zum Hauptinhalt
Mario Czaja war bis 2016 Senator für Gesundheit und Soziales in Berlin.
© Fabiana Zander

Ex-Sozialsenator über ein Jahr Rot-Rot-Grün: Mario Czaja: „Eine halbwegs stabile Regierung“

Der CDU-Abgeordnete wünscht sich eine Rückkehr ins Rote Rathaus. Im Interview spricht er über alte Fehler und neue Ideen.

Von Ronja Ringelstein

Herr Czaja, Sie sind ein Jahr mit der CDU in der Opposition. Bitte vervollständigen Sie: An Rot-Rot-Grün, finde ich gut, dass…

... wir nach dem holprigen Auftakt eine halbwegs stabile Regierung haben.

So schlimm?
Der Senat verzettelt sich im Klein-Klein. Es fehlt die große Linie, wie er die Stadt bis 2020 entwickeln will.

Was ist denn Klein-Klein?
Wenn über die Unisex-Toiletten in öffentlichen Gebäuden diskutiert wird, oder an welchen Ecken welcher Fahrradstreifen entstehen soll, sind das Aufgaben, derer man sich annehmen kann, wenn die große Linie stimmt. Die ist nicht erkennbar.

Welche wäre Ihre Linie?
Die großen Herausforderungen anzugehen. Erstens bei Wohnungsneubau- und sanierung. Durch die Nutzung des Raums oberhalb von Einkaufszentren könnte man beispielsweise bis zu 20 000 Wohnungen recht kurzfristig schaffen. Man könnte ein Dachausbauprogramm starten.

Oder: Die Befreiung von der Grunderwerbssteuer für Familien, die das erste Mal Eigentum erwerben, wäre richtig, weil so Eigentumsbildung gefördert wird. Eine Priorität muss die Schulsanierung und -neubau werden. Berlin braucht 40 bis 50 neue Schulen und es besteht erheblicher Sanierungsbedarf.

Eine landeseigene GmbH soll den Schulneubau mit Land und Bezirken managen...
Das mag ein Weg sein, aber die akuten Probleme werden so nicht gelöst. Die Verwaltung hat heute weniger Beschäftigte in den Bau- und Schulämtern als 2001. Es ist unglaublich schwer, qualifizierte Leute zu bekommen. Denn ein Bauleiter im Bezirk bekommt etwa 700 Euro weniger als ein Bauleiter bei landeseigenen Betrieben. Die Tarifstruktur muss angepasst werden.

Ein anderer Punkt ist die innere und soziale Sicherheit. Die Zahl der Wohnungslosen steigt, zusammen mit der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge ist das für Bezirke nicht zu schaffen. Das kann eine Senatorin alleine nicht leisten. Berlin braucht eine ganzheitliche Lösung unter Führung des Regierenden Bürgermeisters.

Sie kennen Frau Breitenbachs Job als Sozialsenatorin allzu gut. Wird sie bei dem Thema aus Ihrer Sicht allein gelassen?
Was das Teamspiel im Senat angeht, habe ich den Eindruck, dass sich die Senatoren auch in dieser Landesregierung nicht sicher sein können, ob sie gerade die Rückendeckung des Regierenden Bürgermeisters haben, oder ob er ihnen wieder Knüppel zwischen die Beine wirft.

Die genannten Probleme sind nicht neu. Bei der Wahl 2016 wurde die CDU in Berlin abgestraft. Was haben Sie gelernt?
Wir hätten den Regierungswechsel Wowereit zu Müller nutzen müssen, um den Koalitionsvertrag nachzuverhandeln. Die CDU hat den verantwortlichen Senator für die öffentliche Verwaltung gestellt, wir waren zuständig für Polizei, Feuerwehr und auch die große Herausforderung der Flüchtlingsunterbringung.

Da sind die Mängel der eingesparten öffentlichen Verwaltung besonders deutlich geworden. Das hätten wir lösen müssen, das haben wir nicht getan. Für dieses Versäumnis haben wir die Quittung erhalten.

Zu schwarz-roten Zeiten. Michael Müller (M, SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, Frank Henkel (l, CDU), ehemaliger Berliner Innensenator und Mario Czaja (r, CDU).
Zu schwarz-roten Zeiten. Michael Müller (M, SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, Frank Henkel (l, CDU), ehemaliger Berliner Innensenator und Mario Czaja (r, CDU).
© picture alliance / dpa

Im Parlament sprach Sie eine Abgeordnete aus Versehen als „Senator“ an, Sie sagten, bis dahin dauere es noch ein paar Jahre. Planen Sie die Rückkehr des Mario Czaja?
Diese Frage stellt sich jetzt gar nicht. Die Menschen haben Anspruch darauf, dass Berlin gut regiert wird. Über Personalfragen entscheiden Partei und Fraktion.

Sie haben das doch im Parlament gesagt.
Ich weiß. Das war eher darauf gerichtet, dass wir als Partei ganz klar eine Rückkehr ins Rote Rathaus anstreben.

Vermissen Sie den Senatoren-Job?
Es war eine spannende und herausfordernde Zeit. Ich war gern Senator. Aber es ist ein Amt auf Zeit.

Es war Ihr erster Auftritt im Plenum seit Sie kein Sozialsenator mehr sind. Wo waren Sie im vergangenen Jahr?
Es ist im Abgeordnetenhaus üblich, dass die eigentliche Arbeit in den Ausschüssen gemacht wird. Ich bin im Bildungsausschuss, da habe ich mich eingebracht. Und mich um meinen Wahlkreis gekümmert, eine wichtige und erfüllende Arbeit – jenseits von Mikrofonen und Kameras.
Mario Czaja (42) sitzt für die CDU im Abgeordnetenhaus und war von 2011 bis 2016 Senator für Gesundheit und Soziales.

Das Gespräch führte Ronja Ringelstein.

Zur Startseite