East Side Gallery: Malereien am Mauerdurchbruch
Der Termin steht, das Geld ist da: Ab Oktober wird die East Side Gallery wiederhergestellt. Die Ausschreibung für die Handwerksarbeiten haben bereits begonnen.
Eigentlich ist es ziemlich einfach. Eigentlich müssen ja nur die rostigen Stahlstreben erneuert und der Beton mit Sandstrahl gereinigt werden. Dann kommt die Grundierung rauf, frische Farbe, fertig.
Nur: So einfach ist das alles nicht an der East Side Gallery. Es ging in den vergangenen Jahren um viel Geld, um gut zwei Millionen Euro. Seit fünf Jahren kämpft Kani Alavi, 51, Sprecher der Künstlerinitiative, nun schon für die Sanierung. Jetzt ist alles genehmigt. Gut eine Million Euro kommt nach seinen Angaben aus den Finanztöpfen der EU, des Bundes und des Landes. Eine weitere Million Euro wird durch Lottogelder finanziert.
Ab Oktober sollen die Mauerreste bemalt werden. Alle Künstler, die sich 1990 auf der 1316 Meter langen Wand verewigt haben, erhalten in diesen Tagen Post und werden eingeladen. Da fünf der 118 Künstler aus der ganzen Welt mittlerweile verstorben sind, übernähmen andere die Restaurierung der Bilder, sagt der Iraner Alavi, der seit 1980 in Berlin lebt. Zum 20. Jahrestag des Mauerfalls im November 2009 solle die East Side Gallery dann komplett saniert sein.
Derzeit läuft die Ausschreibung für die Handwerksarbeiten. Bis Ende Oktober sollen mehr als 60 Meter der Mauer saniert sein. „Dann können wir mit den künstlerischen Arbeiten beginnen“, sagt Alavi. Als Erste sollen die verblichenen Bilder auf Höhe der neuen O2- Arena saniert werden, die im Herbst eröffnet wird. Dort wurde die East Side Gallery – zum Ärger der Künstler – auf einer Länge von 45 Metern durchbrochen, um Zugang zum neuen Schiffsanleger an der Spree und zum derzeit neu gestalteten Ufer zu schaffen.
Etwa eine halbe Million Menschen, vor allem Touristen, kommen jährlich zu den Mauerresten zwischen Oberbaumbrücke und Ostbahnhof. Ein schöner Ort ist die Gallery nicht, viele Bilder sind gar nicht mehr zu erkennen, der Autolärm auf dem Mühlenstraße nervt. Die Farbe ist abgeplatzt oder aus der Wand gehämmert, meist für kleine Souvenirs. Auch haben sich Sprüher mit großen Graffiti und Touristengruppen mit Sprüchen auf der Betonwand verewigt.
Das soll sich ändern. „Wir müssen den Besuchern klarmachen, dass sie ein Denkmal zerstören“, sagt Alavi. Ginge es nach ihm, sollte entlang der Mauer ein flacher Zaun errichtet werden, 50 Zentimeter vom Bauwerk entfernt. Dann könnte man die Wand mit den Händen berühren, würde aber durch die Absperrung merken, dass die Gemälde unter Schutz stehen. Auch sollen im Zuge der Sanierung neue Schilder aufgestellt werden, auf denen darum gebeten wird, die Mauer nicht zu zerhacken. „Das haben wir schon einmal gemacht, aber irgendwer hat die Schilder geklaut – sind ja auch schöne Souvenirs“, sagt Alavi.
Zudem sollten zwei Pavillons an der East Side Gallery entstehen, in denen sich die Künstler präsentieren können und die Geschichte des Mauerabschnitts dokumentiert wird, auf Fotos und auch in Filmen. Diese Info-Boxen würde die Firma Wall bauen, sagt Alavi, die als Gegenleistung die Werbefläche an den Häuschen vermarkten will.
Gut, der Zeitplan sah eigentlich anders aus. Eigentlich hätten bereits ab März die Künstler kommen sollen und dann ein Sommer-Happening veranstalten, doch es kam anders. Jetzt ziehen sich die Arbeiten eben über viele Monate hin. Im nassen Winter können die Künstler ja schlecht an den Wänden pinseln. André Görke
André Görke