist munter dabei, die rot-schwarze Koalition in Berlin, bei den eigenen Genossen herzlich unbeliebt, in die Luft zu jagen.
Dem Regierungschef ist zwar abzunehmen, dass er die Zustände in der für die Flüchtlingsbetreuung zuständigen Landesbehörde unerträglich findet und persönlich darunter leidet. Aber vor allem will er den öffentlichen Druck, der auf ihm lastet, weil das Lageso inzwischen bundesweit zum Symbol für politisches und administratives Versagen wurde, von sich weg lenken. Er ist der Ministerpräsident des Landes Berlin, er trägt die Gesamtverantwortung für die Flüchtlingspolitik in der Hauptstadt.
Also spricht Müller Machtworte, direkt in die Kameras hinein. Seine Forderung am Mittwochabend, Allert müsse sofort gehen, waren nur der Schlusspunkt einer wochenlangen Auseinandersetzung innerhalb der SPD/CDU-Koalition, die der Regierende mehrfach und absichtsvoll ans Licht der Öffentlichkeit zog. Seine Strategie: Der noch-Regierungspartner CDU soll den Schwarzen Peter kriegen. Der fachlich zuständige Sozialsenator Mario Czaja stand folgerichtig im Zentrum des Müller-Angriffs.
Czaja steht wie ein kleiner Junge da
Aber auch der CDU-Landeschef Innensenator Frank Henkel bekam gelegentlich sein Fett weg. Jetzt, nach dem Rücktritt Allerts, steht Czaja wie ein kleiner Junge da, dem der Papi mal die Ohren lang gezogen hat.
Darüber kann sich der CDU-Mann nicht einmal beklagen, denn er hat zu lange gezögert, den Lageso-Chef in einem geordneten Verfahren abzulösen. Im Ergebnis steht die Koalition in Berlin mehr denn je auf der Kippe, ausgerechnet an dem Tag, an dem der Landeshaushalt für die beiden nächsten Jahre beschlossen werden soll.
Mal sehen, wie lange diese Strategie der SPD-Führungscrew um Müller noch gut geht. Vielleicht ist es ja ihr Kalkül, die Union so lange zu zermürben, bis sie (wie Allert) ihren Abschied aus der Regierung nimmt. Dann könnte Müller als standhafter Saubermann triumphieren, die vorgezogene Wahl wäre so gut wie gewonnen. Und bis dahin könnte eine rot-rot-grüne Mehrheit im Abgeordnetenhaus, die es jetzt schon gibt, übergangsweise regieren.
Alles nur Spekulation?
Mag sein, doch irgendwie wird man den Gedanken nicht los – da spielt jemand mit dem Feuer.
Den Flüchtlingen ist nicht geholfen
Und die Flüchtlinge? Denen hilft das ganze Schmierentheater wenig. Denn wer folgt Allert als Behördenchef nach? Ist die neue Frau/der neue Mann wirklich besser, lässt sich das Lageso mal einfach so reformieren? Ohnehin soll Anfang 2016 eine neue Flüchtlingsbehörde gegründet werden, in der Allert nicht mehr aufgetaucht wäre.
Es gibt, wie auch immer man die Probleme beleuchtet, berechtigte Zweifel, dass die Lage in Berlin, die Registrierung und Betreuung der Flüchtlinge betreffend, nun schlagartig besser wird. Es sieht eher so aus, als würde auf dem Rücken tausender Hilfe suchender Menschen ein dummes politisches Spiel ausgetragen.