Neue Doppel-Intendanz: Maximal-Gorki-Theater
Im November startet das Maxim-Gorki-Theater mit neuem Ensemble und neuen Spielplan. Ebenso neu: Die Doppelspitze aus Shermin Langhoff und Jens Hillje.
Geduckt steht es da, wie auf dem Sprung, eingefasst von Humboldts Uni, Schinkels Neuer Wache und dem Deutschen Historischen Museum. Das Maxim-Gorki-Theater ist Berlins kleinste Staatsbühne – und immer auf Experiment getrimmt. Nach dem Zweiten Weltkrieg als Haus für sowjetische Dramatik gegründet, probierte es den neuen sozialistischen Menschen aus. In diesem steckte noch das eine oder andere bürgerlich-dekadente Gen, so dass – wir kürzen die Geschichte ab – Ende der Achtziger hier „Die Übergangsgesellschaft“ zu Hause war; nicht von Gorki, sondern von Tschechow, in einer Bearbeitung von Volker Braun und in der Inszenierung Thomas Langhoffs.
Es war eine theaterhistorische Stunde. Ein Brummen und Flirren, Zukunftsmusik. Die berühmte Aufführung gastierte im Mai 1989 beim Theatertreffen in West-Berlin. Da war die Grenze schon einen Spalt offen. Später spielte, unvergesslich, Harald Juhnke am Gorki mit großem Herz und Risiko den „Hauptmann von Köpenick“.
Das Maxim-Gorki-Theater legt am Freitag los mit einer neuen Intendanz. Shermin Langhoff, zuvor Off-Theaterpionierin in Kreuzberg und Schwiegertochter des verstorbenen Thomas Langhoff, leitet nun zusammen mit Jens Hillje diese besondere Bühne.
Sie beginnen erst jetzt, im November, weil sie ein komplett neues Ensemble und einen frischen Spielplan stemmen. Der Vorgänger Armin Petras hat nichts hinterlassen. Zur Eröffnung gibt es rund ums Haus einen „Herbstsalon“. Interdisziplinäres, Internationales, eventmäßig, performativ, das funktioniert fast immer.
Junge Gesichter mit russischen, türkischen, armenischen Namen schauen uns in der Gorki-Zeitung an. Die Truppe hat einen inspirierenden Migrationsvordergrund, das sagt viel über diese sich so dynamisch entwickelnde Stadt. Der Spielplan gibt sich maximal zeitgenössisch, mit Texten von Marianna Salzmann, Olga Grjasnowa, Sibylle Berg. Und Tschechow natürlich. Tschechow ist immer Gegenwart.
Die trauen sich was. Im Dezember soll es eine neue „Übergangsgesellschaft“ geben, ein Vierteljahrhundert nach der Uraufführung. Lukas Langhoff führt Regie, der Sohn. Ein Ort des Wandels will das Gorki sein, wo man den Sound der Veränderungen hört, die wir durchleben. Klingt erst mal gut und richtig, was Shermin Langhoff vorhat. Sie ist lange genug im Berliner Geschäft, um die Regeln zu kennen: Du wirst an deinem Antritt gemessen. Wer zu leise anfängt, kommt nie ins Spiel. Mach ein frühes Tor, späte Treffer zählen nicht.
Rüdiger Schaper
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