Flughafen Berlin-Schönefeld: Machtfrage am BER: Landesrechnungshof kritisiert Berlin
Entscheidende Wochen am BER: Mittwoch schimpft der Landesrechnungshof, Montag geht es um die Bauverzögerungen. Hier können Sie den geheimen Prüfbericht in Auszügen herunterladen.
Brandenburgs Landesrechnungshof hat wegen Fehlentwicklungen am Flughafen BER in Schönefeld das Land Berlin nun direkt angegriffen. In einer dem Tagesspiegel vorliegenden Vorlage für den Landtag in Potsdam kritisiert die oberste Finanzkontrollbehörde des Landes dezidiert die Weigerung des BER-Mitgesellschafters Berlin, Spitzenpolitiker aus dem Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg abzuziehen, obwohl das Modell gescheitert sei.
Berlins Regierender Michael Müller (SPD) ist Aufsichtsratsvorsitzender, Innensenator Frank Henkel (CDU) Mitglied, während Brandenburg auf Empfehlung des Hofes seine Politiker aus dem Gremium abgezogen hat. „Inbesondere aber hat sich bereits erwiesen, dass der von Spitzenpolitikern geführte und besetzte Aufsichtsrat das wesentliche Interesse der Anteilseigner Bund, Berlin und Brandenburg – nämlich den BER zu seiner erfolgreichen Inbetriebnahme zu führen – eben nicht erfolgreich vertreten hat“, heißt es in dem Dokument. Dabei handelt es sich um eine interne 74-Seiten-Lesehilfe für die Abgeordneten zum vertraulichen BER-Prüfbericht des Rechnungshofes, der am Mittwoch erstmals im Landtag in einer gemeinsamen Sitzung von Haushaltskontrollausschuss und BER-Sonderausschuss beraten werden soll.
Der Bericht hat 400 Seiten - hier ist das PDF
Bislang ist vorgesehen, dass dies hinter verschlossen Türen geschieht, da der 403-Seiten-Rechnungshofbericht als vertraulich deklariert wurde. Der Tagesspiegel hatte wesentliche Ergebnisse kürzlich veröffentlicht. Ein Tagesspiegel-Dossier mit Originalauszügen steht hier erstmals zum Download bereit (siehe weiter unten als PDF-Link).
Für die Abgeordneten hat der Rechnungshof nun für die Sitzung einen Frage-Antwort-Katalog zusammengestellt, in dem auch das Agieren Berlins bewertet wird. Flughafenkoordinator Engelbert-Lütke Daldrup hatte kürzlich im Tagesspiegel erklärt, dass die Prüferkenntnisse des Brandenburger Hofes für Berlin nicht relevant seien und der Berliner Rechnungshof für Spitzenpolitiker in Aufsichtsräten sei.
Dem widerspricht Brandenburgs Rechnungshof, der dafür sogar extra die Berliner Rechtslage untersucht hat. Das Ergebnis der Juristen aus der Potsdamer Finanzkontrollbehörde ist so, dass auch nach der Gesetzeslage in Berlin Mitglieder des Senates nur in Ausnahmefällen in Aufsichtsräten sein sollten. „Ihre politische Verantwortung für den BER sollten Spitzenpolitiker nach den Feststellungen des Landesrechnungshofes Brandenburg als dem obersten und einzig weisungsbefugten Gesellschaftsorgan der FBB wahrnehmen und sich dabei eines in zeitlicher und fachlicher Hinsicht optimal zusammengesetzten Aufsichtsrates bedienen.“
Der Rechnungshof hat in seiner Tiefenprüfung, der aufwendigsten in der BER-Geschichte, Versäumnisse des Aufsichtsrates maßgeblich für das BER-Desaster um mehrere geplatzte Termine und Kostensteigerungen um Milliarden mit verantwortlich gemacht. Aktuell steht die für 2017 geplante Eröffnung weiter permanent auf der Kippe.
Bei der Aufsichtsratssitzung am kommenden Montag werden auch die neuen Verzögerungen – Bauanträge werden später eingereicht – erstmals Thema sein. Nach Tagesspiegel-Recherchen wird die letzte Baugenehmigung – ursprünglich einmal für Oktober 2015 geplant, dann für spätestens April – nun nicht vor Ende Mai 2016 vorliegen. Der erst im Dezember 2015 beschlossene neue Terminplan, der eine bauliche Fertigstellung für den Juli 2016 vorsah, ist damit schon wieder Makulatur.
Allerdings hoffen Flughafenchef Karsten Mühlenfeld und der Aufsichtsrat nun, den Bau bis Herbst 2016 fertigzustellen und 2017 so noch zu halten. Die Entscheidung, ob es bei dem Eröffnungstermin bleibt oder der BER-Start womöglich auf 2018 verschoben wird, soll voraussichtlich auf der Aufsichtsratssitzung im April fallen. Im Aufsichtsrat heißt es, dann komme es zum "Showdown."
Tagesspiegel-Autor Thorsten Metzner hat den BER-Bericht gescannt und mit Kommentaren versehen. Hier geht's zum Download.
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