Unausgereifte Ideen zum BER: Mehdorn, der Ankündiger
Tegel, Nordbahn, Testbetrieb: Mit der Eröffnung des BER geht es nicht voran und Hartmut Mehdorn hat regelmäßig Ideen, aus denen dann nichts wird. Regelmäßig fällt er durch unausgereifte, aber schlagzeilenträchtige Vorstöße und Ankündigungen auf. Eine Übersicht.
Es ist bald ein Jahr her, dass Hartmut Mehdorn seinen Job antrat als neuer Flughafenchef. Wann der BER nun aber eröffnet wird, ist heute genauso unklar wie damals im März 2013. „Ich bin kein unbeschriebenes Blatt und bekannt dafür, dass ich geradeausgehe. Da müssen Sie mich jetzt auch aushalten“, hatte der 71-Jährige damals gesagt.
Er ging nicht nur geradeaus. Regelmäßig fiel Mehdorn durch unausgereifte, aber schlagzeilenträchtige Vorstöße und Ankündigungen auf, zuletzt mit dem für einen Weiterbetrieb des alten Schönefelder Terminals. Eine Übersicht. Der nächste Mehdorn kommt bestimmt.
Weiterbetrieb in TXL
Tegel war tot. Bis Mehdorn kam und gleich am ersten Arbeitstag forderte, den innerstädtischen Flughafen weiterzubetreiben. Als „dritte Startbahn“ – falls die Bahnen in Schönefeld, aus welchem Grund auch immer, ausfallen sollten. Durch schlechtes Wetter etwa oder auch nach einem Unfall. Die Gesellschafter – Berlin, Brandenburg und der Bund – pfiffen Mehdorn umgehend zurück. Schließlich war der Ausbau in Schönefeld zum BER vor allem damit begründet worden, dass durch die Aufgabe des Flugbetriebs in Tempelhof und Tegel mehrere hunderttausend Menschen entlastet würden.
Mehdorn schwebte vor, die Flugbereitschaft der Bundesregierung in Tegel zu lassen, die dann auch Geschäftsfliegern ein „Gastrecht“ zum Starten und Landen gewähren könne. Die Variante wäre rechtlich sogar möglich. Was sie kosten würde, hat niemand exakt ausgerechnet. Und leise würde es nicht: Im vergangenen Jahr gab es nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums insgesamt 3032 Starts und Landungen auf dem militärischen Teil Tegels; durchschnittlich also acht am Tag. Darunter waren 1913 Flüge durch die Flugbereitschaft für Regierungsmitglieder. 2012 hatte es insgesamt 2948 Starts und Landungen gegeben, davon entfielen auf die Flugbereitschaft 1809. Inzwischen bewertet Mehdorn einen Weiterbetrieb in Tegel auch selbst als unrealistisch.
Sprint
Der Name bringt’s: „Sprint“ – so hat Mehdorn ein Team aus Fachleuten genannt, das er zum 1. Mai 2013 inthronisiert hatte. Ziel war, die Inbetriebnahme des BER zu beschleunigen. Das ist heute nicht einmal in Sicht. Mit dem versammelten Spezialwissen ist es zwar gelungen, die Baustelle aufzuräumen und die Zahl der Baucontainer zu reduzieren, einen Eröffnungstermin können die Spezialisten, unter denen auch einige der von Mehdorns Vorgänger Rainer Schwarz gefeuerten Architekten sind, immer noch nicht in Aussicht stellen. Aber es gibt immerhin einen Plan, wie die Probleme bei der Entrauchungsanlage gelöst werden könnten. Umgesetzt ist der noch lange nicht. Nach den letzten Berichten von Mehdorn an den Aufsichtsrat sind im Terminal gerade einmal knapp fünf Prozent der zu erledigenden Arbeiten fertig. Anfang des Jahres kündigte Mehdorn an, dass der Flughafen Ende 2014 baulich weitgehend fertig sein soll...
Nordpier/Testbetrieb
Das war sein Projekt. Im Mai 2013 hatte Mehdorn erstmals eine stufenweise BER-Eröffnung ins Spiel gebracht, bei der Passagiere zunächst im Nordpier, einem Seitenflügel, abgefertigt werden sollten. Es folgten immer neue Termine, Herbst 2013, Frühjahr 2014. Dabei schaffte es der Flughafen lange nicht, überhaupt die Bauanträge für den Nordpier fertigzustellen. Am 10. Januar 2014 hatte Mehdorn verkündet, dass der Testbetrieb am 1. Juli 2014 starten soll, gleichzeitig mit der Sanierung der Nordbahn. Fünf Wochen später – Absage.
Eröffnungsstermin/ Finanzkonzept
Selbst er kann immer noch nicht sagen, wann der BER fertig und wie teuer er am Ende wird, nachdem bereits 4,6 Milliarden Euro bewilligt wurden. „Zwölf Monate vor Inbetriebnahme werden wir einen Eröffnungstermin festlegen“, schrieb er im Januar an die Belegschaft. Vor 2016 gilt ein Start als unrealistisch, nach der Test-Absage erst recht. Dabei wollte und sollte Mehdorn schon im Spätsommer 2013 so weit sein, dann Herbst, dann im Dezember. Der Aufsichtsrat rechnet nicht mehr damit, dass es Mehdorn bis zur nächsten Sitzung im April schafft.
Flughafenbahnhof
Stimmt, da war noch was. Es gab auch mal die Idee, dass der unterirdische Flughafenbahnhof bereits vor Aufnahme des Flugverkehrs in Betrieb geht für BER-Schaulustige. Schließlich fahren schon jetzt mehrmals täglich S-Bahnen zum Lüften durch. Nichts geworden.
Sanierung Nordbahn
Die Rollbahn des alten Schönefelder DDR-Flughafens muss saniert werden. Bislang nach BER-Eröffnung geplant, will Mehdorn das vorziehen und ab 1. Juli 2014 in sechs Monaten erledigen. In der Zeit sollen die Flieger auf der BER-Südbahn starten, wodurch erstmals die Bewohner von 4300 Wohnungen von Fluglärm betroffen wären. Den Termin festgelegt, den Antrag eingereicht hat Mehdorn – obwohl er mit dem Schallschutzprogramm im Rückstand ist, bis 1. Juli in den Wohnungen die Lärmschutzfenster kaum eingebaut werden können. Deshalb droht ein Veto der Luftfahrtbehörde.
Das Brandenburger Infrastrukturministerium erklärte auf Anfrage die Rechtslage so: „Der für den Betrieb der Südbahn gemäß der Planfeststellung zu gewährende bauliche Schallschutz soll im Zeitpunkt der Betriebsaufnahme hergestellt sein.“ Es gelte eine Sechs-Monate-Frist, um nach Bewilligung den Schallschutz auch einbauen zu können. Und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält es unter Verweis auf den Planfeststellungsbeschluss für geboten, dass vor Inbetriebnahme der Südbahn „der Lärmschutz gewährleistet sein muss“. „Das kann nicht zulasten der Anwohner gehen“, sagte Woidke dem Tagesspiegel. „Es ist Sache des Flughafens, die Voraussetzungen zu schaffen.“