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Auch wenn noch ein paar hundert Meter zwischen Flugzeug und Erdboden liegen - nicht nur die Beschriftung auf dem Rumpf ist klar zu erkennen, sondern auch Räder, Triebwerke und Signallichter. 650 Flugbewegungen gibt es täglich in Tegel, davon geht die Hälfte über Pankow hinweg.
© dpa

Fluglärm in Pankow: "Mich wecken die Flugzeuge"

Immer wieder Krach um die Einflugschneise zum Airport Tegel: Die Pankower schimpfen über Fluglärm, ein Grüner misst ganz genau nach – und schimpft gleich mit

Auf dem Anger vor dem Pankower Rathaus-Center ist gerade Marktzeit. Ein geschäftiges Treiben umgibt die Händler und Kunden – und dazu auch ein lautes Dröhnen am Himmel. Denn im Minutentakt fliegen Flugzeuge über Pankow hinweg, so nah, dass man das rote Signallicht am Rumpf deutlich blinken sieht. Andreas Otto, Direktkandidat der Grünen in Pankow, steht vor dem Markteingang, um die Lärmbelastung zu messen. Zwischen 75 und 80 Dezibel zeigt der kleine Bildschirm an. „Die Flieger über uns sind momentan im Landeanflug“, sagt er und zeigt nach oben. „Das ist nicht so laut wie bei den Starts.“

Gegen den Lärm zu klagen ist nicht möglich

Laut Immissionsschutzgesetz sind tagsüber in allgemeinen Wohnsiedlungen Grenzwerte von 59 Dezibel zulässig, nachts nur 49. In der technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm, kurz: „TA Lärm“, wird tagsüber schon bei 55 Dezibel in einem Wohngebiet eine Grenze gezogen. „Der Lärm macht krank“, sagt Andreas Otto. Doch diese Überschreitung einzuklagen sei nicht möglich, weil es laut Grünen-Mitglied Helmuth Heydenreich schwierig sei, den Gesundheitsschutz in so einem großen Umkreis überall durchzusetzen. „Der Flugverkehr muss ja irgendwie abgewickelt werden“, sagt er. Solange der Großstadtflughafen in Schönefeld noch nicht geöffnet sei, müsse man damit leider leben.

Andreas Otto will jetzt Druck machen, damit der BER schneller fertig wird. Von einer Teileröffnung hält er nichts, da sie viel zu teuer sei. „Dass Tegel noch offen ist, sind immer nur die Umstände“, sagt Otto. „Dabei war die Organisation beim Bau nicht gut, spätestens bei der ersten Eröffnungsverschiebung hätte es schärfere Kontrollen geben müssen“, sagt Andreas Otto, der auch Mitglied im BER-Untersuchungsausschuss ist.

Eigentlich sollte Tegel in der Nacht zum 3. Juni 2012 mit Eröffnung des BER geschlossen werden. Mittlerweile wird diskutiert, Tegel eine Zeit lang auch nach BER-Öffnung noch beizubehalten. „Ich kann verstehen, dass die Menschen sauer sind“, sagt Otto. In letzter Zeit haben ihn, der ja auch gewählt werden will und dem der Lärm daher nicht unpassend kommen dürfte, mehr Beschwerden erreicht.

Der erste Flieger weckt morgens um sechs Uhr

Winfried Pietsch ist einer, der sich während der Messaktion bei ihm beschwert. „Verkehrslärm verliert sich in den Straßenfluchten, aber der Schall eines Flugzeugs breitet sich besser aus“, sagt der Rentner. 300 000 Menschen leben in der Flugschneise, die sich über Pankow, Reinickendorf und Spandau erstreckt. Vor allem die Ausweitung des Flugangebots ärgert ihn, erst heute Morgen hat er von neuen Billigflügen ab Herbst in Tegel gehört. „Ich kann erst nach 23 Uhr mit offenem Fenster schlafen. Um sechs Uhr weckt mich wieder der erste Flieger“, sagt er. Es solle endlich weitergedacht werden: All die Verbrennungsrückstände oder dass viele Schulen wegen dem Lärm ihre Fenster geschlossen halten müssten - daran würde niemand denken.

Andreas Otto kann nur zuhören, nicken und beschwichtigen. Er fordert ein Nachtflugverbot. Offiziell geht der Flugverkehr in Tegel von 6 bis 23 Uhr, aufgrund von Sondergenehmigungen landeten und starteten aber auch in der nächtlichen Zwischenzeit, besonders bis Mitternacht, nach Ottos Angaben 30 bis 50 Flieger. Für ihn sollte ab 22 Uhr schon Start- und Landeverbot gelten. Durch den unfertigen BER-Flughafen würden mehr Flieger nach Tegel geleitet. Besonders stark sei der Flugverkehr wegen der Geschäftsreisenden morgens und spätnachmittags.

Insgesamt gibt es in Tegel täglich 650 Flugbewegungen, davon geht die Hälfte über Pankow. „Es sollten auch Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden“, sagt der Politiker. „Am besten eigentlich sofort.“ Auch eine Lärmmessstation fordert er für den Osten Berlins. Alle bisher bestehenden Stationen stehen nur im Westen.

Kristina Wollseifen

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