Berliner Senat entscheidet über Charité: Mehr Forschungsexpertise im Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat der Universitätsklinik wird neu besetzt. Neben einem Bayer-Vorstandsmitglied ist der Chef des Krebsforschungszentrums dabei.
Der Berliner Senat wird diese Woche bedeutende Personalentscheidungen für die Medizinforschung und die Krankenversorgung der Stadt treffen. Nach Tagesspiegel-Informationen will Senatschef Michael Müller (SPD) am Dienstag im Roten Rathaus mindestens drei neue Aufsichtsräte der landeseigenen Charité vorstellen: So sollen der für die Pharma-Sparte zuständige Bayer-Vorstand Stefan Oelrich, die renommierte Kardiologin Denise Hilfiker-Kleiner von der Hochschulmedizin Hannover und der Chef des Deutschen Krebsforschungszentrums, Michael Baumann, in den Aufsichtsrat berufen werden.
Chefärzte erhoffen sich Impuls für den Forschungsstandort Berlin
In der Gesundheitsbranche wird die Entscheidung von denen, den die Personalien bekannt sind, begrüßt: Chefärzte und Wissenschaftsfunktionäre erhoffen sich einen Impuls für den Forschungsstandort Berlin. Ein Sprecher der zuständigen Senatswissenschaftsverwaltung bestätigte die Namen am Sonntag nicht.
Im Aufsichtsrat werden derzeit fünf von zehn stimmberechtigten Posten neu besetzt, die anderen sind Senats- und Beschäftigtenvertretern vorbehalten. So ist gesetzlich festgelegt, dass der Regierende Bürgermeister dem Aufsichtsrat vorsitzt. Müller ist zudem Berliner Wissenschaftssenator. Im Kontrollgremium der Universitätsklinik ersetzen die Neuen unter anderem die frühere Bundesgesundheitsministerin und SPD-Politikerin Ursula Schmidt.
Die CDU will schon am Montag im Gesundheitsausschuss mit dem eigens hinzugeladenen Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) über die Lage an der Charité reden. Wie berichtet, waren Betten auf der Charité-Kinderkrebsstation auf dem Virchow-Campus gesperrt worden, weil Pflegekräfte fehlen; zeitweise konnten keine neuen Patienten aufgenommen werden. Den geplanten Wechsel im Aufsichtsrat begrüßte CDU-Wissenschaftsexperte Adrian Grasse dagegen, die Personalien stünden wohl tatsächlich für Müllers angeregte Forschungsoffensive.
Charité stellt auch den Vorstand neu zusammen
Unter dem Motto „Gesundheitsstadt 2030“ hatte Senatschef Müller angekündigt, Berlin zur internationalen Medizinmetropole ausbauen zu wollen. Die Charité soll dazu mit den ebenfalls landeseigenen Vivantes-Kliniken eine Dachgesellschaft und eine Ausbildungsakademie aufbauen. Am Donnerstag treffen sich dazu Charité- und Vivantes-Funktionäre.
Seit September 2019 wird die Charité vom Pharmazeuten Heyo Kroemer geleitet. Zusammen mit der Senatswissenschaftsverwaltung wird er auch den Vorstand neu besetzen lassen. Noch gehören ihm vier Männer und Frauen an: Neben Kroemer selbst gibt es je ein Vorstandsmitglied für Krankenversorgung, für Wissenschaftsbetrieb und für Finanzen. Das 2019 novellierte Berliner Universitätsmedizingesetz verlangt, den Vorstand um einen Pflegeexperten zu erweitern. Da zudem der für die Krankenversorgung zuständige Ärztliche Direktor, Ulrich Frei, bald in den Ruhestand geht, werden nun zwei Spitzenfunktionäre gesucht.
Senat sucht zudem neue Vivantes-Führung
Auch der Vivantes-Konzern sucht – Pflegekräfte, Ärzte und Manager. Die zuständige Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci und der Finanzsenator Matthias Kollatz (beide SPD), der interimsmäßig den Aufsichtsrat der Klinikkette leitet, verhandeln derzeit über eine Nachfolge für Vivantes-Chefin Andrea Grebe. Wie berichtet, verlässt die Internistin ihren Posten auf eigenen Wunsch im Mai.
Nach Tagesspiegel-Informationen soll Grebe in einer Übergangsphase ein in der Branche erfahrener Unternehmensberater folgen, den wiederum mittelfristig ein in den Vivantes-Kliniken erprobter Manager ablösen könnte. Vivantes ist mit etwa 16.000 Beschäftigten die größte staatliche Klinikkette Deutschlands, die Charité mit mehr als 18.000 Mitarbeitern die größte Universitätsklinik Europas. Zusammen verfügen die beiden Einrichtungen über fast 9000 der 20.000 Krankenbetten in Berlin.