Flüchtlinge im Flughafen Tempelhof in Berlin?: Messe Bread & Butter will helfen
Der Senat entscheidet bald, ob aus dem Flughafen Tempelhof ein Heim für Asylbewerber wird. In Moabit versuchten wütende Flüchtlinge das Lageso zu stürmen.
Wenn sich an diesem Mittwoch der Koordinierungsstab trifft, der sich unter Führung von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) um die Flüchtlinge in Berlin kümmern soll, drängen zwei Fragen ein bisschen mehr als all die anderen: Wie weiter mit dem völlig überlasteten Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit? Auf dessen Rasen warten täglich immer noch bis zu 150 Männer, Frauen und Kinder auf private Helfer, weil vorerst kein Heimplatz gefunden wurde. Eine für die Flüchtlinge quälende Situation, was am frühen Dienstagnachmittag kurzzeitig zu tumultartigen Zuständen führte. Wie die Polizei mitteilte, versuchten etwa 200 Menschen das Lageso in der Turmstraße zu stürmen, aus Wut über die langen Wartezeiten. Die Situation sei von den anwesenden Beamten aber rasch wieder unter Kontrolle gebracht worden. Zur Beruhigung habe auch ein Dolmetscher beigetragen, der über den Lautsprecher eines Polizeiwagens die langen Wartezeiten zu erklären versuchte. An die Frage nach dem Lageso schließt sich die nach dem Flughafen Tempelhof an: Was soll nun wirklich damit geschehen?
Bread & Butter im Zeichen der Flüchtlingshilfe
Vielleicht nicht am Mittwoch, wahrscheinlich aber Ende der Woche entscheidet der Senat, ob dort Asylbewerber im alten Flughafen untergebracht werden können. In Tempelhof findet jedoch auch eine der international bekanntesten Messen der Stadt statt: Für Januar 2016 sollte in die Hallen des Ex-Flughafens wieder zur „Bread & Butter“ geladen werden. Doch kann eine Modemesse zwischen Flüchtlingsfamilien stattfinden? Bei Zalando – die Modehändler hatten das Messe-Unternehmen kürzlich übernommen – bereitet man sich nun auf verschiedene Szenarien vor. „Angesichts der Herausforderungen soll die nächste Bread & Butter im Zeichen der Flüchtlingshilfe stehen“, sagte Zalando-Sprecher René Gribnitz. „Und zwar unabhängig davon, was genau der Senat zu Tempelhof entscheidet.“ Sollte der Senat beschließen, den Flughafen tatsächlich für Asylbewerber zu nutzen, werde man sich daran beteiligen, die Hangars bewohnbar zu machen. Wie genau die nächste Messe ablaufen wird, werde noch geklärt. Lange stuften Kenner das Flughafengebäude – eines der größten Europas – als für Wohnraum ungeeignet ein. Weil aber Tausende neue Flüchtlinge jeden Monat die Stadt erreichen, werden in der Stadt jetzt auch Ex-Bürotürme und marode Schulen sukzessive neu bewertet.
Senat: Zustand am Lageso in Moabit bessere sich
Unabhängig von der Debatte um Tempelhof wird Senator Czaja seit Wochen wegen der Lage im Lageso angegriffen: Die medizinische Versorgung sei nur noch durch freiwillig helfende Ärzte möglich gewesen, ohne Essen und Trinken von Anwohnern, hätten Flüchtlinge hungern müssen, und immer noch seien Familien obdachlos, weil es zu wenig Notunterkünfte gebe. Christian Hanke (SPD), Bürgermeister von Mitte, forderte gar, den Katastrophenfall auszurufen, weil zum Herbst wohl noch mehr Flüchtlinge in die Stadt kämen. Anlässlich des Weltfriedenstages, der am 1. September begangen wird, erklärte der Berliner Linken-Chef Klaus Lederer: Der Empfang, der Flüchtlingen in Berlin durch den Senat bereitet wird, sei nach wie vor beschämend. Dies müsse besser werden, zugleich aber gelte es die Fluchtursachen zu bekämpfen.
Eine Sprecherin von Czaja wies Vorwürfe gegen den Senator zurück: Die Lage bessere sich. Auf dem Lageso-Gelände in Moabit arbeite nun ein neu eingesetzter Caterer, der auch für die Kliniken von Vivantes und der Charité das Essen liefert. Dabei seien am Dienstag unter anderem 500 Liter Wasser und 1500 Sandwiches verteilt worden. Dazu gibt es Suppen. Die Speisen sind übrigens fleischlos: ein Zugeständnis an die Glaubenspraktiken vieler Asylbewerber. Zudem werden seit Dienstag 24 zusätzliche Lageso-Sachbearbeiter im Flüchtlingsbereich eingesetzt.