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Nicht sehr attraktiv: In Gesundheitsämtern verdienen Ärzte bis zu 1500 Euro weniger als in Krankenhäusern.
© dpa

Rot-rot-grüne Koalition in Berlin: Mehr Geld für Kliniken, Werbeverbote und „Drug-Checking“

Mehr Geld für die Kliniken, mehr Kontrollen in der Pflege, mehr Personal in den Gesundheitsämtern - zumindest auf dem Papier des Koalitionsvertrages hören sich rot-rot-grünen Absichten gut an.

Ein nüchterner Start. Mit Blick auf das Gesundheitswesen stellt Rot-Rot-Grün, wie angekündigt, mehr Geld für die maroden Kliniken der Stadt in Aussicht. Trotzdem sind kurz nach den Koalitionsverhandlungen einige im Gesundheitswesen – der größten Branche der Stadt – schon beunruhigt. Unter Ärzten hieß es sinngemäß: Die im Koalitionsvertrag erwähnte Forderung nach Werbeverboten für Alkohol und Tabak etwa hätten sich die Koalitionäre sparen sollen – es gebe deutlich Dringenderes, wie überlastete Kliniken und Pflegenotstand in Heimen. Zwar will Rot-Rot-Grün die Kliniken besser ausstatten. Ob dies im ausreichenden Maß geschehen wird – da sind einige skeptisch, auch wenn sich die Spitze der Berliner Krankenhausgesellschaft positiv äußerte. Abwarten müsse man, heißt es, ob Dilek Kolat die richtige Gesundheitssenatorin sei.

Dilek Kolat (SPD) solle neue Senatorin für Gesundheit und Frauen werden.
Dilek Kolat (SPD) solle neue Senatorin für Gesundheit und Frauen werden.
© Thilo Rückeis

Die neue Verwaltung ist für die SPD-Frau umgebaut worden, so kommt die Frauenförderung mit ins Ressort. Staatssekretär wird wohl Boris Velter – geschätzter Klinikexperte –, im Gespräch ist auch Susanne Kitschun (ebenfalls SPD).

Konsequent gegen Pflegebetrug

Politisch heikel aber sinnvoll könnte es sein, sich mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) anzulegen. Die machtbewusste KV ist für die Praxen zuständig und soll stärker in die Pflicht genommen werden: Praxen sollen öfter Sprechstunden anbieten und so die Kliniken entlasten. Als gesundheitspolitisch wesentlich gilt außerdem, dass „konsequent gegen Leistungsmissbrauch in der Pflege“ vorgegangen werden soll. Seit Jahren gibt es Fälle systematischen Abrechnungsbetrugs durch Pflegedienste zulasten von Krankenkassen, Patienten und Bezirksämtern. Außerdem soll der Einsatz von zu wenig Fachkräften schneller mit „Entzug der Betriebserlaubnis“ geahndet werden. Am allgemeinen Fachkräftemangel ändert dies wenig, könnte aber Wirtschaftskriminelle abschrecken, die zuletzt gezielt Pflegedienste nutzten. Der rot-rot-grüne Senat kann da also Sympathien sammeln, Geld sparen und zudem die Versorgung verbessern.

Mehr Ärzte für Bedürftige

Zudem will die neue Koalition den öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) stärken, also die Ämter, die sich um Obdachlose, Schuluntersuchungen und Hygienekontrollen kümmern. Bis zu 250 von 1600 Planstellen im Berliner ÖGD sind unbesetzt, auch wenn der scheidende Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) indirekt die – für Ärzte vergleichsweise niedrigen – Löhne im ÖGD anheben ließ. Den Widerstand der CDU dürfte das geplante „Drug-Checking“ provozieren. Damit sind Stellen gemeint, in denen Konsumenten ihre Drogen anonym testen lassen können. So sollen Krankheiten durch gefährliche Mischungen vermieden werden. Alles in allem hat sich die Landesregierung also auch im Gesundheitswesen viel vorgenommen.

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