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Gestrandet in Berlin. Der Entwurf von Holzer Kobler stapelt die Container hier und da auch versetzt oder gedreht.
© Promo, Holzer Kobler

Containerdorf in Berlin: Living in a box

Studtentenwohnungen sind knapp. Das Studentendorf „Eba 51“ verspricht Wohnfläche und cooles Container-Ambiente. Ab dem 20. Juli kann man sich registrieren, zum Wintersemester sollen die ersten Bewohner einziehen.

Einst wurden darin Bananen, Kaffee, Stoffe oder ganze Autos über die Weltmeere transportiert. Demnächst gehen sie in Berlin von Bord – und beherbergen angehende Akademiker: In Treptow im Ortsteil Plänterwald baut die Presto 46. Vermögensverwaltung GmbH ein Studentendorf aus Seecontainern. Derzeit werden auf dem 11 000 Quadratmeter großen Grundstück an der Eichbuschallee alte Bürobaracken abgerissen. Zum Wintersemester sollen die ersten der insgesamt 311 Container stehen. „20, vielleicht 40 werden wir bis dahin schaffen“, sagt Jörg Duske, Presto-Geschäftsführer, Initiator und alleiniger Investor des Projekts „Eba 51“. Am 20. Juli können Interessenten auf dem Gelände einen Demo-Container besichtigen – und sich ab diesem Tag auch registrieren lassen.

Inspiriert von Amsterdam

Die Idee für das ungewöhnliche Bauprojekt kam Duske durch einen Fernsehbericht über das Amsterdamer Studentendorf Keetwonen, das mit 1000 Wohnungen als größte erschlossene Containerstadt der Welt gilt. Seine Begeisterung war geweckt, er flog nach Holland, um es zu besichtigen. „Die Idee gefiel mir, aber architektonisch könnte man das viel besser machen, dachte ich damals.“ Zurück in Berlin suchte er nach einem geeigneten Grundstück. „Die Innenstadt war zu teuer, aber zu weit draußen sollte es auch nicht sein.“ Das Areal an der Eichbuschallee ist ein Kompromiss: Nicht gerade zentral, aber mit Bus- und S-Bahn-Anschluss. „Adlershof und die Hochschule für Technik und Wirtschaft sind quasi um die Ecke“, wirbt Duske.

13 Millionen Euro Baukosten hat er veranschlagt. Die Container kauft er bei Händlern in Hamburg, „gebrauchte für rund 2000 Euro das Stück, neue für 4000 Euro.“ Für die Gestaltung des Komplexes schrieb Duske einen Architekturwettbewerb aus, an dem sich 100 Büros beteiligten. „Es waren viele tolle Ideen dabei, aber wir mussten die Bauordnung im Blick haben. Das Grundstück liegt im Innenbereich; die Bebauung muss sich in die Umgebung einfügen.“ Das hieß unter anderem: maximal vier Geschosse.

Der Bau soll im April 2014 abgeschlossen sein

Das Rennen machte schließlich der Entwurf „Frankie & Johnny“ des Schweizer Büros Holzer Kobler Architekturen, der die Container zu drei langgestreckten Baukörpern stapelt. Im Westen des Grundstücks soll ein Freizeitbereich mit Grillplätzen entstehen, im Osten Raum für Urban Gardening. Die Zone zwischen den Gebäuden dient als Begegnungsstätte und „gemeinschaftlicher Balkon“. Außerdem sind ein Café mit Waschsalon, Eventräume und eine Fahrradwerkstatt geplant. All das wird man bei planmäßigem Bauverlauf im April 2014 besichtigen können. Die Bewohner der ersten Stunde sollen wichtiges Feedback liefern. „Das Ganze ist ein Experiment, und wir möchten ihre Erfahrungen berücksichtigen, wenn wir weiterbauen“, wünscht sich der Investor.

„Low Price ist das nicht“

Das Infiniski Manifesto House in Curacaví (Chile) von James & Mau aus dem Buch „Container Atlas“.
Das Infiniski Manifesto House in Curacaví (Chile) von James & Mau aus dem Buch „Container Atlas“.
© Bilder: Promo, Gestalten Verlag

Jeder Container ist mit vorgefertigten Einbaumodulen für Küche, Duschbad, Bett und Schränke versehen – übrig bleiben 28 langgestreckte Quadratmeter Wohnfläche. „Beide Stirnseiten werden komplett verglast, so dass das Tageslicht weit in den Raum hineinfällt“, sagt Phil Petersen, Geschäftsführer des Berliner Büros von Holzer Kobler. Zum Teil sollen zwei oder drei Container zu größeren Apartments zusammengelegt werden.

Und wie lebt es sich so in einer Metallschachtel mit den Maßen zwölf mal 2,5 mal 2,5 Meter? Gut, verspricht jedenfalls Architekt Petersen. „Das Ganze ist ein Box-in-Box-System. Bauphysikalisch unterscheiden sich die Apartments nicht von normalen Wohnungen. Selbstverständlich werden Dämmung, Isolierung und Schallschutz eingebaut.“ Möbel können mitgebracht oder gemietet werden. „Wir sind mit renommierten Herstellern wie etwa Flötotto im Gespräch“, sagt Jörg Duske. Von Pappmöbeln, wie ursprünglich angedacht, sei man wieder abgekommen. „Wir möchten den Bewohnern Hochwertiges bieten.“

Pionierarbeit Containerdorf

Das spiegelt sich auch in den Mieten wider: Die einst kalkulierten 220 Euro für eine „Single-Unit“ sind vom Tisch. 349 Euro werden Studenten voraussichtlich für 28 Quadratmeter mit Balkon zahlen, mit Inventar sind es 389 Euro. „Low Price ist das nicht“, gibt Duske zu, „aber da ist alles inbegriffen – vom High Speed Internet bis zur Müllabfuhr.“

Und: Zumindest hierzulande können sich die Bewohner als Pioniere fühlen. Denn während zum Beispiel in Holland bereits mehrere Studentendörfer aus Frachtcontainern stehen, ist das Berliner Projekt laut Duske das erste seiner Art in Deutschland. Zwar gab es in Uni-Städten wie Bamberg, Münster oder Tübingen angesichts der studentischen Wohnungsnot bereits einige Anläufe, Container-Dörfer zu erreichen. Doch die Vorhaben verliefen im Sand.

Mal sprang der Investor ab, wie in Tübingen. Mal hatte die Kommune – wie in Münster – doch andere Pläne für das Areal, einen Kanal, auf dem Container auf schwimmenden Pontons errichtet werden sollten. In Bamberg schließlich wurde die als Übergangslösung geplante Siedlung letztlich zu teuer. „Wir hatten das Grundstück nur für acht Jahre gepachtet, die hohen Erschließungskosten standen dazu in keinem Verhältnis“, sagt Michael Ulrich, Geschäftsführer des für Bamberg zuständigen Studentenwerks Würzburg, das den Bau geplant hatte.

Gekommen um zu bleiben

Eine Lösung auf Zeit soll das „Eba 51“ aber nicht sein, betont Jörg Duske, der derzeit einen Betreiber für den Komplex sucht. Vielmehr gehe es um „cooles Wohnen in einem Kunstwerk“. Dass aus den rostigen Metallboxen in der Tat wahre Luxusquader entstehen können, zeigt der Bildband „Container Atlas“, der die ganze Bandbreite moderner Container-Architektur abbildet: von Wohnhäusern über Cafés, Geschäfte und Galerien bis hin zu Bürokomplexen. Für Duske war das Buch eine Inspiration – und Antrieb, in Berlin Vergleichbares entstehen zu lassen.

Die Internetsseite des „Studentendorfs Plänterwald“ steht unter www.eba51.de; eine Registrierung ist ab 20. Juli möglich. An diesem Tag kann man von 14 bis 20 Uhr in der Eichbuschallee 51, 12347 Berlin auch einen Demo-Container besichtigen.

Buchtipp: H. Slawik, J. Bergmann, M. Buchmeier, S. Tinney (Hrsg.): Container Atlas. Handbuch der Container Architektur. Gestalten Verlag, Berlin 2013; (2. Auflage), Hardcover, 256 Seiten, 49,90 Euro

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