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Mitte: Mahnmal am Bebelplatz beschädigt

Fußgänger zerkratzten das Glas des Mahnmals auf dem Bebelplatz mit Tritten und Splitt. Erst Mitte Februar soll eine neue Scheibe eingesetzt werden.

Etwas unbeholfen steht eine russische Touristengruppe auf dem Bebelplatz. Zwischen der Baustelle an der Staatsoper und den Aufbauarbeiten für die am Mittwoch beginnende Fashion Week hat sie sich durchgekämpft, um das Mahnmal zu besichtigen. Doch zu sehen ist: nichts. Wüssten sie nicht, dass sich unter der in den Boden eingelassenen Scheibe die unterirdische Bibliothek von Micha Ullmann befindet, die an die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 erinnert, sie wären einfach daran vorbei gelaufen. Denn die Scheibe ist derart zerkratzt, dass sie an dickes Milchglas erinnert.

Bei den Veranstaltern der Fashion Week schrillten am Freitag die Alarmglocken, als sie mit dem Aufbau des Zeltes für die Modenschauen begannen und die zerkratzte Scheibe sahen. Nach monatelangen Diskussionen und Protesten hatte sich der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses Ende August gegen die künftige Nutzung des Bebelplatzes für kommerzielle Veranstaltungen ausgesprochen. Die Fashion Week findet dort nun definitiv zum letzten Mal statt, vieles spricht derzeit für einen Umzug auf die Straße des 17. Juni. Entschieden ist aber noch nichts.

Für die Wall AG, die sich freiwillig zur Pflege und Instandhaltung des Mahnmals verpflichtet hat, besteht jedoch kein Grund zur Sorge. Die Beschädigung sei „ganz normal“, sagt Sprecherin Frauke Müller – weil Besucher darüberlaufen und sie ständig den Witterungsbedingungen ausgesetzt sei. Die 700 Euro teure Scheibe werde zwei bis drei Mal im Jahr ausgetauscht. Die BSR sorgt dafür, das Mahnmal auch bei Schnee und Eis immer frei zu halten. „Wegen des harten Winters ist auf dem Platz mehrfach intensiv Splitt gestreut worden“, sagt BSR-Sprecher Bernd Müller. Man könne nicht ausschließen, dass die Besucher das Streugut mit den Schuhprofilen auf die Scheibe getragen und diese so zerkratzt hätten.

Um nicht hinterher als die Schuldigen dazustehen, haben die Veranstalter der Fashion Week die Beschädigung trotzdem vor dem Aufbau dokumentiert. Sie sind verpflichtet, das Mahnmal auch während der Modewoche immer zugänglich zu machen. Weil durch die Baustelle an der Staatsoper in diesem Winter weniger Platz ist, musste dafür eine ganz neue Konstruktion mit zwei Zelten entworfen werden, um den Zugang zum Mahnmal weiter zu gewährleisten.

Sehen wird man es trotzdem nicht können. Denn die Wall AG hat zwar eine neue Scheibe bestellt. Nur könne man diese nicht austauschen, solange die Temperaturen nicht konstant über null blieben, „da sonst der Klebstoff nicht hält“, sagt Sprecherin Frauke Müller. Ein realistischer Termin sei Mitte Februar. Solange werden viele weitere Touristen verdutzt vor einem Milchglas stehen. Anke Myrrhe

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