Flüchtlinge in Berlin: Messehalle als Notunterkunft: Gerade bezogen, fast schon voll
Bis zu 1000 Flüchtlinge werden jetzt in der Berliner Messehalle 26 untergebracht. Was passiert, wenn alle Betten belegt sind, vermag derzeit keiner zu sagen. Und die wirklichen Herausforderungen stehen noch bevor.
Die Bundeswehrsoldaten sind schon wieder weg, vor der Messehalle 26 parkt neben den Fahrzeugen der Malteser das Technische Hilfswerk. „Die Kollegen helfen uns noch bei dem Aufbau der Räume“ sagt Matthias Nowak, Pressesprecher der Malteser. Seit Donnerstag ist auch ein Teil der Berliner Messe für die Unterbringung von Flüchtlingen vorgesehen – ein Novum für die Stadt.
Notwendig wurde die Nutzung, da bis zum Wochenende und auch in den folgenden Tagen weitere Sonderzüge aus Österreich und Süddeutschland in Berlin erwartet werden. Direkt beim Betreten der Halle 26 fallen dem Besucher die „Räume“ auf, von denen Nowak sprach. Sie bestehen nur aus dünnen, im Rechteck aufgestellten Wänden aus Kunststoff – aber sie gestehen den Flüchtlingen ein Mindestmaß an Privatsphäre zu, das viele andere Notunterkünfte nicht bieten können. Sieben Doppelstockbetten stehen in einem „Zimmer“, genug für eine Großfamilie.
Um Verständigungsprobleme zu vermeiden, sind die Abteile weder nummeriert noch benannt, sondern mit Bildern markiert. Mal ein Löwe, mal ein Herz, mal ein Vogel – beinahe wie in der Kita. Bunte Stoffbahnen dienen als Sichtschutz an den Eingängen. „Wir haben hier 25 Prozent Kinder und zu 70 Prozent Familien“, erklärt Nowak. Auch einen Raum zum Spielen gibt es deshalb – neben einem weiteren für Gebete und einer Isolierstation. Viele Flüchtlinge seien geschwächt, man registriere aber auch Fälle von Masern und andere Krankheiten, so der Malteser-Sprecher.
Noch fehlen Steckdosen und Duschen
1000 Menschen werden die Halle 26 bewohnen, 400 weniger als zunächst angekündigt. „Mehr Flüchtlinge lassen sich hier nicht ordentlich unterbringen“, sagt Matthias Nowak. „Wir haben einen hohen Anspruch an die Betreuung von Flüchtlingen, das ergibt sich aus den christlichen Grundsätzen unserer Organisation.“ Bis zum Samstagvormittag seien 665 Menschen auf dem Messegelände angekommen, darunter 250, die am Freitag unangekündigt vor den Toren standen.
Man habe die Unterbringung trotzdem ganz gut hinbekommen, findet Nowak. Sieben blinde Flüchtlinge allerdings, die mit ihrer Gruppe in der Nacht auf Samstag eintrafen, werden in eine andere Unterkunft umziehen müssen – sie können in der Einrichtung an der Jafféstraße nicht angemessen versorgt werden. Dort ist generell noch viel zu tun. In einer Sektion der Halle stehen einige Dutzend Betten noch ohne Sichtschutz herum. Im gemeinschaftlichen Teil hocken kleine Gruppen von Flüchtlingen an der Wand. „Wir haben einfach noch zu wenige Steckdosen“, erklärt Nowak im Vorübergehen.
Das ehrenamtliche Engagement in der neuen Notunterkunft ist hoch – trotz der Tatsache, dass die Halle von den Zäunen und Zugangsschranken des Messegeländes umgeben ist und nicht direkt in einem Kiez liegt – wie viele andere in der Stadt. Die Malteser sind fast rund um die Uhr mit 40 Mitarbeitern im Einsatz. Das Essen liefert ein Caterer, die Messegesellschaft hat freies W-Lan zur Verfügung gestellt und die Flüchtlinge können die Toiletten des Geländes nutzen.
Was noch fehlt, sind Duschen. Nowak hofft, dass die entsprechenden Container bis Mitte der kommenden Woche zur Verfügung stehen. Wie viele es sein werden, weiß er beim Rundgang am Samstagmittag noch nicht – natürlich sei das ungünstig. An Spenden werden vor allem Hygieneartikel benötigt, von Taschentüchern bis zu Damenbinden. Gern gesehen wird auch warme Kleidung, gerade für Kinder.
Auch das ICC steht für Flüchtlinge bereit
Was passiert, wenn die Halle 26 voll ist, steht noch nicht fest. Die Messegesellschaft sieht sich jedenfalls nicht in der Lage, weitere Hallen zur Verfügung zu stellen. „Wir sind bis März 2016 ausgebucht“, sagt Pressesprecher Michael Hofer. Am 14. Dezember wird auch die Halle 26 geräumt werden müssen – dann beginnt der Aufbau für die Grüne Woche und die Modemesse Panorama. Ausweichorte wären dann eventuell der Flughafen Tempelhof oder das ICC. Das Kongresszentrum wurde von den Messetechnikern bereits teilweise aus dem Tiefschlaf geholt, Wasser und Strom fließen wieder. Wie viele Flüchtlinge in welchen Gebäudeteilen unterkommen könnten, wird laut Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales derzeit geprüft. Spätestens im Winter wird die Stadt dauerhafte Unterkünfte dringend benötigen.
Wie sieht es in Berlins Containerdörfern aus? Bartholomäus von Laffert hat alle besucht und mit Anwohnern, Helfern, Flüchtlingen gesprochen.
Nándor Hulverscheidt