Ärger ums Gründungsschiff: Meuterei auf der Hertha
Das Gründungsschiff des Fußballklubs, das auf der Kyritzer Seenkette herumschippert, soll verkauft werden. Oder doch nicht? Der Reedereichef fühlt sich missverstanden - und hat einen ganz anderen Plan.
Irgendwo hier muss der alte Kahn liegen. Am Laternenmast pappt ein Aufkleber der Hertha-Ultras, da endlich ist der Anleger im Schilf zu erkennen: Das Geländer ist blau und weiß lackiert, wie die Vereinsfarben von Hertha BSC. Nur: Wo ist das Schiff? „Die Hertha liegt da drüben“, sagt ein Fußgänger, ziemlich gelangweilt übrigens, und deutet einmal quer über den Klempowsee, „andere Uferseite“.
Also gut: Wieder zurück zur B5, kurz vor Wusterhausen im Norden Brandenburgs scharf rechts gehalten, über die Ackerpiste geholpert bis zum Ufer. Und dann ist der olle Kahn wirklich zu sehen. Vertäut liegt er in einem Schuppen, durchs Fenster ist der Schriftzug am Rumpf gut zu lesen: „Hertha – Gründungsschiff von Hertha BSC“.
Das Schiff Hertha gab dem Verein seinen Namen
Und um diesen Dampfer auf der Kyritzer Seenkette gibt es einige Irritationen. Denn aus dem Norden Brandenburgs war dieser Tage Ungeheuerliches zu hören: Die Hertha wird von Rüpeln ramponiert. Sie ist nicht ausgelastet. Und außerdem: Hertha soll verkauft werden. „Um Gottes Willen!“, ruft Steffen Hahlweg, 42, ins Handy. „Das ist ja in Berlin völlig falsch angekommen, das ist alles ein Missverständnis …“
Hahlweg ist Geschäftsführer der FGS Fahrgastschifffahrt Wusterhausen GmbH, der das Schiff seit zwei Jahren gehört. Die Hertha ist schlecht ausgelastet, das stimme, sagt er, „aber wir verkaufen die nicht, im Gegenteil, wir wollen sie behalten“.
Schiphorst sagt: Dafür sind die Millionen nicht einkalkuliert
Die Geschichte der drohenden Verschacherung von Vereinsheiligtum machte da in der Fanszene längst die Runde. Der Klub hat 30 000 Mitglieder, er verdankt dem Schiff seinen Namen und auch die Vereinsfarben. An diesem Schiff hängt Geschichte, seit 1892 schon (Dass der Kahn zu DDR-Zeiten auch mal „Seid bereit“ hieß, ist eine andere Geschichte). Jedenfalls hegen viele Fans den Wunsch, dass die Hertha eines Tages zurück auf die Havel und die Spree geholt wird. Nur: Das Schiff kostet eine Stange Geld. Die alten Besitzer wollten mehr als 200000 Euro.
Nun hat ja der Verein einen Investor gefunden, von dem ein paar Millionen überwiesen wurden. „Allerdings ganz sicher nicht, um damit ein altes Schiff zu kaufen“, sagt Herthas Aufsichtsratschef Bernd Schiphorst dem Tagesspiegel. Ja, man habe Interesse an dem Schiff, ein Vereinsmuseum sei schließlich im Aufbau. Der Klub habe aber zuletzt vor über einem Jahr was vom Besitzer gehört.
Steffen Hahlweg, dem Chef der Reederei, ist die Bedeutung des rostigen Kahns nun auch klar. Die Hertha sei nun mal sehr groß mit ihren 140 Plätzen. „Vielleicht setzen wir sie auf einem größeren See ein, vielleicht auch näher an Berlin.“ Leider sei das Schiff nicht auf dem neuesten Stand - deshalb fielen Bundeswasserstraßen schon mal raus. 2014 bleibt das Schiff erst einmal auf der Kyritzer Seenkette. Da kann es jeder mieten: Zwei Stunden für 500 Euro.